Vollversammlung der HWK: Bericht des Präsidenten Thomas Zimmer
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir leben in widersprüchlichen Zeiten. Es geht uns in Deutschland gut – eine niedrige Arbeitslosigkeit, gestiegene Reallöhne und ein ordentliches Wachstum. Aber die Geschichte hielt in jüngster Zeit auch einige Überraschungen für uns bereit – von der labilen Weltwirtschaft über die weiter schwelende Eurokrise; die Entscheidung der britischen Bevölkerung für einen Austritt aus der EU, bis hin zu den Attentaten im Sommer in München und Würzburg und vor wenigen Tagen die Wahl in den USA.
Ich glaube, dass sich viele Menschen fragen, wie unsere Zukunft aussieht und ob es uns auch weiter so gut gehen wird.
Meiner Meinung nach sind es v. a. die schnellen Veränderungen in allen Bereichen unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft. Denken Sie nur an unsere globalisierte Welt und Märkte oder an die Welt der Digitalisierung und der sozialen Netzwerke im Internet. Viele dieser Veränderungen sind abstrakt und nicht richtig greifbar.
Und auch deshalb wächst das Gefühl von Unsicherheit. Der erwähnte Brexit ist ebenso ein deutliches Signal, dass in der EU etwas nicht stimmt, wie die Uneinigkeit in der Flüchtlingsfrage. Überbürokratisierung und Überregulierung haben in der Vergangenheit die Skepsis der Bürger gegenüber Europa wachsen lassen. In einer solchen Situation gibt es schnell Rufe nach einem „starken Mann“.
Dr. Wolfgang Schäuble drückt es so: Das ist eine Gemengelage, in der die Sehnsucht nach markigen und einfachen Antworten stärker wird, eine Zeit für Demagogen. In dieser widersprüchlichen Lage muss die demokratische Politik Antworten finden und Chancen eröffnen, damit wir auch in der Zukunft friedlich zusammenleben und unseren Wohlstand dauerhaft bewahren können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
unser Land verändert sich. Das war schon immer so und das wird auch weiter geschehen; aber Ausmaß und Geschwindigkeit der Veränderungen scheinen zuzunehmen.
Wir im Handwerk haben uns schon immer den Veränderungen gestellt. Das wird uns wieder gelingen. Was wir im Handwerk dazu brauchen ist Verlässlichkeit, Vertrauen und vernünftige Rahmenbedingungen und Strukturen. Und dem Mittelstand, der das wirtschaftliche Herzstück in Deutschland und Europas ist, muss wieder verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt werden. Jetzt müssen die politischen Weichen für eine Fortsetzung der beschriebenen Entwicklung und Erfolgsgeschichte in Deutschland und Europa gestellt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
umso erfreulicher ist es, dass das Handwerk in Oberfranken Stabilität garantiert und uns mit einer sehr guten Konjunktur positiv überrascht. Die Stimmung in den Betrieben ist hervorragend.
Von Sommerpause keine Spur: Im III. Quartal 2016 legten die oberfränkischen Handwerksbetriebe nochmals merklich zu und berichten von einer hervorragenden Konjunktur. 37 % sprechen von einer befriedigenden und sogar 53 % von einer guten Geschäftslage. Die Handwerkskonjunktur bleibt in Fahrt. Vor allem niedrige Energie- und Einkaufspreise, stabile Beschäftigungsverhältnisse wie auch eine hohe Wettbewerbsfähigkeit der oberfränkischen Betriebe sind Gründe für diese Entwicklung.
Die weiterhin hohe Inlandsnachfrage – vor allem im Baubereich – schlägt sich direkt auf die Auslastung der Betriebe nieder. Die derzeit hohe Kapazitätsauslastung von durchschnittlich 80 % wurde zuletzt im Jahre 1992 erreicht.
Die vollen Auftragsbücher sorgen ebenso für einen äußerst robusten Arbeitsmarkt. 70,5 % der Inhaber haben ihre Personaldecke konstant gehalten, jeder Fünfte hat sie sogar erhöht. Über 90 % möchten auch in den nächsten drei Monaten ihre Mitarbeiter halten oder sogar Neue einstellen.
