Tag des Offenen Denkmals 2010 im Landkreis Forchheim
Seit vielen Jahren findet jährlich der Tag des Offenen Denkmals statt. Ziel dieser Aktion ist es, die Öffentlichkeit für die Bedeutung des kulturellen Erbes zu sensibilisieren und Interesse für die Belange der Denkmalpflege zu wecken. Diese Denkmaltage stehen jährlich unter einer wechselnden Überschrift. Das Thema für den Tag des offenen Denkmals am 12. September 2010 ist überschrieben mit: Kultur in Bewegung – Reisen, Handel und Verkehr. Gezeigt werden sollen beispielsweise Bahnhöfe, Straßen, Kanäle, historische Verkehrsmittel, Pilgerwege und Handelsrouten.
Dieses Rahmenthema war für das Kulturamt des Landkreises Forchheim Anlass, zwei Themen, die in der gegenwärtigen Kreisentwicklung eine wesentliche Rolle spielen, für den Tag des offenen Denkmals vorzuschlagen:
1. Die Jakobswege im Landkreis Forchheim
Der Jakobsweg als Fernpilgerweg von paneuropäischer Bedeutung führt auf zwei von der Jakobusgesellschaft definierten Hauptwegen durch den Landkreis Forchheim. Dies liegt in der Nähe zum mittelalterlichen Pilgerzentrum Nürnberg begründet.
Der östliche Hauptweg führt von Leipzig oder Dresden kommend von Hof über Helmbrechts, Bayreuth, Creußen, Pegnitz, Betzenstein nördlich von Hiltpoltstein auf das Gebiet des Landkreises Forchheim. Von Hiltpoltstein führt der Weg über Gräfenberg und Igensdorf, Etlaswind, Steinbach und Kleinsendelbach. Nach der Überquerung der Bezirksgrenze vereinigt sich der Weg mit der Westroute durch Oberfranken.
Die Westroute führt nach Oberfranken von Erfurt aus. Über Coburg führt die Trasse nach Lichtenfels und zum Wallfahrtsort Vierzehnheiligen und über den Staffelberg nach Zapfendorf. Der weitere Verlauf ist über Breitengüßbach, Hallstadt, Bamberg, Reundorf und Schlüsselau.
Zwischen Schlüsselau und Schnaid führt der Weg auf das Gebiet des Landkreises Forchheim. Der weitere Verlauf ist über Hallerndorf, Untere Mark, Forchheim, Pinzberg, Effeltrich und Neunkirchen. Zwischen Dormitz und Kalchreuth führt der Weg auf das Gebiet Mittelfrankens. Der Landkreis hat somit als einziger Landkreis Oberfrankens zwei Hauptwege, Nürnberg ist das Zentrum der Jakobswege in Deutschland, neben Köln. Hier münden sechs Wege.
Für den 12. September wird konkret vorgeschlagen, ein Stück dieser Wege mit der interessierten Öffentlichkeit wie folgt zu begehen:
10.30 Uhr Pilgergottesdienst in der Kreuzbergkirche bei Hallerndorf
11.30 Uhr von Herrn Sawinsky geführte Pilgerschaft auf dem Jakobsweg von Hallerndorf durch den Staatsforst Untere Mark nach Burk und Forchheim. Das Ziel ist die profanierte Kapelle St. Gereon.
15.30 Uhr Buchpräsentation von Anette Goebel „Nach dem Jakobsweg“ mit einer Lesung. Das Buch beschäftigt sich mit den Erlebnissen von Pilgern auf dem Weg nach Santiago bzw. den daraus erfolgten nachhaltigen Veränderungen im Leben des einzelnen. Einige dieser Geschichten werden zusammen mit den Erfahrungen der Autorin vorgetragen.
2. Aktionstag an der Schleuse 94 des Ludwig-Donau-Main-Kanals.
Die Schleuse 92 ist eines der wenigen, noch gut erhaltenen Relikte des unter Lud-
wig I. Mitte des 19. Jahrhunderts errichteten Ludwig-Donau-Main-Kanals. Der Kanalbau stellt ein Industriedenkmal von nationaler Bedeutung dar. Die 173 km lange Strecke von Kelheim nach Bamberg war zur Überwindung der europäischen Wasserscheide mit 100 Schleusen versehen.
