Sonntagsgedanken: Gedanken zum Michaelstag am 29. September
Ein Mönch grübelte über die Gerechtigkeit Gottes nach: Wie konnte Gott all das Elend, das Unrecht zulassen? So machte er sich auf den Weg, diese Gerechtigkeit zu suchen. Wie er so wanderte, gesellte sich ein unbekannter Wegbegleiter zu ihm. Gemeinsam übernachteten sie in einem Schloss, dessen Besitzer sie freundlich aufnahm. Doch der Unbekannte stahl beim Abschied dem Gastgeber einen goldenen Becher. Sie zogen weiter und erreichten das Haus eines gnadenlosen Geizigen, der sie nur mürrisch einließ. Dem schenkte der Unbekannte anderntags den goldenen Becher. Auf ihrer Reise kamen sie nun zu einer ärmlichen Hütte. Die Frau des Hauses tränkte sie mit der letzten Milch, die sie fand. Kaum hatten die beiden die Hütte verlassen, fing sie Feuer und brannte ab. Nun führte sie ihr Weg ins Gebirge, wo sie eine verzweifelte Familie fanden, deren Sohn krank darnieder lag. Dem gab der Begleiter zu trinken und das Kind starb sofort. Der gutmütige Vater des Verstorbenen zeigte den Wanderern trotzdem den Weg durch die gefährliche Bergwelt. als sie auf einem schmalen Steg entlang balancierten, stieß der Unbekannte den Führer in den Abgrund.
Nun reichte es unserem Mönch und er wollte auf diesen Menschen losgehen. Doch siehe, da stand plötzlich der Erzengel Michael, der Fürst aller Engel, vor ihm und sprach: „Du suchst die Gerechtigkeit Gottes? Du hast etwas von ihr erlebt: Der goldene Becher, den ich stahl, war vergiftet. So rettete ich den Großzügigen und bestrafte den Geizigen. Im Schutt ihrer erbärmlichen Hütte werden die lieben Leute einen Schatz finden. Das Kind, das ich sterben ließ, wäre zeitlebens krank und geistesschwach geblieben. Sein Vater aber, unser angeblich so gutmütiger Führer, war ein gemeiner Räuber. So ist, was dem Menschen unfaßlich, ja höchst ungerecht erscheint, doch gerecht bei Gott.“
Ich muss zugeben, dass mich diese alte Legende nicht ganz überzeugt. Natürlich kann es so etwas geben. Aber oft begreife ich das Unrecht, das elend trotz allem nicht. Ich wäre auch vorsichtig, hinter allem einen verborgenen göttlichen Sinn zu vermuten und diesem nachspüren zu wollen. Ich vertraue, dass Gott der HERR ist und nicht das Schicksal. Er begleitet, führt und trägt uns auf geheimnisvolle Weise. Bildhaft spricht man von den „Engeln“, deren Gedenktag der 29. September ist. Auch Jesus hat am Ende gezweifelt. Gott aber hat ihn zum neuen ewigen leben geführt und eben das wird er auch mit uns tun, wenn wir auf Jesus vertrauen. Was den Alltag anbetrifft, sollten wir mit allem Ernst das gute tun, ehrlich, vernünftig, fair und hilfsbereit sein, nicht nur um unsere Sorgen und Wünsche kreisen. Dann erfüllen wir das Gebot Gottes, werden selbst zu „Engeln“ für unsere Mitmenschen.
Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
- nicht verheiratet
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