Den derzeit sehr guten konjunkturellen Rahmenbedingungen stehen allerdings auch Wachstumshemmnisse gegenüber. Denn hohe Auftragsreichweiten bedeuten im Umkehrschluss längere Wartezeiten für den Kunden. Der Bedarf an Fachkräften ist hoch, Stellen können aber häufig nicht ausreichend besetzt werden. Den Fachkräftebedarf der Zukunft zu decken, bleibt damit die größte Herausforderung der kommenden Jahre, wobei die Marktchancen für Auszubildende hervorragend sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
eingangs habe ich es bereits erwähnt. Es ist dringend erforderlich, dass die Gestaltung der Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, insbesondere den Mittelstand, wieder in den Mittelpunkt der Politik rückt. Die gute wirtschaftliche Situation in Deutschland hat zu Nachlässigkeiten geführt. Dies geht zu Lasten der Widerstandskraft unserer Wirtschaft gegenüber möglichen Turbulenzen.
Die fünf Wirtschaftsweisen bringen es mit dem Titel ihres Jahresgutachtens 2016/2017 für Deutschland auf den Punkt: „Zeit für Reformen“!
Aus ihrer Sicht hat die Bundesregierung „die gute ökonomische Entwicklung der vergangenen Jahre nicht ausreichend für Reformen genutzt“. Die Wirtschaftsweisen mahnen die Wirtschaftspolitik, sich stärker „an der Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft“ zu orientieren.
Anders als beispielsweise die Europäische Kommission oder der Internationale Währungsfonds halten die Wirtschaftsweisen es für falsch, mit zusätzlichen Staatsausgaben die Konjunktur weiter zu befördern. Die Vorgabe lautet ganz klar: keine neuen Schulden. Sie empfehlen steuerliche Anreize, um private Investitionen und Wertschöpfungen zu stimulieren. Dazu sollen die Einkommensteuer und Unternehmensbesteuerung reformiert und die kalte Progression voll abgebaut werden. Ich befürworte dies.
Das Handwerk begrüßt es ebenfalls, dass in den vergangenen Wochen die Notwendigkeit von Steuerentlastungen verstärkt thematisiert wurde. Das Statistische Bundesamt meldete einen staatlichen Finanzierungsüberschuss von 18,5 Milliarden Euro für das 1. Halbjahr 2016. Vorhandene Spielräume müssen wir in Deutschland nutzen, um Steuern zu senken, Investitionen zu erleichtern und um damit wettbewerbsfähig zu bleiben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
lange haben unsere Betriebe auf eine Einigung bei der Erbschaftsteuer warten müssen. Von dieser Reform hängt nicht mehr und nicht weniger als der Generationswechsel im Handwerk ab. Wir begrüßen den gefundenen Kompromiss bei der Erbschaftsteuerreform – ein Kompromiss, mit dem das Handwerk leben kann. Entscheidend ist, dass wir nun hoffentlich eine verfassungsfeste Regelung bekommen und die meisten Handwerksbetriebe weiterhin mit keiner bzw. nur geringer Erbschaftsteuerbelastung an die nächste Generation übertragen werden können. Besonders freut uns, dass mit der Anhebung der sog. Nichtaufgriffsgrenze von drei auf nun fünf Beschäftigte die bürokratischen Belastungen für die Ermittlung der Erbschaftsteuer nochmals leicht gesenkt wurden. Damit greift die Bundesregierung eine unserer zentralen Forderungen auf. Konkret bedeutet dies, dass für bis zu fünf Beschäftigte kein Lohnsummennachweis erforderlich ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ein Kernthema dieses Jahr war und bleibt auch zukünftig der Zustrom von Flüchtlingen und deren Integration in Deutschland. Im laufenden Jahr hat sich zwar – nicht zuletzt wegen des Abkommens mit der Türkei – die Zahl der Zuwanderer deutlich verringert. Dennoch stehen wir weiter vor der Herausforderung, die Flüchtlinge in die Gesellschaft und das Arbeitsleben zu integrieren. Eine Ausbildung im Handwerk ist hier eine große Chance für junge Geflüchtete.