Die Schleuse 94 bei Eggolsheim war eine der zentralen Schleusenanlagen im Regnitztal. Sie hatte einen besonders hohen Hub, der heute noch nachvollzogen werden kann. Die Schleuse ist trockengelegt, Mechanik und Holztore sind nicht mehr vorhanden. Die Schleusenkammer und der in 8 m Tiefe liegende Boden aus Sandsteinplatten sind in hervorragendem Zustand erhalten, ebenso ein Düker, der durch den ganzen alten Kanal führt. Ferner ist im Umfeld der Schleuse ein 1,2 km langes Teilstück des Kanalbettes mit Treidelpfaden erhalten und komplett freigelegt.
Zur Geschichte:
Um die abwechslungsreichen und lange andauernden Geschehnisse mit und um den Kanalbau etwas näher zu beleuchten, soll hier nur auf einige Details etwas näher eingegangen werden.
Auf dem Gebiet der Gemeinde Eggolsheim befinden sich historische Schleusenanlagen, die vom Königreich Bayern im 19. Jahrhundert als Bestandteile des Großprojektes „Ludwigskanal“ für die verkehrstechnische Erschließung beauftragt worden sind.
Rhein, Main und Donau wollte schon Karl der Große mit der ab 793 gebauten Fossa Carolina verbinden. Doch erst 1806, nach der Säkularisation, gelangen alle für dieses Projekt nötigen Grundherrschaften in den Hoheitsbereich des neu erhobenen Königreichs Bayern. Mit dem Tode Max Josephs und der Thronbesteigung Ludwigs I. 1825 scheint der Durchbruch zur Verwirklichung des Kanalprojektes zu erfolgen.
Das Königshaus betrachtete das Projekt Ludwigskanal neben dem kontinuierlichen Ausbau des Eisenbahnnetzes als Staatsaufgabe in ästhetisch-künstlerischer Hinsicht. Es traten beim Ludwigskanal vor allem auch die Herausforderungen im Zuge des sprunghaft aufstrebenden Ingenieurwesens in den Vordergrund.
Im Wesentlichen besteht die architektonische Seite aus dem Entwurf der zahlreichen Schleusenwärterhäuschen und Brücken. Die Bauwerke wurden von Heinrich Freiherr von Pechmann (1774 – 1861) und unter Federführung des königlichen Hofarchitekten Leo von Klenze (1784 – 1864) geplant und gezeichnet, bevor sie durch die königliche Baukommission in München genehmigt werden konnten. 1830 legte Pechmann den Entwurf des „Donau-Main-Kanals“ zusammen mit dem Entwurf des „München-Donau-Kanals“ vor, wobei Ludwig I. der Main-Donau-Verbindung die Priorität einräumte.
Es wurde eine Aktiengesellschaft gegründet. Nach mehreren Anläufen und Verhandlungen, zum Teil mit dem Frankfurter Bankhaus Rothschild, sind schließlich binnen eines Jahres die Aktien europaweit abgesetzt. Die erste Aktionärsversammlung 1836 beschließt den Kanalbau sofort zu beginnen und erteilt dem Staat den Auftrag. Ludwig dem I. bietet man zudem das Namenspatronat an, das dieser dankend annimmt. So heißt der Kanal fortan „Ludwig-Donau-Main-Kanal“. Die Kosten für den Bau des Kanals sollen laut Voranschlag 8,6 Millionen Gulden betragen.
1837 sind in allen Sektionen ca. 6000 Arbeiter beschäftigt, wobei sich ein eklatanter Fachkräftemangel herausstellt. Zur gleichen Zeit sind nämlich weitere bayerische Großprojekte, wie Ausbau der Festungen Ingolstadt und Germersheim, Walhalla und Großbauten in München, im Entstehen.
