Konraditag 1553 – Mit Vortrag Film und Diorama an Zerstörung Kulmbachs erinnert

„Wir leben in besseren Zeiten“

Kalt und windig war am Montagabend der Weg hinauf zum Kulmbacher Wahrzeichen, wo die Bayerische Schlösserverwaltung, die Freunde der Plassenburg und die Stiftung Landschaftsmuseum Obermain und Deutsches Zinnfigurenmuseum die Gäste in der sanft erleuchteten Schlosskirche empfingen. Etwas bequemer hatten es die, die den von den Freunden der Plassenburg eigens für den Abend gecharterten Plassenburg-Express zur Auffahrt nutzten. Zum Gedenken an die Eroberung Kulmbachs am 26. November 1553, dem Konraditag, hatten Verein, Schlösserverwaltung und Museumsstiftung zusammen mit dem Dekanat Kulmbach aufgerufen. Vor 465 war Kulmbach im Rahmen des Zweiten Markgrafenkrieges, den Markgraf Albrecht Alcibiades gegen Bamberg, Nürnberg, Böhmen, Sachsen, Würzburg, Braunschweig-Wolfenbüttel, Mainz, Trier, Worms und Speyer führte, von der Übermacht der Gegner sturmreif geschossen und zerstört worden. Der Vereinsvorsitzende Peter Weith erläuterte die Beweggründe der Freunde der Plassenburg, eine solche Gedenkveranstaltung jährlich abzuhalten: „Wir wollen am Konraditag genannten 26. November keinen hippen Event durchführen, kein reißerisches Bild vom Krieg im 16. Jahrhundert zeigen und keine Unterhaltung bieten, sondern an Ursachen, das Leid der Menschen und an gemachte Fehler erinnern“.

Tod, Kälte, Krieg, Trauer und Zerstörung sind eigentlich keine Themen, mit denen man Massen anlockt. Doch Dekan Thomas Kretschmar von der Kirchengemeinde St. Petri zeigte sich überrascht, dass weit mehr Besucher gekommen waren, als bei den vorangegangenen Veranstaltungen zum Volkstrauertag oder zum Tag der Deutschen Einheit. In einer würdigen Andacht sprach Kretschmar davon, dass Geschichte kein Selbstzweck sei, sondern uns mahnen und warnen soll. Aus ihr gelte es zu lernen. Man solle sich glücklich schätzen, seit sieben Jahrzehnten Frieden in Deutschland zu haben, das sei nicht selbstverständlich: “ Wir leben in besseren Zeiten. Aber wir benötigen die Erinnerung an Katastrophen und Kriege nicht nur für unser Hirn, sondern für unser Herz. Wir müssen uns von Herzen für den Frieden einsetzen“. Die Andacht in der Kirche schloss mit dem gemeinsamen Vaterunser.

Kastellan Harald Stark hieß für die Bayerische Schlösserverwaltung die Gäste herzlich in der abendlichen Plassenburg willkommen, die ausnahmsweise für dieses Gedenken geöffnet wurde. In seinem historischen Einführungsvortrag zeigte er die fehlerhafte Politik des Markgrafen Albrecht Alcibiades auf, die zu der für Kulmbach so folgenreichen Katastrophe führte. Zunächst als erfolgreicher Reiterkommandeur für Kaiser Karl V. tätig, führte ihn sein alkoholorientierter Lebensstil auf die schiefe Bahn. Während der Kaiser 1547 bei Mühlberg einen glänzenden Sieg über die Protestanten feierte, saß Albrecht in Gotha im Kerker, nachdem er zuvor in Rochlitz während eines Gelages gefangen genommen werden konnte. Der Kaiser verweigerte in der Folge zuvor ausgemachte Zahlungen und die finanzielle Lage wurde immer bedrohlicher. Mit kriegerischen Mitteln versuchte Albrecht zunächst ab 1552 sowohl sein Herrschaftsgebiet als auch seine Einnahmen zu vergrößern. Stark führte dazu aus: „Der Kulmbacher zwang mit militärischen Drohungen Nürnberg, Bamberg, Würzburg, Mainz und viele andere Reichsstände zu Zahlungen, teilweise zu Gebietsabtretungen. Diesem Treiben wollte der Kaiser ebenso wenig wie die meisten anderen Reichsfürsten auf Dauer zusehen.“ Es kam zum Konflikt, alle Gegner verbündeten sich, an ihre Seite traten Moritz von Sachsen, König Ferdinand von Böhmen, der Bruder des Kaisers und als Feldhauptmann Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel. Der Übermacht waren die Truppen des Markgrafen nicht gewachsen. Einen der wichtigsten Rückschläge musste er mit der Zerstörung Kulmbachs im November 1553 einstecken, bevor er im Sommer 1554 endgültig aufgab und an den Hof seiner Schwester nach Pforzheim floh. Ein 1995 vom Studio Baumann aus Kulmbach gedrehter Kurzfilm, der dramatisch und dynamisch die an sich starren Zinnfiguren des Dioramas in Szene setzt, brachte den Gästen die Ereignisse aus der Sicht eines Kulmbacher Handwerksgesellen anschaulich dar. Da fröstelte es den einen oder anderen nicht nur wegen der Novembertemperaturen.

In der Folge wurden die Besucher vom Museumsbeauftragten Jürgen Treppner ins Zinnfigurenmuseum geführt wo er ihnen sachkundig das größte Zinnfigurendiorama der Welt präsentierte, das eben jenen Konraditag des Jahres 1553 zum Thema hat. „Mit 19.385 Zinnfiguren ist die Schlacht um Kulmbach am 26. November 1553 dargestellt, damit hat es das 14 Quadratmeter große Diorama ins Guinness Buch der Rekorde geschafft“, so Treppner. Eine kräftige Spende des Kulmbacher Rotary-Clubs habe 1995 den Ausbau eines älteren Dioramas zu diesem Riesenschaubild ermöglicht. Detailliert sind Kanonenstellungen, die aufmarschierten Truppen der Feinde, jeweils kenntlich gemacht an ihren Fahnen und Farben und die unter der schwarzweißen Fahne des Hauses Hohenzollern kämpfenden Verteidiger dargestellt. „Weil nicht genügend passende Zinnfiguren zur Verfügung standen, sind im Hintergrund auf ein paar Römer und Griechen eingebaut worden“, verriet Treppner.

Im Anschluss waren Gäste wie Freunde der Plassenburg angesichts von wärmendem Tee, Punsch und Glühwein im Café im Schönen Hof sichtlich froh, in diesen besseren Zeiten zu leben.