Durch das Integrationsgesetz auf Bundesebene, das Anfang August 2016 in Kraft getreten ist, wurde bei der Gestaltung des rechtlichen Rahmens für die Integration von Flüchtlingen ein deutlicher Fortschritt erzielt. Für das Handwerk von besonderem Interesse ist, dass Geduldete für die Gesamtdauer der Ausbildung ein Bleiberecht bekommen und anschließend noch mindestens zwei Jahre im erlernten Beruf eingesetzt werden können. Diese Regelungen müssen so weiter bestand haben. Anderweitige Überlegungen oder Einschränkungen führen dazu, dass Betriebe bei der Integration von Flüchtlingen durch Ausbildung deutlich zurückhaltender werden, weil letztlich Bürokratie und Unsicherheit steigen. Ich sage es ganz deutlich: Betriebe, die junge Flüchtlinge ausbilden, brauchen einen verlässlichen und kalkulierbaren Rahmen.
Uns, dem ganzen Handwerk, ist es genauso wichtig, dass junge Flüchtlinge eine reguläre Ausbildung bekommen. Denn nur mit einer fundierten Ausbildung wird es gelingen, sie erfolgreich in die Arbeitswelt zu integrieren. Wir erteilen einer Schmalspurausbildung oder einer Teilqualifikation eine klare Absage. Denn das Handwerk braucht qualifizierte Fachkräfte, die ihren ganzen Beruf beherrschen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir haben ein starkes Handwerk in Oberfranken: Geschäftslage, Umsatzentwicklung, Einstellungs- und Investitionsbereitschaft der Betriebe zeigen, dass es dem Handwerk wirtschaftlich sehr gut geht.
Auf der anderen Seite bereitet mir Sorge, dass immer mehr Betriebe von Schwierigkeiten bei der Suche nach Fachkräften und Auszubildenden berichten. Diese Probleme entwickeln sich zunehmend zur Wachstumsbremse für das Handwerk und auch für die gesamte Wirtschaft.
Wir wissen alle, das Fachkräfteproblem ist keine temporäre Herausforderung und es gibt viele Ursachen, die zu dieser Entwicklung geführt haben. Demografischer Wandel, Akademisierung der Bildung, veränderte Berufsvorstellungen von Jugendlichen und ihren Eltern bewirken, dass es nicht einfacher wird, Menschen von einer Zukunft im Handwerk oder für eine andere berufliche Ausbildung zu überzeugen.
Aber gerade das Handwerk lebt von seinen Menschen: Ob Unternehmer, Gesellen oder Auszubildende.
Für ein starkes Handwerk in der Zukunft müssen wir attraktiv ausbilden und Nachwuchs gewinnen. Denn nur, wenn wir genügend Jugendliche für das Handwerk begeistern, können wir unseren Nachwuchs sichern. Eine attraktive Ausbildung bedeutet, dass wir gute Fachkräfte für das Handwerk gewinnen. Wenn wir unseren Nachwuchs und unsere Arbeitnehmer mit hoher Qualität weiterbilden, stehen uns ausreichend qualifizierte Fach- und Führungskräfte in den Betrieben zur Verfügung. Diese Führungskräfte sind auch potenzielle Nachfolger, wenn wir an das wichtige Thema Unternehmensnachfolge denken.
Uns ist sehr wohl bewusst, dass wir unsere Aktivitäten zur Gewinnung von Berufsnachwuchs an alle Jugendlichen richten müssen. Deshalb gibt es bei uns das Konzept unserer Berufsmessen. Zielgruppe sind Schüler aus Abschlussklassen aller Schulen. Dieses Konzept kam auch dieses Jahr wieder sehr gut an. Insgesamt waren in Oberfranken 4.000 Schülerinnen und Schüler, Lehrer und Eltern in unseren Bildungszentren. An 28 Stationen konnten die jungen Besucher sägen, bohren, hämmern, am Computer arbeiten, backen, schrauben und mauern und so das Handwerk live erleben und viele Handwerksberufe persönlich kennenlernen.
Mein besonderer Dank geht an dieser Stelle an die Innungen, Kreishandwerkerschaften und Betriebe, die sich aktiv an den Berufsmessen Handwerk in Bamberg, Bayreuth, Hof und Coburg beteiligt haben und sich für die Ausbildung im Handwerk engagieren!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in rund 100 Berufen traten auch dieses Jahr wieder Junghandwerkerinnen und Junghandwerker aus den einzelnen Kammerbezirken gegeneinander an und ermittelten die jeweils Besten ihres Berufs. Im Jahr 2016 haben die oberfränkischen Junghandwerker beim Leistungswettbewerb mit 12 oberfränkischen Landessiegerinnen und Landessiegern hervorragend abgeschnitten und damit sogar das beste oberfränkische Ergebnis überhaupt in der Geschichte des Leistungswettbewerbs erreicht.
