Bibelwissenschaftlerin Musa W. Dube in Bamberg

Humboldt Stiftung gewährt afrikanischer Bibelwissenschaftlerin einen Friedrich Wilhelm Bessel-Forschungspreis

In seiner Herbstsitzung 2010 hat das Auswahlgremium der Alexander von Humboldt Stiftung der afrikanischen Exegetin Prof. Dr. Musa W. Dube einen Friedrich Wilhelm Bessel Research Award zuerkannt. Der Preis ist mit 45.000 Euro dotiert und mit einem längeren Forschungsaufenthalt in Deutschland verbunden. Frau Dube, die von ihrer hohen Auszeichnung bei einem Forschungsaufenthalt in New York erfuhr, hat den Preis mit großer Freude angenommen und wird ihren Forschungsaufenthalt 2011 am Lehrstuhl für Neutestamentliche Wissenschaften der Universität Bamberg verbringen. Der Lehrstuhlinhaber, Prof. Dr. Joachim Kügler, hat sich in den letzten Jahren mit seinem internationalen Team auf afrikanische Bibelauslegung spezialisiert und die Kollegin aus Botswana für den Forschungspreis nominiert.

Die gebürtige Simbabwerin Professor Musa W. Dube lehrt heute an der Botswana University in Gaborone (Botsuana). Sie ist die renommierteste Bibelwissenschaftlerin Afrikas, weil sie mit ihren Arbeiten die Bibelwissenschaft in mehrfacher Hinsicht revolutioniert hat. Ihr ist es gelungen, Gender-Orientierung und Postkoloniale Literaturtheorie so für die Bibelwissenschaft fruchtbar zu machen, dass sie originär afrikanische Traditionen als kulturellen Kontext aktiviert. Auf diese Weise kann sie einen (tendenziell chauvinistischen) Afrikanismus ebenso vermeiden wie eine Rekolonialisierung afrikanischer Diskurse durch westliche Denkmuster. In ihren zahlreichen Veröffentlichungen gelang es ihr, auf der Basis afrikanischer Wissensformen die Kritik an der Unterdrückung von Frauen mit der Postkolonialismus-Debatte zu verbinden und auf dieser Basis eine neue Form Kontextueller Bibelwissenschaft zu entwickeln. In einem weiteren Schritt konnte sie die bedrängende Problematik von HIV/AIDS als hermeneutische Perspektive in die Bibellektüre integrieren und mit der Gender- und Postkolonialismus-Thematik verbinden. Sie konstituiert damit Bibelwissenschaft als nicht mehr nur historisches, sondern zugleich gegenwartsbezogenes Projekt transkultureller Humanisierung in ganz spezifischen sozio-kulturellen Kontexten Afrikas. Die internationale, über Afrika hinausreichende Bedeutung ihrer wissenschaftlichen Leistungen ist inzwischen weithin anerkannt und durch zahlreiche Preise und Einladungen (nach USA, Europa und Asien) dokumentiert.

Bei ihrem Gastaufenthalt in Bamberg wird Frau Professor Dube ihr aktuelles Projekt einer Kritik des „Superstitious Reading“ weitertreiben. Das internationale Team des Lehrstuhls für Neutestamentliche Wissenschaften freut sich auf die afrikanische Kollegin und erwartet sich von ihr wichtige Impulse für seine Forschungsarbeit. Die Bamberger Bibelwissenschaftler können ihrerseits der Geehrten mit ihrer Online-Buchreihe „Bible in Africa Studies“ (BiAS, University of Bamberg Press) ein Forum für rasche, international zugängliche Publikation bieten. Geplant sind Workshops für Graduierte und KollegInnen, damit Kollegin Dube ihr Wissen (vor allem im Bereich der biblical gender studies und der postcolonial studies) weitergeben kann und gleichzeitig ein anregendes Umfeld findet, ihr Projekt voranzutreiben. Der deutsche Gastgeber, Prof. Dr. Joachim Kügler, erwartet sich von der Preisverleihung und dem damit verbundenen Deutschlandaufenthalt zugleich „die einmalige Chance, gemeinsam ein neues Projekt anzugehen, nämlich eine umfassende wissenschaftliche Hermeneutik Kontextueller Bibelwissenschaft zu entwickeln.“