Universität Bayreuth: Die dreidimensionale Erfassung der Welt
3D-Sensorik als Technologie der Zukunft
Mit ihren Kompetenzen im Bereich der graphischen Datenverarbeitung ist die Universität Bayreuth Partner im neuen Bayerischen Forschungsverbund „For3D“.
Die rasanten Fortschritte der ‚digitalen Revolution‘ haben dazu geführt, dass Computer heute in der Lage sind, ihre Umwelt mit hoher Präzision dreidimensional zu erfassen. Dies geschieht mit 3D-Sensoren, die den jeweiligen technischen Anwendungszwecken angepasst sind – angefangen von kleinen Sensoren für Smartphones und Spielekonsolen bis hin zu großen Luftbildsystemen, welche die Strukturen von Gebäuden oder Landschaften erkennen können. Doch obgleich Computer auf diese Weise dreidimensional ‚sehen‘ können, ist ein wesentliches Problem bisher ungelöst. Die Sensoren erzeugen riesige Datenmengen, die schnell und umfassend verarbeitet werden müssen, damit auch der Mensch deutlich vor Augen hat, was der Computer ‚sieht‘. Dieser Herausforderung widmet sich der neue Bayerische Forschungsverbund „For3D“, der von der Bayerischen Forschungsstiftung mit insgesamt 1,93 Mio. Euro gefördert wird.
Auf dem Weg zu neuen Verfahren der Datenverarbeitung und -kompression
Einer der Forschungspartner ist Prof. Dr. Michael Guthe, der an der Universität Bayreuth den Lehrstuhl für Grafische Datenverarbeitung innehat. Er wird im Rahmen des Verbunds neue Konzepte und Verfahren entwickeln, damit die sensorische Datenerfassung mit einer schnellen und effizienten Analyse der Daten einhergeht. Diese Analyse bildet ihrerseits die Grundlage für eine Übersetzung der Daten in Bilder, wie sie dann auf dem Bildschirm, der Leinwand oder der Virtual-Reality-Brille sichtbar werden. „Wir arbeiten an einer Schnittstelle, die es möglich macht, nahezu alle gängigen Analyseverfahren zu großen Teilen auf der Grafikkarte des Computers auszuführen. Die Daten sollen direkt während der Erfassung analysiert werden. Zugleich wollen wir Methoden der Datenkompression entwickeln, die den benötigten Speicherplatz erheblich verringern helfen und insbesondere für kleine mobile Rechner von großem Interesse sind“, erklärt Prof. Guthe.
Neue Kompressionsmethoden sind vor allem deshalb erforderlich, weil dreidimensionale Strukturen von den 3D-Sensoren auf dem Weg der „Triangulation“ erfasst werden. Dies ist ein Verfahren, das vom Prinzip her schon seit mehr als hundert Jahren in der Landvermessung angewendet wird. Hierbei werden räumliche Entfernungen zwischen zwei Objekten dadurch erfasst, dass die Winkel von Dreiecken gemessen werden. Die Dreiecke werden jeweils von den beiden Objekten sowie durch einen weiteren, räumlich definierten Bezugspunkt gebildet. Diesem Verfahren entsprechend, erzeugen die 3D-Sensoren von Computern eine Vielzahl von Messpunkten, aus denen dann Oberflächen in Form sogenannter „Dreiecksnetze“ erzeugt werden. Aufgrund ihrer speziellen Strukturen sind die Dreiecksnetze sehr umfangreich und fordern viel Speicherplatz.
Mehrjährige Erfahrungen mit der Dynamik von 3D-Landschaften
An der Universität Bayreuth befasst sich Prof. Guthe mit seinen Mitarbeitern schon seit mehreren Jahren mit der Frage, wie Dreiecksnetze ohne Informationsverluste komprimiert und in möglichst kurzer Zeit im Rechner verarbeitet werden können. So hat er in einem Forschungsprojekt, das vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert wurde, gemeinsam mit einem namhaften Unternehmen der Computerspiel-Branche eine „Landschaftsengine“ entwickelt. Mit dieser Software können am Bildschirm massive virtuelle Eingriffe in das Gesicht einer Landschaft vorgenommen werden: Ganze Berge lassen sich abtragen, Seen und Buchten mit Erdreich auffüllen. Auf diese Weise macht es die neue Landschaftsengine möglich, Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Überschwemmungen am Rechner zu simulieren und deren Folgen zu berechnen. Das Know-how, das aus diesem Projekt hervorgegangen ist, wird in den neuen Forschungsverbund „For3D“ einfließen.
Wirtschaftliche Potenziale: Neue Anwendungsfelder für 3D-Sensoren
In dem neuen Verbund wird der Lehrstuhl für Graphische Datenverarbeitung mit Partnern an der Universität Erlangen-Nürnberg und der TU München, aber auch mit dem Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS sowie dem Deutschen Zentrums für Luft- und Raum-fahrt DLR kooperieren. Gemeinsam wollen diese Einrichtungen neue Anwendungen für 3D-Sensoren erschließen – beispielsweise für die Film-, Fernseh- und Computerspielbranche, für den Einsatz in Quadcoptern und Flugzeugen oder auch für die Digitalisierung von Kunstschätzen und historischen Gebäuden. „Wenn es uns mithilfe innovativer Verfahren gelingt, die von 3D-Sensoren erzeugten Datenmengen möglichst rasch visuell aufzubereiten, ergeben sich daraus auch neue spannende Geschäftsfelder in der Computer- und Softwareindustrie. 3D-Sensorik ist eine Technologie mit einem großen wirtschaftlichen Potenzial“, meint Prof. Guthe.
Daher betonte auch die Bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, als sie in der vorigen Woche in Fürth den Förderbescheid der Bayerischen Forschungsstiftung an die Projektpartner übergab: „Von dem Förderinstrument der bayerischen Forschungsstiftung profitieren zahlreiche Unternehmen, die für sich eine Technologieführerschaft beanspruchen. Das gilt besonders für kleine und mittlere Betriebe, aber auch für unsere großen bayerischen Firmen. Mit der Förderung von Verbünden erhalten Unternehmen frisches Wissen aus Forschungseinrichtungen und können es in Innovationen umsetzen.“
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