GAL Bamberg: Diskussion über Ware aus fairem Handel und globale Zusammenhänge
Verantwortung fängt bei uns an
„Fairer Handel – faire Kleidung“ – der Einladung der GAL zu einer Podiumsdiskussion mit diesem Titel folgten ca. 40 interessierte Menschen, alle bereit dazu, ihr Einkaufsverhalten kritisch zu überdenken und auch zu verändern. Und doch machte der Abend deutlich, wie schwierig es ist, unser rein am Geld ausgerichtetes Konsum-System zu durchbrechen. Die Diskussion zeigte aber auch, dass es funktioniert, wenn man nur will. GAL-Stadtrat Wolfgang Grader und Stadtratskandidat Tobias Rausch von den „Grünen im Wirtschaftsdialog“ hatten eine Diskussionsrunde mit vielen Aspekten organisiert und moderierten den Abend im Theater-Treff.
Derzeit werden in Deutschland pro Jahr und pro Kopf nur 5 Euro für Produkte aus fairer Herstellung ausgegeben. Eine erstaunlich geringe Zahl. Näherinnen in Bangladesh erhalten vom Ladenpreis eines T-Shirts 1% als Lohn, beim Handel verbleiben hingegen 50% des Betrags. Und dabei ist noch nicht einmal zwischen Billigprodukten und teuren Markenwaren zu unterscheiden, wie der prominenteste Diskussionsgast, MdB Uwe Kekeritz, wusste: „Die Näherinnen werden fast immer gleich schlecht bezahlt.“
Elke Klemenz, die mit „farcap“ in Fürth einen Laden für Fairtrade-Mode betreibt und sich auch verbandlich für fairen Handel einsetzt, weiß, dass es auch anders geht. Sie warnte aber vor einer verwirrenden Label-Flut. Wenn viele große Ketten neuerdings Waren aus Bio-Baumwolle anbieten, so bedeute das noch nicht, dass die Baumwollbauern angemessen bezahlt würden und dass bei der Weiterverarbeitung der Textilien Sozialstandards eingehalten würden. „Bio ist nicht automatisch fair“, so Kemenz.
Genau nachfragen muss auch Michael Lechner vom Schuhladen in der Josefstraße, um wirklich vertretbare Ware geliefert zu bekommen. Aber er betont: „In den letzten Jahren hat sich sowohl bei fairer als auch bei Öko-Mode enorm was getan. Qualität und Optik sind beachtlich, die Zeiten des Schlabberlooks sind längst vorbei.“
Gesetzgeberische Vorgaben für fairen Handel schätzte MdB Uwe Kekeritz als aussichtslos ein. Auf nationaler Ebene sei nichts mehr möglich, die EU-Staaten seien sich nicht einig, und außerdem würden Abkommen zum freien Welthandel jeglichen Einschränkungen entgegenstehen. Eine Transparenzrichtlinie der EU, die immerhin Informationen über Produktionsweisen der einzelnen Firmen ermöglicht hätte, sei vor kurzem von der Merkel-Regierung verhindert worden, bedauerte er.
Dennoch sieht der Politiker in der Marktmacht aller VerbraucherInnen das Potential, Druck auszuüben und sowohl in der Textil-Industrie, im Handel als auch in der Politik etwas zu bewegen. Und er verwies auf die Möglichkeiten der Kommunen bei den Vergaben. GAL-Stadtrat Peter Gack kritisierte hier, dass ein entsprechender Antrag der GAL zu öko-sozialen Vergaberichtlinien in Bamberg seit drei Jahren nicht behandelt und deshalb nun von der GAL-Stadtratsfraktion beim Verwaltungsgericht eingeklagt wurde. „Aber den Titel Fair-Trade-Town heftet sich der OB gerne pressewirksam ans Revers, ohne wirklich etwas substantielles dafür zu tun.“
Als Verbraucherin zeigt die 73-jährige Carola Kümmelmann Selbstbewusstsein, indem sie einfach nachfragt, was woher kommt und wie produziert wird. Aber sie räumte ein: „Wir müssen hier noch einen sehr langen Atem haben, bis sich was bewegt.“ Isabell Wais und Christina Zirkel, Schülerinnen des Eichendorf-Gymnasiums, das als Fair-Trade-Schule auf ein faires Beschaffungswesen achtet, hatten als Jugendliche einen ganz praktischen Blick auf faire Mode. „Shoppen gehen und fair einkaufen, das ist einfach nicht so leicht zu vereinbaren“, meinten sie. „Und Jugendliche wollen heute meist coole Marken tragen, dafür geben sie auch mal viel Geld aus.“ Hingegen gehe der häufig bei fairer und ökologischer Ware gepriesene Vorteil „lange Haltbarkeit“ an den Interessen von Jugendlichen, die trendy sein wollen, meist vorbei.
Über faire Labels kann man sich auf der Homepage der „Fair Wear Foundation“ informieren: http://www.fairwear.org/36/brands/
In Bamberg haben sich sechs Geschäfte zu einem kleinen Einkaufsführer zusammengeschlossen, in dem sie für ihre fairen und ökologischen Produkte werben: Serendib (Karolinenstraße), Mode zum Hut (Kleberstraße), Zeitlos (Geyerswörthstraße), Schuh-Lechner (Josephstraße), Naturwelt (Zinkenwörth), Pamina (Austraße).
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