IHK mahnt zu Fairness im Versandhandel
Ausgenutzt: Widerrufsrecht im Fernabsatz
Vor allem Online-Händler sehen sich einem zunehmenden Missbrauch des Widerrufr echts bei Internetgeschäften ausgesetzt. Darauf weist die IHK für Oberfranken Bayreuth unter Berufung auf die Ergebnisse einer aktuellen Befragung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) und Trusted Shops hin. Knapp 400 Teilnehmer berichteten über ihre Erfahrungen, rund 80 Prozent davon beklagten detailliert Missbrauchsfälle. Die in der Studie beschriebenen Beispielfälle sind laut IHK Bayreuth leider auch bei den oberfränkischen Händlern an der Tagesordnung.
Das Widerrufsrecht erlaubt es Verbrauchern, im Internet bestellte Ware innerhalb von 14 Tagen kostenfrei zurückzusenden. Der Händler hat dabei immer weniger Möglichkeiten, Nutzungs- oder Wertersatz für eventuelle Gebrauchsspuren zu erhalten. Genau dies wird von Käufern zunehmend ausgenutzt, so die Ergebnisse der DIHK-Befragung. Demnach werde jeder siebte im Internet erworbene Artikel zurückgeschickt, oft in so schlechtem Zustand, dass die Ware nur noch reduziert bzw. gar nicht mehr verkauft werden kann.
„Die in den letzten Jahren immer höheren Anforderungen an die Informationspfli chten erschweren den Online-Handel erheblich“, so IHK-Justiziarin Gabriele Hohenner. „Der Händler muss den Käufer per Gesetz auf die Möglichkeit eines Widerrufs hinweisen, manche Kunden missbrauchen dies leider.“
Besonders groß ist der Missbrauch bei anlassbezogener Ware wie Karnevalskostüm en, Taufkleidern oder Abendgarderobe, die punktgenau bestellt und nach Benutzung einfach zurückgeschickt werden. In vielen Fällen sei ein Wiederverka uf überhaupt nicht mehr möglich, z.B. bei Kosmetik- oder Hygieneartikeln. Auch die oberfränkischen Händler haben zunehmend mit den in der Umfrage festgestellten Missbräuchen zu kämpfen, berichtet IHK-Handelsreferentin Ursula Krauß aus der Praxis. „Wenn man täglich im Fernabsatzgeschäft mit teilweise unglaublichen Berichten über den Zustand zurückgesandter Ware konfrontiert wird, fällt die Akzeptanz immer weitreichenderer Verbraucherschut zvorschriften schwer. Wer schützt denn den Händler, wenn ein teures Abendkleid verschmutzt an ihn zurückgeschickt wird und er neben dem erlittenen Sachschad en dem Verbraucher auch noch Hin- und Rücksendekosten erstatten muss?“
Leidtragende sind in letzter Konsequenz die ehrlichen und fairen Verbraucher. Denn zunächst einmal bleibt der Händler auf seinen Kosten sitzen. Mehren sich solche Fälle, ist er gezwungen, sein Sortiment entsprechend einzuschränke n oder die Preiskalkulation anzupassen. Die Verbraucher werden daher langfrist ig weniger Auswahl haben und höhere Preise zahlen, wenn sich diese Entwicklung so fortsetzt.
Zumindest in besonders gravierenden Fällen konnten Händler bisher Ersatz für die Nutzung und Verschlechterung der Ware verlangen. Die geltende Regelung in Deutschland hält der Europäische Gerichtshof jedoch für rechtswidr ig. „Das Bundesministerium der Justiz ringt momentan um einen Kompromissvorsch lag, der darauf abzielt, den Wertersatz bestehen zu lassen“, so Gabriele Hohenner. „Dies unterstützen wir und setzen uns mit der gesamten IHK-Organisat ion dafür ein, dass in der zugrunde liegenden EU-Richtlinie ein umfassender Wertersatz verbindlich verankert wird.“
Die wichtigsten Ergebnisse dieser interessanten Umfrage (Umfrage zur Praxis des Widerrufs im Fernabsatz bei Warenlieferungsverträgen) stehen auf der Homepage der IHK zum Download bereit.
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