Unsere 12 Landessiegerinnen und Landessieger und 2 Bundessieger haben das Motto der Imagekampagne „Die Zukunft ist unsere Baustelle“ bereits leidenschaftlich umgesetzt. Sie haben gezeigt, dass sie ihr Handwerk besonders gut verstehen. Sie sind die besten Nachwuchstalente, die das Handwerk in Oberfranken hat. Unsere Landessiegerinnen und Landessieger sind die Speerspitze des Handwerksnachwuchses 2016 in Oberfranken.
Bei den Besuchen bei unseren Landessiegern, erlebe ich ihre Leidenschaft. Auf diese jungen Handwerker dürfen wir alle stolz sein. Sie sind Vorbilder und die besten Botschafter für das Handwerk in Oberfranken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Erfolg unseres oberfränkischen Nachwuchskonzeptes und der Nachwuchskampagne des deutschen Handwerks gibt uns ja auch Recht. Bisher ist die Entwicklung am Ausbildungsmarkt für das Handwerk sehr erfreulich. Aktuell registrieren wir in Oberfranken über 2.300 neu abgeschlossene Lehrverträge im Handwerk. Das sind 2,6 % mehr als im Vorjahr. Das ist ein Ergebnis unserer gemeinsamen Anstrengung, das Image des Handwerks und damit unsere Attraktivität zu steigern.
Aber wir müssen dranbleiben: Zahlreichen Handwerksbetrieben gelingt es nicht, junge Menschen für eine Ausbildung zu gewinnen. Auch in diesem Jahr können zahlreich angebotene Lehrstellen nicht besetzt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
auch die Quote der Studierenden betrachte ich durchaus kritisch: Lag sie im Jahr 2006 noch bei knapp 35 %, so ist sie in den letzten zehn Jahren auf 58 % gestiegen. Diese massive Zunahme an Studierenden geht zu Lasten der beruflichen Bildung. Der Trend zur akademischen Bildung bedeutet für uns, dass wir nicht nachlassen dürfen, die Attraktivität einer Ausbildung im Handwerk zu verbessern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
um unser Handwerk und unsere Ausbildung noch attraktiver zu machen, arbeiten wir seit einiger Zeit an einem Konzept zusammen mit der Universität Bamberg und der Hochschule Coburg zur Kooperation im Bereich der Denkmalpflege. Wir wollen einen bayerischen Kompetenzverbund im Bereich der Denkmalpflege schaffen, in dem Universitäten, Hochschulen und das bayerische Handwerk zur Kulturgutsicherung zusammenarbeiten. Wir haben eine ganze Reihe von national und international erfolgreichen und spezialisierten Unternehmen im Bereich der Denkmalpflege mit einem großen Schwerpunkt in Bamberg, wir haben die Kompetenzzentren des Handwerks in ganz Bayern, so z.B. das Europäische Fortbildungszentrum für das Steinmetzhandwerk in Wunsiedel und wir haben einen gemeinsamen Masterstudiengang der Universität Bamberg und der Hochschule Coburg. Was alle diese Partner benötigen ist eine engere Verzahnung im Rahmen eines bundesweit einmaligen Kompetenzverbundes „Kompetenzzentrum für Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien“ in Bamberg. Was bisher aber noch als Baustein fehlt ist die Unterstützung durch die Bayerische Staatsregierung. Mit einem solchen konkreten Projekt würde es gelingen, das Ziel „Wirtschaft und Wissenschaft“ zusammenzubringen, entscheidend voranzutreiben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Wir müssen darauf achten, dass Berufsbildung nicht als Sackgasse gesehen wird. Wer sich für eine duale Ausbildung im Handwerk entscheidet, der soll zu jedem Zeitpunkt wissen, dass ihm vielfältige Karrieremöglichkeiten offen stehen.
Und wir haben diese Karrieremöglichkeiten, ich nenne hier z. B. den Kfz-Servicetechniker, den Meister oder den Betriebswirt im Handwerk, der gleichwertig ist mit dem Master an Hochschulen. Ich glaube, mit dieser Positionierung haben wir einen wichtigen Meilenstein in der Gleichwertigkeitsdebatte mit der Hochschule erreicht. Wir müssen weiter Stärke in der beruflichen Fortbildung zeigen und diese weiterentwickeln.
