Weltweit seltenste Baumart in Franken
Der Landschaftspflegeverband Forchheim startet UrEinwohner-Projekt zum Erhalt der Hohenesters oder Leutenbacher Mehlbeere
„Von Weitem ähnelt sie ja ein bischen einer Eiche“, stellt Claus Schwarzmann, Vorsitzender des Landschaftspflegeverbandes Forchheim bei der Begrüßung der Teilnehmer, die zur offiziellen Eröffnung des Projektes im Seebachtal bei Leutenbach gekommen waren, fest. Bei näherem Hinsehen bemerkt man jedoch, dass die Pflanze mit einer Eiche nicht viel gemein hat. Sie gehört zur Gattung der Mehlbeeren und ist eng verwandt etwa mit der Vogelbeere.
Auch Landrat Reinhardt Glauber ist mit von der Partie und erklärt stolz, dass der Landkreis Forchheim ein Schwerpunktgebiet für sogenannte Endemiten in Deutschland darstellt. Endemiten sind Tiere oder Pflanzen, die weltweit nur in einem sehr begrenzten Areal vorkommen, etwa auf kleinen Inseln oder hohen Berggipfeln, die von anderen isoliert sind.
Aber um endemische Pflanzen zu finden, muss man nicht in die Südsee oder nach Nepal. Auch in Franken kann man als Kenner eine Reihe endemischer Pflanzen entdecken, zu denen etwa die Fränkische und eben auch die Hohenesters Mehlbeere gehören. Auf einigen Felskuppen waren die Bäume isoliert wie auf einer Insel und konnten sich so über viele tausend Jahre langsam zu eigenen Arten entwickeln.
„Woher hat sie eigentlich ihren Namen?“ fragt ein anwesender Pressevertreter in die Runde der versammelten Experten. Dazu weiß Prof. Werner Nezadal von der Uni Erlangen-Nürnberg einiges zu berichten: „Dr. Hohenester war Professor für Geobotanik in Erlangen und einer der führenden Pflanzensoziologen in Süddeutschland. Er hat viel für die Geobotanik in der Region erreicht. Ihm zu Ehren wurde die neuentdeckte Art mit seinem Namen versehen“, erklärt Nezadal, der Nachfolger von Hohenester und inzwischen selbst Emeritus.
Über den besonderen Namen freut sich insbesondere auch Inge Hohenester, die Witwe des 1999 verstorbenen Professors: „Ich bin sehr stolz, dass meinem Mann auf diese Weise ein Denkmal gesetzt wurde“.
Die Mehlbeere, wissenschaftlich Sorbus hohenesteri getauft, die auch Leutenbacher Mehlbeere genannt wird, gehört zu den seltensten Baumarten überhaupt. Nur noch sieben mehr oder weniger kümmernde Exemplare und ein paar Schösslinge stehen an den „Felsklippen“ im Seebachtal.
„Es ist allerhöchste Zeit, dass wir uns der Baumart annehmen“, erläutert Claus Schwarzmann. „Der Landschaftspflegeverband, das Landratsamt, die Regierung, der Naturpark und die Evangelische Kirche haben über kleinere Freilegungen zwar schon mehrfach versucht, die seltene Baumart zu fördern, doch bisher hat noch nichts so richtig angeschlagen. Wir wollen nun über eine Erhaltungszucht versuchen, das Aussterben dieses fränkischen Endemiten zu verhindern, so Schwarzmann weiter.
Der Landschaftspflegeverband Forchheim hat vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit und dem Deutschen Verband für Landschaftspflege den Zuschlag für ein Projekt „Bayerns Ureinwohner“ bekommen. Unter dem Titel „Einen Urfranken am Fels sichern“ wird der Landschaftspflegeverband Maßnahmen starten, um die Hohenesters Mehlbeere und andere Mehlbeerenarten vor dem Aussterben zu bewahren.
Im Projekt ist neben der genauen Erfassung der Mehlbeeren-Standorte eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit mit Schautafeln, Exkursionen und einer Broschüre geplant. Schwerpunkt ist aber der Aufbau einer Erhaltungszucht mittels verschiedener Methoden, wie der Vermehrung über Grünstecklinge, die als Reiser im Sommer gewonnen werden, sowie einer sogenannten Meristemvermehrung. Bei letzterer wird versucht, aus einer Gewebekultur vollständige Pflanzen zu entwickeln.
Die Erhaltungszuchten werden in Zusammenarbeit mit der Obstbauversuchsanlage des Landratsamtes Forchheim, dem Botanischen Garten Erlangen und der Regierung von Oberfranken u.a. durchgeführt.
Das Projekt wird gefördert über staatliche Mittel des Freistaates Bayern.
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