Selbst im Winter muss nun gearbeitet werden, um den Zeitrahmen einhalten zu können. Schwierig gestaltet sich die Schiffbarmachung der Regnitz in Bamberg, der Durchstich am Fuße des Bugberges in Erlangen, die großen Einschnitte und Dammbauten der Scheitelhaltungen sowie die Regulierung der Altmühl. Die Kanalbauverwaltung sieht sich daher 1841 veranlasst, die Zahl der Arbeiter auf 9000 zu erhöhen und muss sie zunehmend aus Italien und Österreich anwerben.
Im Sommer 1845 ist der Kanal endgültig in seiner gesamten Länge befahrbar, wobei mehr als 15 Millionen Gulden verbaut waren. Die offizielle Eröffnung des Kanals findet mit der Enthüllung des Kanaldenkmals in Erlangen im Juli 1846 unter Anwesenheit Ludwig I. statt.
Das anfänglich hohe Frachtaufkommen des Kanals – 1850 werden nahezu 200.000 Tonnen transportiert – sinkt durch den Konkurrenzdruck der zunehmend besser ausgebauten Eisenbahnen seit 1860 rapide ab, wobei sich der nicht erfolgte Ausbau der anschließenden Flüsse Main und Donau als das größte Hemmnis seines wirtschaftlichen Erfolgs herausstellt.
Nach 1900 liegt die jährlich transportierte Menge zwischen 30.000 und 40.000 Tonnen. Nur während der Weltkriege steigen die Raten durch die militärische Auslastung der Eisenbahnen wieder an.
1936/37 sind mit der Projektierung einer neuen Großschifffahrtsstraße Überlegungen im Gange, den Ludwigskanal aufzulassen und mit einer Autobahn zu überbauen. Der zweite Weltkrieg verhindert das Vorhaben zunächst.
1944 werden der Hafen Nürnberg und die angrenzenden Schleusen durch Luftangriffe schwer beschädigt. Die zurückweichenden deutschen Truppen sprengen Anfang 1945 die wichtigsten Kanalbrücken bei Bamberg und zwischen Erlangen und Nürnberg.
Nach Kriegsende werden die Kanalhaltungen geleert und sämtliche Beschädigungen an Schleusen und Brücken bis 1948 repariert. Das Innenministerium rechnet 1949 mit einem jährlichen Unterhalt von 300.000 DM und fasst den Beschluss, den Kanal aufzulassen. Dagegen wendet sich Anfang 1950 der Landtag, der eine erneute Flutung des Kanals beschließt.
Die Beratungen über die gegensätzlichen Meinungen dauern bis Ende 1950 mit dem Ergebnis, den Kanal nun doch aufzulassen. Nun ist der Freistaat im Besitz eines 172 km langen anderweitig nutzbaren „Grundstücks“, das sich vorzüglich durch die direkte Anbindung an die anliegenden Innenstädte im Großraum Nürnberg zum Bau von Umgehungsstraßen eignet. Diese werden unter Zugrundelegung der Planungen von 1936/37 in den späten sechziger Jahren mit dem Bau der A 73 auf der ehemaligen Kanaltrasse zwischen Forchheim und Nürnberg verbunden.
Südlich von Bamberg verschwinden große Teile des Ludwigskanals mit dem Neubau des Rhein-Main-Donau-Kanals schon 1959 bis 1963. Zwischen Nürnberg und Neumarkt bleibt der Kanal als Torso erhalten und stellt heute ein wertvolles Naherholungsgebiet dar.
Programmablauf:
10.00 Uhr Eröffnung des Tags des Offenen Denkmals an der Schleuse 94 bei Eggolsheim
11.00 – 17.00 Uhr Führungen nach Bedarf durch Claus Schwarzmann, Fritz Sitzmann, Leo Schilling
Laufendes Angebot eines unterhaltenden und kulinarischen Rahmens.
„Die Schleuse 92 ist eines der wenigen, noch gut erhaltenen Relikte“
Sie meinen sicher die 94 und Sie sollten hier auch „nördlich von Nürnberg“ hinzufügen. Südlich von Nürnberg existieren noch eine ganze Menge Schleusen, die meisten sogar noch mit Wasser und einige davon auch funktionsfähig. Siehe z.B. http://kanal.kraut.me/schleusen.html
Mfg André Kraut