Herdenschutzhunde in Plankenfels erfolgreich im Einsatz
Kann man in der Weidetierhaltung möglichen Angriffen sogenannter Großer Beutegreifer, wie etwa dem Wolf, wirksam begegnen? Mit dieser Thematik befassten sich 25 Teilnehmer einer Exkursion des BUND Naturschutz Bamberg zu dem anerkannt biologisch wirtschaftenden Bauernhof von Norbert Böhmer.
Auf dem Weiler Schrenkersberg hält er seit zehn Jahren etwa hundert Simmentalrinder, einer robusten Fleckviehrasse, die sich augenscheinlich auf den kleinstrukturierten, lieblichen Jurahängen sichtlich wohlfühlt. Eingeteilt in fünf kleine Einzelherden beweiden die Rinder die verschiedenen Wiesen der umliegenden Areale im Fränkischen Jura und erhalten dadurch deren naturschutzfachliche Wertigkeit. Der Biolandwirt achtet auf die Qualität seines Weiderindfleisches und züchtet aus seinem eigenen Viehbestand von 40 Mütterkühen, 2 Bullen und 60 Rindern jedes Jahr etliche Kälber, die den gesunden Fortbestand der Herden sichern sollen.
So weit so gut, könnte man meinen. Doch einige mysteriöse Vorfälle brachten den Landwirt zum Nachdenken: Im Jahre 2009 wurde ein neugeborenes Kalb totgebissen, in den Folgejahren verschwanden zudem vier weitere nächtlich auf der Weide neugeborene Kälber, obwohl ein Elektrozaun vorhanden war. Erste Vermutungen lagen nahe, dass es sich bei dem Verursacher um einen Wolf handeln könne, da es im Truppenübungsplatz von Grafenwöhr bereits Wölfe gab, die eventuell dafür infrage kämen. Eine teure, aufwändige DNA-Probe war nicht möglich, so dass man nicht mehr sicher feststellen konnte, ob der Riss tatsächlich durch einen Wolf verursacht worden war.
Im Jahr 2016 lag ein angefressenes Jungrind auf der Weide und musste getötet werden. Wieder konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ob ein Wolf das Tier attackiert hatte. Ein Schadenersatz von staatlicher Seite konnte deshalb nicht gewährt werden. Jedoch sagte das Bayerische Landesamt für Umwelt Unterstützung für die Anschaffung und den Einsatz von Herdenschutzhunden im Rahmen eines Pilotprojektes zu. Der Rinderhalter befasste sich daraufhin ausführlich mit dieser Art des Herdenschutzes, reiste unter anderem in die Schweiz und nach Spanien, wo man bereits seit Jahren gute Erfahrungen mit Herdenschutzhunden gesammelt hatte. Mittlerweile hat Norbert Böhmer sieben französische Pyrenäenberghunde erfolgreich im Einsatz. Die Verstärkung der Elektrozäune ist zwar wichtig, hätte aber alleine nicht ausgereicht, um Wölfe vor Angriffen abzuhalten. Aus Erfahrungen von Weiderinderhaltern in Brandenburg weiß man inzwischen, dass Wölfe sehr lernfähig sind und beispielsweise Zäune unterwühlen oder sogar überspringen können. Hüten jedoch Herdenschutzhunde die Nutztiere, sind diese vor Wolfsangriffen gut geschützt. Solche Hunde müssen natürlich speziell trainiert werden und sind in der Anschaffung entsprechend teuer. „Ich habe zwei Pärchen gekauft und mit deren Welpen durch tagtägliches Üben inzwischen gute Fortschritte erzielt, so dass ich sogar in der Lage war, zum Schutz taugliche Hunde an andere Weidetierhalter zu verkaufen“ erläuterte Böhmer. Auf die Frage eines Teilnehmers, ob sich denn dieser hohe Aufwand überhaupt lohne, sagte Norbert Böhmer: „Ein totes Kalb kostet mich 200 €, ein Rind 2000 €, der Stress, den die Beutegreifer erzeugen, hat für die Weidetiere erhebliche Wachstumsverzögerungen zur Folge mit weiteren finanziellen Verlusten, auch durch geringere Fleischqualität. Die Investition in die Herdenschutzhunde macht sich auf jeden Fall bezahlt.“
Da es einige Hinweise auf das Vorhandensein des Wolfes in Oberfranken gibt, fragte Christine Hertrich, Geschäftsführerin der BN-Kreisgruppe Bamberg, nach, wie sich denn der Mensch bei möglicher Begegnung mit einem Wolf verhalten solle. Der Biolandwirt meinte: „Eine direkte Begegnung ist äußerst unwahrscheinlich. Kommt es trotzdem zu einer Begegnung, sollte man ruhig stehenbleiben, den Blickkontakt mit dem Wolf durchaus halten und dann langsam rückwärts weg gehen. Auf keinen Fall panikartig wegrennen, denn dies fordert einen Angriff geradezu heraus.“ Spaziergängern und Hundehaltern empfahl Böhmer, nicht zu nah an Weidetierhaltungen heranzugehen und ihre Haustiere stets anzuleinen, sonst könne es zu Unruhe und unnötigem Stress kommen. Die Herdenschutzhunde verteidigen natürlich ihre „Schützlinge“, was ihnen ja in ihrer Aufzucht bewusst beigebracht wurde. In der nachfolgenden Gesprächsrunde in einem Gasthof beantwortete der Biolandwirt noch zahlreiche Fragen. An die vielen Naturliebhaber gewandt, hob er hervor: „Landwirtschaft und Natur gehören untrennbar zusammen. Wir leben von der Natur und sollten mit der Natur im Einklang leben. Wenn es Probleme gibt, müssen Naturschützer und Bauern unbedingt miteinander im Gespräch bleiben!“
Autor: Anton Reinhardt
Fotos: Christine Hertrich
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