Universität Bayreuth: Plastikmüll in bayerischen Flüssen und Seen?

Symbolbild Bildung

Ein neues Forschungsprojekt soll erstmals verlässliche Daten erheben und, soweit erforderlich, Maßnahmen zum Schutz von Umwelt und Gesundheit unterstützen

In den technologisch hochentwickelten Regionen der Welt gehören Kunststoffe heute zum Lebensalltag. Damit steigt das Risiko, dass winzige Kunststoffteilchen – so genannte Mikroplastikpartikel – in die Umwelt gelangen. Eine Forschungsgruppe um Prof. Dr. Christian Laforsch an der Universität Bayreuth hat kürzlich gezeigt, dass der Uferbereich des Gardasees dadurch erheblich belastet wird. Ein neues Projekt wird nun in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt klären, inwiefern auch bayerische Flüsse und Seen mit Mikroplastik kontaminiert sind.

Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz fördert diese Forschungsarbeiten in den nächsten Jahren mit insgesamt rund 600.000 Euro. Dazu betonte der Bayerische Umweltminister Dr. Marcel Huber: „Bayern ist ein Wasserland. Unser hochwertiges Wasser verdient besonderen Schutz – für uns und die nachfolgenden Generationen. Mikroplastik-Teilchen sind kleiner als ein Reiskorn und könnten in der Umwelt Schaden anrichten. Mit dem Forschungsprojekt sollen eventuelle Risiken von Mikroplastik für Mensch und Umwelt festgestellt werden. Wenn ein Risiko besteht, entwickeln wir passende Strategien.“

Mikroplastik-Partikel sind Kunststoffteilchen, die kleiner als fünf Millimeter sind. Es ist bereits bekannt, dass sie auf unterschiedlichen Wegen in Flüsse und Seen geraten: Plastikmüll, der in freier Natur entsorgt wird, wird vom Wind in diese Gewässer getrieben, wo im Laufe der Zeit durch Abrieb oder Zerfall winzige Teilchen freigesetzt werden. Kunststofffasern aus der Kleidung können sich beim Waschen herauslösen und über das Abwasser in Kläranlagen

gelangen. Von hier aus werden sie dann in den Klärschlamm oder in fließende Gewässer transportiert. Schließlich ist Mikroplastik auch in Zahnpasta, Duschgel und anderen häufig verwendeten Kosmetika enthalten. Weil die meisten Polymere auf biologischem Weg nicht vollständig abgebaut werden können, steigt das Risiko, dass Kunststoffteilchen über mehrere hundert Jahre in empfindlichen Ökosystemen verbleiben.

Weltweit haben Forschungsarbeiten bisher nachweisen können, dass vor allem Lebensräume im Meer oder an den Stränden teilweise eine sehr hohe Kontamination mit Plastikmüll aufweisen – mit potenziell schädlichen Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt. Da die Kunststoffpartikel nicht selten giftige organische Stoffe aufnehmen und weitertransportieren, können sie, indem sie in die Nahrungskette gelangen, auch gesundheitsschädigende Wirkungen auf Menschen haben. Ist die Belastung in Flüssen und Seen möglicherweise ähnlich hoch? Erst kürzlich hat eine Forschungsgruppe um Prof. Dr. Christian Laforsch gezeigt, dass Mikroplastik im Uferbereich des Gardasees teilweise genauso dicht wie an einigen Meeresstränden verstreut ist.

Jetzt hat der Bayreuther Biologe, der an der Universität Bayreuth einen Lehrstuhl für Tierökologie leitet, eine Förderung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz für ein Forschungsprojekt erhalten, das an die bisher erzielten Forschungsergebnisse anknüpft. In Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt werden bayerische Flüsse und Seen sowie deren Sedimente in den kommenden Jahren daraufhin untersucht, in welchem Ausmaß sie mit Mikroplastik kontaminiert sind.
In diese Forschungsarbeiten sollen auch die Kläranlagen einbezogen werden, deren Belastung mit Kunststoffteilchen möglicherweise bisher unterschätzt wurde. Ein weiterer zentraler Aspekt ist die zunehmend dringliche Frage, auf welchen Wegen und in welchem Umfang Mikroplastik in die menschliche Nahrung gelangt. Denn bisher liegen zu konkreten Gesundheitsgefahren noch keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vor.

„Wir wollen den Entscheidungsträgern im Freistaat Bayern eine wissenschaftliche Grundlage für regionale und lokale Maßnahmen im Umweltschutz bereitstellen, damit – falls sich dies als nötig erweisen sollte – Risiken für labile Ökosysteme und Gesundheitsgefahren für den Menschen nachhaltig gesenkt werden können“, erklärt Prof. Laforsch. „Im Kontext

nationaler und internationaler Richtlinien können unsere Ergebnisse einen wichtigen Beitrag dazu leisten, bayerische Flüsse und Seen zu schützen; vor allem im Hinblick darauf, dass die Verwendung von Kunststoffen in Produkten des täglichen Gebrauchs voraussichtlich deutlich ansteigen wird. Denn soviel ist klar: Es handelt sich bei diesen Gewässern um sehr empfindliche Ökosysteme, die auf direkte oder indirekte Weise einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen haben.“