Sonntagsgedanken: Diener Jesu Christi erzählen: Heinrich Grüber

Symbolbild Religion
Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Er war ein ausgeglichener, (selbst)kritischer Mann ohne Fanatismus. Sein Vater konnte wegen einer Erkrankung den Beruf als Lehrer nicht mehr ausüben und die Familie Grüber geriet in soziale Not. Da musste der junge Heinrich nach dem Schultag Geld verdinen. In seiner rheinländischen Heimat erlebte er auch die dunklen Seiten der technischen Revolution um 1900: Die Maschinen ersetzten zunehmend menschliche Arbeitskraft. Die stellenlos Gewordenen versanken in Depression, Alkohol und Gewalt. Wenn die Männer ihre spärliche Sozialhilfe im Wirtshaus vertrunken hatten, kamen sie heim und verprügelten Frau und Kind. Aber auch soziale Unternehmer gab es, die sich um ihre Leute kümmerten. Grüber musste in den 1. Weltkrieg ziehen, wo er das Grauen des großen Schlachtens durchlitt. Später im Dienst seiner Kirche organisierte Grüber Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, leitete ein Heim für Schwererziehbare, unterbreitete zukunftsweisende Vorschläge zur Reform der Landwirtschaft, stieß aber bei seinem Engagement auf die Arroganz, die Schwerfälligkeit der Politiker und fand auch bei den „gutbürgerlichen Kreisen“ wenig Verständnis. Sein unerschrockenes Auftreten für Juden und selbst für die Kommunisten brachte ihn bald in Konflikt mit den Nazis, so dass er mehrfach verhaftet und schließlich ins KZ gesteckt wurde. Er traf dort echte Solidarität unter den Inhaftierten über alle ideologischen Grenzen, aber auch gemeines Denunziantentum, ja offene Brutalität. Er durfte aber auch erfahren, dass mutiges, selbstsicheres Auftreten selbst SS-Verbrecher beeindrucken konnte. Menschen mit fester Weltanschauung hielten das Entsetzliche ohnehin länger durch als weniger gefestigte, die schneller Sinn und Hoffnung aufgaben. Noch mehr als die Scheußlichkeit vieler Wachhabenden verletzte Grüber während und nach dem Nazi-Terror die gleichgültige Stumpfheit der Normalbürger, die von diesem namenlosen Unrecht nichts wissen wollten, sich mit allerlei ausreden ihrer Verantwortung entledigen und vor allem ihre Ruhe haben wollten. Nach 1945 verhandelte Grüber sowohl mit den kapitalistisch-bürgerlichen Funktionären des Westens als auch mit den kommunistischen Machthabern des Ostens und war beiden gleich unbequem.

Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de

Infos zu Christian Karl Fuchs:

  • geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
  • Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
  • Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
  • Promotion zum Dr. theol. 1995
  • Ordination zum ev. Pfarrer 1996
  • Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
  • seither in Neustadt/Aisch
  • blind
  • nicht verheiratet