Bamberg: Podiumsdiskussion zum Thema „Sterbehilfe“
Zum Leben gehört auch das Sterben, doch ist das leider noch zu häufig ein Tabuthema. Darin waren sich die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion zum Thema „Sterbehilfe“ einig, zu der Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) und der evangelische Arbeitskreis EAK der CSU Bamberg-Stadt eingeladen hatten. Ein Aufruf zu größerer Offenheit und vor allem zu mehr zwischenmenschlicher Nähe ging von der Veranstaltung aus: „Einerseits müssen wir Schwerstkranke und Sterbende auf ihrem Weg begleiten, ihnen ein Leben in Würde bis zuletzt ermöglichen. Andererseits ist es auch wichtig, selbst frühzeitig die eigenen Wünsche offen im Familienkreis anzusprechen“, fasst Huml zusammen.
Das große Interesse zeigt, dass durchaus Gesprächsbedarf besteht. Mit 220 Gästen war der Pfarrsaal St. Heinrich bis auf den letzten Platz besetzt, was auch darin liegen dürfte, dass die Ministerin prominente Persönlichkeiten für ihr Podium gewinnen konnte: Regionalbischöfin Dr. Dorothea Greiner, Richter Peter Herdegen vom Oberlandesgericht Bamberg sowie die Chefärzte Dr. Hendrik Bachmann von der Steigerwaldklinik Burgebrach und Dr. Jörg Cuno vom Palliativzentrum Bamberg beleuchteten unter der Moderation von des EAK-Vorsitzenden Stefan Kuhn die verschiedenen Aspekte dieses sensiblen wie kontroversen Themas.
Schnell wurde klar: Schon der Begriff „Sterbehilfe“ ist problematisch, angesichts der vielen Zwischentöne. Es gibt mehr als den Giftbecher auf dem Nachttisch einerseits und künstlicher Verlängerung auf der anderen Seite.
Gesundheitsministerin Huml bekennt sich klar zur „Hilfe beim Sterben“ statt zur „Hilfe zum Sterben“. Sie will die Palliativ- und Hospizversorgung weiter ausbauen. „Hier werden Menschen beim Sterben begleitet und ihre Schmerzen behandelt, aber ihr Leben wird nicht um jeden Preis verlängert. Wenn ein schwerstkranker Mensch gehen möchte, wird sein Wunsch respektiert“, betont Huml. Die Gesundheitsministerin lobt in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Vorreiterrolle Bambergs in Sachen Hospiz- und Palliativversorgung.
„Die Angst vor dem Sterben bliebe vielen Menschen erspart, wenn sie mehr Erfahrung mit guter christlicher und medizinischer Sterbebegleitung hätten“, glaubt Regionalbischöfin Dr. Greiner und gibt auch zu bedenken: „Kein Mensch darf in die Lage kommen, sich innerlich rechtfertigen zu müssen dafür, dass er noch da ist.“
Persönliche Gespräche mit den Betroffenen und soweit möglich ihren Angehörigen zu führen, ist auch für die beiden Chefärzte von entscheidender Bedeutung. „Lassen Sie uns das Sterben wieder zum Bestandteil unseres Lebens machen, lassen Sie es uns wieder in unseren Lebensalltag integrieren – dann machen wir die beste Medizin“, appelliert Dr. Bachmann in seinem Schlusswort und Dr. Cuno ergänzt mit Blick auf die Menschen ohne direkte Angehörige: „Mein Wunsch an Sie alle ist: Gehen Sie auf Ihre älteren Nachbarn zu und fragen Sie, wie es ihnen geht oder noch besser, ob Sie helfen können.“ Auch das Gefühl der Einsamkeit kann zum Verlust des Lebenswillens führen. Körperliche Schmerzen hingegen muss dank moderner Medizin heutzutage niemand erleiden.
Wie folgenreich liberale Sterbehilfe-Regelungen sind, macht Richter Herdegen deutlich. In den Niederlanden beispielsweise hat sich die Zahl der ärztlich assistierten Suizide in den vergangenen sechs Jahren verdoppelt, auf nunmehr weit über 5.000 Fälle jährlich. „Auch der Tod hat eine Würde“, betont Herdegen und sagt klar: „Das Tötungstabu rechtfertigt keine Ausnahmen. Es darf auch keinen ‚Tod aus den Gelben Seiten‘ geben.“
Ob es doch Ausnahmen geben wird, darüber entscheidet der Bundestag. Noch in diesem Jahr will er ein Gesetz zur Sterbehilfe auf den Weg bringen. Fünf Entwürfe liegen derzeit vor, die nach der Sommerpause beraten werden sollen.
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