Offener Brief: Aufsichtsbeschwerde gegen die Stadt Bamberg

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Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Regierungspräsident!

1.
Ich erhebe Aufsichtsbeschwerde gegen die Stadt Bamberg, vertreten durch ihren Oberbürgermeister, Herrn Andreas Starke, wegen

1.a
rechtswidriger Anordnung von Radwegbenutzungspflichten auf den beiden Richtungsradwegen der Zollnerstraße im Abschnitt zwischen Ludwigstraße und Brennerstraße sowie

1.b
Nichtbeantwortung meiner die Anordnung in Fahrtrichtung Ludwigstraße betreffenden Anfragen.

2.
Des weiteren erhebe ich Aufsichtsbeschwerde gegen den Oberbürgermeister der Stadt Bamberg, Herrn Andreas Starke, wegen Nichtwahrnehmung seiner Rechtsaufsicht gegenüber der anordnenden Behörde.

Die Stadt Bamberg kann die Rechtmäßigkeit der angeordneten Radwegbenutzungspflichten auf der Zollnerstraße nicht begründen und belegen. Daher hat die Aufsichtsbehörde, haben Sie die Pflicht, die Aufhebung der Anordnungen einzufordern und ggf. selbst vorzunehmen.

Überdies sind das Verhalten der zuständigen städtischen Behörde sowie das des Oberbürgermeisters in geeigneter Form zu rügen, so daß künftig rechtskonformes Vorgehen in vergleichbaren Fällen sichergestellt wird.

Begründung:

Die Bezirksregierung Oberfranken ist gemäß der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern die für die kreisfreie Stadt Bamberg zuständige Aufsichtsbehörde. Ihr obliegt daher, die Verwaltungstätigkeit der Stadt Bamberg und ihrer untergeordneten Behörden auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überwachen und ggf. rechtskonformes Handeln zu erzwingen.

zu 1.a

Etwa Anfang Mai des Jahres 2013 ordnete die Verkehrsbehörde der Stadt Bamberg für den Straßenabschnitt der Zollner- zwischen Brenner- und Ludwigstraße (Eisenbahnunterführung) Benutzungspflicht für den bis dahin wahlfrei zu benutzenden Radweg an. Wie in der Anlage ausgeführt, widerspricht diese Anordnung eklatant sowohl fachlichen als auch rechtlichen Vorgaben.

Im Herbst 2013 erfolgte die Anordnung der Radwegbenutzungspflicht auch in der Gegenrichtung, obgleich sich die räumlichen Verhältnisse gerade in der Unterführung noch beengter darstellen.

Die Rechtswidrigkeit der Anordnungen ergibt sich aus den einschlägigen Bestimmungen der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) sowie ihrer zugehörigen Verordnungen und technischen Regelwerke und wird durch die einschlägige Rechtsprechung bestätigt. Insofern verweise ich auf die in der Anlage zitierten Quellen.

Zu ergänzen ist: Mehrspurige Fahrräder und Anhängergespanne können auf den schmalen Wegen ohnehin nicht sicher bewegt werden. Gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO (VwV-StVO) ist das Benutzen der Fahrbahn mit ihnen nicht zu beanstanden. Gleichermaßen gestattet die StVO selbst allen Radfahrern, soweit sie nicht altersbedingt den Gehweg benutzen müssen (in der Unterführung auf Grund der geringen Querschnitte kaum möglich), sich zum Linksabbiegen auf der Fahrbahn einzuordnen. Der Radweg kann im Verlauf des fraglichen Straßenabschnitts nicht sicher verlassen werden, so daß auch in diesen Fällen die Benutzungspflicht nicht greift.

Je weniger Radverkehr indes die Fahrbahn nutzt (nutzen darf), desto ungewohnter erscheint er den Kraftfahrern – das Risiko steigt. Zudem kennen viele Kraftfahrer die entsprechenden Bestimmungen nicht und fühlen sich veranlaßt, die ihrer irrigen Meinung nach unrechtmäßig auf der Fahrbahn radelnden Verkehrsteilnehmer zu maßregeln – durchaus in gefährlicher Weise. Von Ordnungs- und Justizbehörden haben die Radler in Bamberg diesbezüglich weder Hilfe noch Schutz zu erwarten.

zu 1.b

Im September 2013 – noch war die Benutzungspflicht stadtauswärts nicht angeordnet – hatte ich die Stadt Bamberg aufgefordert, mir unter Berücksichtigung der von mir dargestellten Rechtslage zu erläutern, wie sie die Anordnung stadteinwärts rechtfertigt. Einige Wochen später erinnerte ich an diese Anfrage. Eine Antwort habe ich bis heute nicht erhalten.

Artikel 115 (Petitionsrecht) der Bayerischen Verfassung regelt in Absatz 1 unmißverständlich: „Alle Bewohner Bayerns haben das Recht, sich schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Behörden … zu wenden.“ Die Gemeindeordnung ergänzt: „Jeder Gemeindeeinwohner kann sich mit Eingaben und Beschwerden an den Gemeinderat wenden.“ Abgesehen davon, daß meine Schreiben in Kopie den zuständigen Ämtern sowie etlichen Mitgliedern des Stadtrats, über mehrere Fraktionen hinweg, zugegangen waren, ist der Oberbürgermeister der korrekte Ansprechpartner sowohl für die Behörden als auch für den Stadtrat.

Was aber wäre ein in der Landesverfassung bzw. der Gemeindeordnung verankertes Recht wert, wenn Amts- und Mandatsträger, Behörden und Gremien die Eingaben kaltlächelnd ignorieren dürften?

zu 2.

Gemäß der Gemeindeordnung hat der Oberbürgermeister rechtswidrige Entscheidungen der politischen Gremien zu beanstanden und ihren Vollzug auszusetzen (Art. 59, Abs. 2). Er ist aber gleichfalls für den in Art. 56, Abs. 1, geforderten Einklang der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit mit dem Recht verantwortlich.

Die Unrechtmäßigkeit der in Rede stehenden Anordnungen ist dem Oberbürgermeister der Stadt Bamberg bekannt und bewußt. Denn die zu Grunde liegende Thematik steht bereits seit Jahren, ihn einbeziehend, in der Debatte. Somit ist davon auszugehen, daß er die unzulässigen Anordnungen befürwortet und mitträgt.

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Bönig
Martin-Ott-Straße 8