Klinikum Bayreuth GmbH: Patientensicherheit bei Operationen
Neues Konzept für höchste Patientensicherheit
Mit transparenten Checklisten und standardisierten Abläufen schließt die Klinikum Bayreuth GmbH Verwechslungen bei operativen Eingriffen zukünftig aus.
Der Patient wird bereits zum dritten Mal auf dem Weg zu seiner Operation nach seinem Namen gefragt und soll erklären, woran er operiert wird. Da macht sich im ersten Moment Verunsicherung breit. Wissen die Mitarbeiter im Klinikum nicht Bescheid? Oder, sind sie auf die Operation überhaupt vorbereitet?
Durchaus! Die Ärzte und Pflegekräfte wissen sehr genau Bescheid und sind bestens auf die Operationen vorbereitet! Die mehrfache Abfrage von Namen, Operationsart und anderen Parametern gehört zum neuen Konzept eines der höchsten Sicherheitsstandards, die das einzige Krankenhaus der Maximalversorgung in Oberfranken den Patienten gewährleistet. „An jeder Schnittstelle können Fehler passieren“, sagt Qualitätsmanagerin Claudia Maisel. Damit diese nicht auftreten, arbeiten die Mitarbeiter an jeder Stelle auf dem Weg in den Operationssaal eine standardisierte Checkliste ab. Und auch die Patienten nehmen die wiederholten Abfragen positiv auf. „Bei den Patienten kommen die Sicherheitsfragen gut an und inzwischen beobachten wir, dass bei den meisten Patienten schon nach der ersten Frage alle wichtigen Daten förmlich heraussprudeln“, sagt Prof. Dr. Jörg Reutershan, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, „weil sie wissen, dass es um ihre eigene Sicherheit geht.“
Bereits auf der Pflegestation beginnt das elektronisch gestützte Verfahren. Zunächst stellen die Pflegekräfte die Identität des Patienten sicher und überprüfen, ob das Patientenarmband mit allen notwendigen Daten korrekt angelegt ist. Dann arbeiten sie standardisierte Fragen ab, wie „Ist der Patient nüchtern?“, „Liegen alle notwendigen Befunde und Einverständniserklärungen vor?“, „Ist das OP-Feld korrekt markiert?“ oder „Welche Risikofaktoren gibt es?“. Jede einzelne Sicherheitsfrage ist für das Pflegepersonal Routine. Neu ist aber, dass die Checkliste für jede Schnittstelle optimiert und dank digitaler Technik für alle, die an einer Operation beteiligt sind, transparent ist. Erst wenn alle Punkte in der Checkliste abgearbeitet sind, wird der Patient in den Operationssaal gebracht: 1. Sicherheitsstufe!
An der Operationsschleuse prüft das OP-Personal nochmals die Identität des Patienten, ob das OP-Feld markiert ist, der Patienten nüchtern ist und alle Unterlagen dabei sind. Können nicht alle Fragen der Checkliste mit „Ja“ beantwortet werden, schleusen die Pflegekräfte den Patienten nicht in den OP ein: 2. Sicherheitsstufe!
Bevor der Anästhesist die Narkose einleitet, fragt er den Patienten abermals nach dem Namen und der Operationsart, prüft, ob alle Unterlagen vorliegen und das OP-Feld am Patienten angezeichnet ist. Zusätzlich checkt das Anästhesiepersonal, ob die Ausrüstung für die Narkose vollständig und funktionstüchtig ist, alle Medikamente bereitliegen und der Patient korrekt an die Überwachungsmonitore angeschlossen ist: 3. Sicherheitsstufe!
Alle diese Sicherheitschecks seien für die Mitarbeiter im Operationssaal und der Narkoseabteilung nicht neu. Allerdings ließe die frühere Dokumentation zu viel Spielraum für Interpretationen und wäre als Papierdokument nicht mehr zeitgemäß und intransparent, sagen Prof. Reutershan und Maisel. Daher riefen sie eine Arbeitsgruppe aus Ärzten und Pflegepersonal zusammen, um die Checkliste zu optimieren, Fehlerquellen auszuräumen und sie mit der Digitalisierung jederzeit transparent und nachprüfbar zu machen. „Jetzt haben wir eindeutige Formulierungen, die jedem klar sind, und können zu jeder Zeit jeden einzelnen Schritt genau nachprüfen“, so Maisel.
Team-Time-out
Das Herzstück des neuen Sicherheitskonzepts ist das sogenannte Team-Time-out. Es ist der Zeitpunkt, kurz bevor die Operation beginnt. Der Patient ist bereits in Narkose und für die Operation gelagert. Das gesamte Team konzentriert sich auf den standardisierten Sicherheitscheck. Nochmals werden die Identität des Patienten und die Dokumente geprüft. Der Narkosearzt nennt Besonderheiten, die bei der Narkoseeinleitung auftraten, und zählt bekannte Allergien und andere Risikofaktoren auf. Der Operateur nennt die Eingriffsart und den Ort, schätzt die Operationszeit ab, weist auf mögliche Risiken, beispielsweise zu erwartenden Blutverlust, hin und bestätigt die korrekte Lagerung. Das Operationspflegepersonal überprüft, ob die richtigen Instrumente vollständig vorbereitet und funktionstüchtig sind, benötigte Implantate bereitliegen und alle Instrumente und Materialien steril sind. Wenn alle Fragen geklärt sind, erfolgt die Freigabe zur Operation im Team. Und erst dann bekommt der Operateur das Skalpell gereicht: 4. Sicherheitsstufe!
Unmittelbar nach der Operation fasst das Operationsteam die Art des Eingriffes und mögliche aufgetretene Besonderheiten zusammen. Instrumente und Tupfer werden gezählt und Proben für die Laboruntersuchungen auf korrekte Kennzeichnung geprüft: 5. Sicherheitsstufe!
Bevor der Patient dann später vom Aufwachraum wieder auf seine Station verlegt wird, vergewissern sich die Pflegekräfte und Ärzte, ob er alles gut überstanden hat. Nur wenn der Patient weitestgehend schmerzfrei und der Kreislauf stabil ist, nicht über starke Übelkeit klagt, alle Schutzreflexe vorhanden sind und keine Anzeichen von Nachblutung zu erkennen sind, schließt das Personal die Checkliste im Aufwachraum ab und übergibt den Patienten wieder in die Obhut seiner Station: 6. und damit letzte Sicherheitsstufe!
Sicherheitskonzept leben, Sicherheit geben
Das neue, digitalgestützte Sicherheitskonzept der Klinikum Bayreuth GmbH führte das Projektteam zunächst als Pilotprojekt in der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie ein. Nachdem es dort im praktischen Einsatz optimiert und nach Absprachen mit den Nutzern angepasst wurde, wird es jetzt Zug um Zug auf alle operierenden Kliniken und Funktionsbereiche im Klinikum und später der Klinik Hohe Warte ausgeweitet. Prof. Reutershan und Maisel kontrollieren die Umsetzung immer wieder vor Ort, denn es ist ihnen wichtig, dass jeder Mitarbeiter die Bedeutung versteht und das Sicherheitskonzept lebt. „Es muss einfach bei allen Mitarbeitern in Fleisch und Blut übergehen, um Verwechslungen bei operativen Eingriffen auszuschließen“, sagt Prof. Reutershan.
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