Denn darum geht es mir: Die berufliche Aus- und Fortbildung muss wieder zu einer echten Alternative gegenüber den akademischen Abschlüssen – Bachelor und Master – werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
um diese Herausforderungen meistern zu können, muss starke berufliche Bildung auch starke Bildungsfinanzierung bedeuten. Wir beobachten, dass die Bundesregierung ihren Fokus in den vergangenen Jahren vor allem auf die Stärkung der akademischen Bildung gelegt hat. So wurden alleine der Qualitätspakt Lehre für Hochschulen mit 2 Milliarden Euro und der Hochschulpakt mit 20,2 Milliarden Euro Fördervolumen finanziert. Diese Ungleichbehandlung von akademischer und beruflicher Bildung muss aufhören.
Ein anderes Beispiel hierzu: Während über das Studierenden-Bafög mit dem Bachelor und dem Master zwei Abschlüsse im tertiären Bildungsbereich förderfähig sind, gilt die Förderfähigkeit in der Berufsbildung über das Meister-Bafög lediglich für einen Abschluss.
Ich sage es nochmals in aller Deutlichkeit: Die Gleichwertigkeit der beruflichen und akademischen Bildung muss sich endlich auch in der finanziellen Ausstattung niederschlagen.
Gerade unsere beruflichen Bildungszentren sehen sich enormen Herausforderungen gegenüber, die nur auf einer soliden finanziellen Grundlage bewältigt werden können. Sie müssen einerseits neue Zielgruppen wie z. B. Geflüchtete oder Jugendliche mit besonderem Förderbedarf erschließen und integrieren, andererseits auch innovative Angebote zum Lernen in einer digitalen Welt bereitstellen. Dies erfordert nicht nur bauliche Investitionen, sondern auch fortlaufende Investitionen in die Ausstattung – mit neuen digitalen Technologien.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir hören es tagtäglich: Digitalisierung ist Zukunft. Ich sage: Die Digitalisierung ist längst schon Gegenwart. Die Digitalisierung durchdringt inzwischen alle Lebensbereiche und nimmt in Wirtschaft und Gesellschaft einen immer wichtigeren Raum ein.
Als Handwerk sind wir es gewohnt, Veränderungen mitzugestalten. Ich sehe die Digitalisierung als Chance: als Innovationstreiber und als Wegbereiter für neue Produkte, für neue Dienstleistungen und für neue Märkte und Kunden.
Dazu nur einige Beispiele aus der Wirklichkeit:
- Der Malerbetrieb, der eine Online-Farbberatung betreibt und dann natürlich auch die passgenauen Farbmischungen anbietet.
- Der Schreiner, der die internetgestützte Konfiguration von Möbelstücken anbietet.
- In zahlreichen Handwerksbranchen vom Werkzeugbau bis zum Orthopädietechniker bietet der 3D-Druck interessante Ansatzpunkte.
- In Brauereien bietet z. B. der Einzug von RFID-Sendern neue Möglichkeiten der Lagerverwaltung und Logistik.
- Der Dachdecker nutzt die Drohne zur Begutachtung des Daches, spart damit Zeit und dem Kunden Kosten.
- Die Achsvermessung an Fahrzeugen erfolgt immer mehr digital.
Bereits anhand dieser wenigen Beispiele sehen Sie: Im Handwerk hält die Digitalisierung in jeweils sehr unterschiedlichen Dimensionen Einzug. Bei der Geschwindigkeit, auf der das Handwerk dem Digitalisierungspfad folgt, unterscheiden wir uns nicht von den anderen Wirtschaftsbereichen: Vom besonders Wagemutigen bis zum Zögernden.
Mit unserem bundesweiten „Kompetenzzentrum Digitales Handwerk“ begleiten wir unsere Betriebe auf ihrem Digitalisierungsweg und wir wollen sie in Oberfranken für die Relevanz der Digitalisierung und für die unternehmerische Zukunft sensibilisieren.
