1.1. – 1.3.2015: Pinseltanz und Vogelbild – und Japanische Kulturplakate im Kunstmuseum Bayreuth

Parallel zu der Ausstellung „Pinseltanz und Vogelbild“ zeigt das Kunstmuseum Bayreuth vom 1.1. bis zum 1.3. 2015 eine Auswahl von japanischen Kulturplakaten aus der Sammlung des Plakatmuseums im Kunstmuseum Bayreuth.

Japanische Kulturplakate

Japanische Kulturplakate

Werbeplakate für Ausstellungen und Museen im Japan, Veranstaltungsplakate für das Kanda-Matsuri, eines der drei großen Shinto-Feste in Tokio, ein Plakat für eine Ausstellung japanischer Fotographie in Tel Aviv – auch japanische Kulturplakate wurden von Prof. Joachim Schultz für das Plakatmuseum gesammelt.

Einen exotischen Eindruck vermittelt das ungewohnte Schriftbild: Hiragana, Katakana und Kanji-Zeichen in horizontaler und vertikaler Anordnung. Die aus der lateinischen Schrift bekannte Unterscheidung von Typen mit und ohne Serifen kann auch hier mit modifizierten Kriterien vorgenommen werden. Die Nachahmung kalligraphischer Ausdrucksmittel soll Titelzeilen und Veranstaltungsinhalte betonen, das schnörkellose Schriftbild designter Computertypographie vermittelt Details wie den Veranstaltungsort, die Öffnungszeiten oder die Anreise mit dem öffentlichen Nahverkehr.

Der Kontrast zu den kalligraphischen Schriftzeichen und den Tuschemalereien aus der Ausstellung „Pinseltanz und Vogelbild“ könnte kaum stärker ausfallen. Für Photos und Plakate haben sich in Japan längst eigene Konventionen herausgebildet, die wenig mit den Traditionen des Rollbildes gemein haben. Für die Besucher ermöglicht die Ausstellung einen Einblick in den Alltag fernöstlicher Bild- und Textrezeption. (Philipp Schramm)

„Dem Aufsetzen eines mit schwarzer Tusche gefüllten, weichen oder sperrigen, nah  oder in Armweite geführten Pinsels auf eigenwillige allerfeinste oder widersetzlich  grobe Unterlagen aus unterschiedlichstem Material eignet eine solche Vielzahl von  Möglichkeiten und Resultaten, dass man vom Abenteuer der Pinselführung sprechen  muss. Geht dem Schreiben oder Malen ein selbst ‚professionell‘ zu nennender  Arbeitsgang voraus – das Reiben der Tusche bis zu der gewünschten Dichte, so muss  wegen der Gefährlichkeit des Tuns notwendig eine Konzentration auf a l l e  Elemente der ‚Beteiligung‘ folgen. Sie umfasst Körper-, Arm- und Handhaltungen,  sie aktualisiert Blickformen und kontrolliert schließlich jene relativ kurzen  Strichbewegungen, aus denen sich das fernöstliche Pinselzeichen zusammenfügt. Es  muss nicht weniger als fünf deutlich unterschiedenen Schrifttypen genügen. Dabei  entwickelt sich ein Widerspruch – um nicht von Dialektik zu sprechen – zwischen  dem Zeichen-Vorrat und der Zeichen-Führung. Seit der Entstehung der PinselKalligraphie um die Zeitenwende wirken die Grundlagen der Erfindung – Ansporn  durch die Fährten-Spuren von Wild und Vögeln, genuine Bildlichkeit der Grapheme  u. a. – als Momente weiter, die den jeweiligen Vollzug seiner ‚Individualisierung‘  annähern.“ So schreibt der emeritierte Germanistik-Professor, Literaturwissenschaftler  und passionierte Sammler ostasiatischer Malerei und Kalligraphie Walter Gebhard in  der Einführung des die Ausstellung im Kunstmuseum Bayreuth begleitenden  Kataloges.

Tuschmalerei und Kalligraphie sind verwandte Künste. Während die chinesische  Kalligraphie sich schon in den ersten Jahrhunderten nach Christus zu einer Klassik  entwickelt hatte und seitdem als die ‚erste‘ der Künste gilt, wurde die Farben  gegenüber zurückhaltende Tuschemalerei erst um 1000 in der Song-Dynastie und  unter dem Einfluss des Zen-Buddhismus zu einer führenden Kunst. Für Japan gewann  diese ihrerseits den Stellenwert einer nachzuahmenden Klassik. So hat im 14.  Jahrhundert der Ashikaga-Shogun die Sammlung chinesischer Bild veranlasst, und  nach seiner China-Reise brachte Sesshû Tôyô im 15. Jahrhundert die Ideale des  chinesischen Stils nach Japan. Dazu gehört auch die Gestaltung von nahezu leeren  Räumen, besonders aber das freie Spiel mit einem Pinsel, der nicht mehr Umrisse  zeichnet, sondern lavieren, ja spritzen darf – oder sogar von malenden Fingern ersetzt  wird. So ist manchmal in der ostasiatischen Kunst kaum auszumachen, ob eine  schwungvolle graphische Pinsellinie eher Zeichen oder eher Zeichnung darstellt.

Mit der vorsichtigen Öffnung Japans dem Westen gegenüber entstand auch ein  kultureller reger Austausch, der sich zum Beispiel auf den japanischen Holzschnitt  auswirkte, der wiederum die Impressionisten oder auch Paul Gauguin stark  beeinflussten.

Eine Auswahl von ca. 100 Einzelwerken von vielen bedeutenden Künstlern und  Schulen seit dem 15. Jahrhundert aus der Sammlung von Walter Gebhard ist im  Kunstmuseum Bayreuth zu sehen, dazu Japanische Holzschnitte aus der Dr. Helmut  und Constanze Meyer Kunststiftung.

Aufmerksam machen möchten wir auch auf das Internationale Wochenende der  Graphik am 8. und 9.11. bei freiem Eintritt und mit vielfältigem Programm und auf  das Original Gagaku Konzert am 20.12. um 19 Uhr im Kunstmuseum Bayreuth.