Endergebnis Stunde der Wintervögel: Gefiederte Wintergäste blieben aus

Hauptursache ist geringerer Zuzug aus dem Norden

Was sich bereits zur Zwischenbilanz abgezeichnet hatte ist nun Gewissheit: Das Endergebnis der Mitmachaktion von LBV und seinem bundesweiten Partner NABU „Stunde der Wintervögel“ zeigt bei Vogelarten wie Meisen und Finken einen deutlichen Bestandsrückgang. Für den Vogelmangel sind gleich mehrere Faktoren verantwortlich. Hauptgrund ist der geringe Zuzug an nordischen Wintergästen. Der LBV freut sich in Bayern über ein erneutes Rekordergebnis. Über 27.000 Teilnehmer zählten Anfang Januar insgesamt über 640.000 Vögel und sahen im Durchschnitt nur 33 gefiederte Gäste pro Garten. Im Schnitt wurden in den bayerischen Gärten knapp 20 Prozent weniger Vögel beobachtet als im Vorjahr. Dabei war der Feldsperling der am häufigsten beobachtete Wintervogel in Bayerns Gärten. Die Kohlmeise, die in den vergangen sechs Jahren meist auf dem Spitzenplatz landete, stürzte auf den vierten Rang ab.

Auch im Winter beeinflusst der Zu- und Wegzug großer Vogelzahlen unsere heimische Vogelwelt. „So wie sich im Vorjahr besonders viele Kohlmeisen und Erlenzeisige aus Nord- und Nordosteuropa zum Überwintern unter ihre bayerischen Artgenossen mischten, blieben derartige Gäste in diesem Winter aus“, erklärt Martina Gehret, die Beauftragte für Citizen Science beim LBV. Neben Kohlmeisen und Erlenzeisigen fliegen auch Drosseln, Buch- und Bergfinken in großen Scharen aus ihren nordöstlichen Verbreitungsgebieten zwischen Skandinavien und Sibirien zu uns in den „warmen“ Süden. Die Zahl dieser nordischen Wintergäste hängt dabei maßgeblich von der dortigen Witterung und dem Nahrungsangebot ab. „In harten Wintern mit wenig Nahrungsangebot weichen mehr Vögel nach Süden aus. Ebenso beeinflusst die Verfügbarkeit von Futter den Bruterfolg im Sommer“, so Gehret weiter.

Die Abnahme deckt sich mit den Vogelzugbeobachtungen in vielen anderen europäischen Ländern. „Es gab diesen Winter extrem geringe Durchzugszahlen bei den betreffenden Vogelarten“, weiß Martina Gehret. Der Vogelmangel trat dieses Jahr plötzlich und kurzfristig auf und schlägt auch deutlich in den Zahlen der Mitmachaktion zu Buche, denn ganz Europa ist flächendeckend vom Ausbleiben der Wintergäste betroffen ist.

Als weiterer Faktor für den Rückgang der gezählten Vögel kommt lokal auch ein geringer Bruterfolg 2016 in Frage. „Aus einigen Regionen des Freistaats wurden erhebliche Brutausfälle bei Höhlenbrütern wie Meisen gemeldet“, so Martina Gehret. Die Ursache hierfür war eine feucht-nasse Witterung während der Brutzeit im April und Mai.

Zudem warnt der LBV vor zu schnellen Schlussfolgerungen. So werden die wenig beliebten Rabenvögel immer wieder für den Rückgang der Singvögel verantwortlich gemacht. Genauso wie Eichhörnchen oder Marder erbeuten auch Rabenvögel mal ein Gelege oder Jungvögel. „Doch zahlreiche Studien aus ganz Europa belegen seit langem, dass Rabenvögel keinen nachteiligen Einfluss auf Singvogelbestände haben.“ Dazu bestätigen die Zahlen der LBV-Mitmachaktionen seit Jahren, dass Elstern, Rabenkrähen oder Eichelhäher in Gärten nicht zunehmen. „Es ist also nur eine gefühlte Zunahme,“ erklärt Gehret. „Elstern und andere Rabenvögel sind ein ganz normaler konstanter Faktor in unserer Vogelwelt. Der häufig vorschnell gezogene Schluss, dass die Singvogelbestände dort abnehmen, wo Elstern auftauchen, lässt sich nicht bestätigen.“

Endergebnis

Aufgrund des Absturzes der Kohlmeise (4.) landete der Feldsperling in den bayerischen Vogelcharts an der Spitze vor dem Haussperling (2.). „Diese Platzierungen bedeuten jedoch keinesfalls, dass der Gesamtbestand der beiden Sperlingsarten insgesamt zugenommen hat“, erklärt die Forstingenieurin. Auch die Amsel (3.) konnte sich noch vor die Kohlmeise schieben. Danach reihen sich Blaumeise (5.) und Buchfink (6.) ein. Und auch wenn der Grünfink erneut auf Rang 7 folgt, ist seine Tendenz weiterhin stark abnehmend.

Regionale Unterschiede

Die meisten Vögel bekamen mit 43 pro Garten die Teilnehmer in Niederbayern zu sehen. Über dem bayerischen Durchschnitt von 33 lagen auch noch die östlichen Regierungsbezirke Oberfranken (37) und Oberpfalz (37). Danach folgen Schwaben (34), Unterfranken (33), Mittelfranken (32) und Oberbayern (30).

In vielen Großstädten lagen die Zahlen besonders niedrig. Mit im Schnitt nur 20 Vögeln pro Garten ist München sogar die vogelfeindlichste Stadt Deutschlands. Hier fordern Bauboom und die ungebremste Nachverdichtung ihren Tribut. Und auch in Nürnberg (25), Augsburg (26) und Bamberg (26) zeichnet sich der städtische Abwärtstrend bereits ab. Bezirks- und landkreisgenaue Ergebnisse und Auswertungen finden Sie unter www.stunde-der-wintervoegel.de