Als bundesweites „Kompetenzzentrum Digitales Handwerk“ unterstützen wir unsere Betriebe bei der Bewältigung der Herausforderungen des Digitalen Wandels. Gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Praxis bieten wir konkret
- Seminare und Informationsveranstaltungen
- Schulungen und „Live-Demonstrationen“
- Unterstützung bei der Einführung und Nutzung von Produktions- und Automatisierungstechnologien in den Betrieben
- Informationsaustausch mit anderen Betrieben.
Unser Kompetenzzentrum fungiert dabei als Ideengeber und Werkstatt und wird ergänzt durch Leuchtturmbetriebe mit digitalen Vorzeigeprojekten bei denen andere Unternehmen die Möglichkeiten der Digitalisierung auch „live“ vor Ort erleben und erfahren können.
Auf bayerischer Ebene erhalten wir durch die Bayerische Staatsregierung bei der Bewältigung der Herausforderungen tatkräftige Unterstützung. So entstehen in Bamberg und Hof zwei „Digitale Gründerzentren“. Ziel ist es, durch die Kooperation mit Hochschule und Wirtschaft sowie Unterstützung der Kommune „digitale“ Gründer zu fördern. Aber die Infrastruktur soll auch bestehenden Unternehmen zugutekommen. Mit beiden Zentren werden wir als Kooperationspartner zusammenarbeiten und auch zielgerichtet Angebote für unsere Handwerksbetriebe entwickeln.
Darüber hinaus wurde in Bayern mit dem neuen Digitalbonus ein Förderprogramm für kleine und mittlere Unternehmen geschaffen. Die maximalen Zuschüsse für Unternehmen betragen je nach Typ des Digitalbonus 10.000 bzw. 50.000 Euro. Außerdem ist für größere Vorhaben und Investitionen eine zusätzliche Kreditvariante vorgesehen. Das neue Förderprogramm deckt ein sehr breites Förderspektrum ab: Verbesserung und Entwicklung IT-basierter Produkte, Prozesse und Dienstleistungen, Ausbau von IT-Sicherheit sowie Anpassung und Migration von IT-Anwendungen. Das Förderprogramm ist vor wenigen Tagen gestartet und noch in diesem Jahr können Betriebe erste Anträge stellen. In den kommenden Wochen werden wir im Rahmen von Informationsveranstaltungen unsere Betriebe darüber gezielt informieren und das Förderprogramm vorstellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
lassen Sie mich noch einen ganz besonderen „Ritterschlag“ verkünden, den wir Anfang November in München erhalten haben. Die „Bayerische Brautradition nach dem Reinheitsgebot“ gehört dazu, die Passionsspiele Oberammergau, die Tölzer Leonhardifahrt, die Flechthandwerkstradition oder das Wunsiedler Brunnenfest: sie alle sind immaterielles Kulturerbe in Bayern. Jetzt gehört auch die Genussregion Oberfranken mit ihren Aktionen zur Bewahrung und Förderung der traditionellen Spezialitätenvielfalt in Oberfranken dazu.
Damit ist die oberfränkische Spezialitätenvielfalt Teil bayerischer Identität. Kultusminister Spaenle hat es so ausgedrückt: „In Oberfranken gibt es eine große Fülle kulinarischer Besonderheiten, mit denen häufig sorgsam gepflegte Bräuche und ihre kreative Weiterentwicklung verbunden sind. Die kulinarische Identität ist nicht nur ein Stück Geschichte, sondern allseits gepflegte kulturelle Gegenwart und Teil der Identität der Menschen. Der Verein „Genussregion Oberfranken“ und die Handwerkskammer für Oberfranken dokumentieren dieses kulinarische Erbe übergreifend.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir leben in Deutschland seit mehr als einem halben Jahrhundert in der friedlichsten Phase unserer Geschichte. Die Welt verändert sich rasend schnell und auch das Handwerk muss sich diesen Veränderungen und den vielen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen stellen.
Wenn wir bereit sind, Veränderungen als Chance zu begreifen, Herausforderungen anzunehmen und aus Erfahrungen zu lernen, dann werden wir auch in der Zukunft in einem lebenswerten Oberfranken und einem stabilen Deutschland leben.
Nicht versäumen möchte ich, mich bei Ihnen allen für die gute Zusammenarbeit und die Unterstützung in diesem Jahr sehr herzlich zu bedanken.
Vielen Dank!
Thomas Zimmer, Präsident der Handwerkskammer Oberfranken
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