HWK Oberfranken führt erstmals CAD- Individualschulung für eine Gehörlose durch
„Was nicht passt wird passend gemacht“
Das war selbst für die Handwerkskammer absolutes Neuland: die Handwerkskammer hat für eine Gehörlose aus Lichtenfels erfolgreich eine Individualschulung im Bereich CAD- Technik durchgeführt. Die Anfrage an die HWK kam von Claudia Schiller vom Integrationsfachdienst vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Bayreuth. Sie wollte für die gehörlose Regina Fiedler aus Lichtenfels eine Fortbildungsmaßnahme arrangieren. Die 33-jährige Regina Fiedler hat einen Berufsabschluss als technische Zeichnerin, gearbeitet hatte sie im Bereich Gebäudetechnik. Ihr künftiger Arbeitgeber fertigt allerdings im Maschinenbau, dazu bedurfte es weiterer Qualifikationen.
Bei der HWK rannte Claudia Schiller mit ihrer Anfrage nach einer speziellen Einzelfortbildung offene Türen ein. Ein Fortbildungskonzept dafür hatte die HWK bislang nicht. Also wurde ein runder Tisch gebildet mit den Dozenten, dem künftigen Arbeitgeber, dem Integrationsfachdienst und Frau Fiedler selbst. Sehr schnell wurden dann Umfang und Umfeld der geplanten Fortbildung in zusammengestellt. „Wir richten uns auf die Anfragen ein und nicht umgekehrt“, so Fachbereichsleiter Werner Herold.
Da Regina Fiedler an den Zug gebunden war, wurde die Maßnahme kurzerhand in das Fortbildungszentrum der Handwerkskammer nach Kronach verlegt. Hier bekam die 34-jährige erst einmal einen Crashkurs über die grundlegenden Kenntnisse der Metalltechnik in Theorie und Praxis. In 37 Unterrichtsstunden vermittelte Ausbildungsmeister Karl Heinz Schmidt mithilfe einer Gebärdensprachdolmetscherin unter anderem Unterrichtsinhalte „Drehen- Fräsen- Bohren“, „Funktion von Maschinenelementen“ und „Werkstoffkunde“. Anschließend folgten 74 Unterrichtseinheiten zur Systematik moderner Konstruktionsprogramme durch Wieland Schwabe, CAD Dozent bei der Handwerkskammer für Oberfranken. „Zuerst war ich sehr skeptisch. Aber nach wenigen Tagen habe ich gemerkt: das klappt hervorragend“, so das Fazit von Wieland Schwabe. Zuerst war noch die Dolmetscherin mit vor Ort, aber schon nach 2 Tagen konnten sich Dozent und „Schülerin“ gut miteinander verständigen. „Sie konnte ja ein wenig sprechen, man musste sich eben nur sehr konzentrieren und mitkombinieren können, dann hat sich das wirklich schnell eingespielt. Insgesamt war es ein sehr angenehmes Arbeiten. Frau Fiedler war sehr ehrgeizig und hat sehr gut mitgearbeitet. Außerdem habe ich auch viel dazugelernt, mehr auf Körpersprache und Mimik zu achten“, so Schwabe. Der CAD Fachmann ging sogar noch einen Schritt weiter, informierte sich intensiv über die Unterschiede zwischen verbaler und non verbaler Kommunikation im Internet und lernte sogar einige Komponenten der Gebärdensprache.
Für die Zukunft, da sind sich Werner Herold und Wieland Schwabe einig, könne man sich gut vorstellen, weitere solcher Kurse abzuhalten. Getreu dem Motto der Imagekampagne „Was nicht passt, wird passend gemacht“ sei man fast immer in der Lage, Lehrgangskonzepte auch auf besondere oder außergewöhnliche Situationen anzupassen. Die Zukunft von Regina Fiedler scheint übrigens gesichert. Für sie wird derzeit ein Arbeitsplatz eingerichtet. Die Kosten für den Kurs hat die Deutsche Rentenversicherung übernommen.
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