Junge Waldohreule bei Langensendelbach
Normalerweise vertraut eine Eule auf ihr rindenfarbenes Tarngefieder und nimmt bei Gefahr zusätzlich eine Tarnstellung ein, die ihre Gestalt verzerrt. Nur in äußerster Bedrängnis ergreift sie die Flucht. Die junge Waldohreule auf dem Bild aber hat erst vor kurzem das Nest verlassen und kann nicht fliegen bzw. fliehen. Deshalb bleibt ihr im Notfall nur eine Strategie: Sie zeigt eine Drohhaltung und täuscht dabei vor, groß und wehrhaft zu sein, obwohl sie nicht einmal 300 Gramm wiegt. Hierzu fächert sie die Schwingen und stellt sie zu einem imposanten Flügelschild bzw. – rad auf. Der Droheffekt wird noch verstärkt durch das gesträubte Körpergefieder und die dunkle Gesichtsmaske mit den leuchtenden, weit aufgerissenen Augen im kugelförmig aufgeplusterten Kopf. Zusätzlich facht der Vogel und knappt mit dem Schnabel.
Ganz besonders gefährlich ist es für die Jungeulen, wenn sie – wie hier an einem Waldrand bei Langensendelbach – vom Nest bis ganz auf den Erdboden gelangt sind. So schnell wie möglich versuchen sie in diesem Fall mithilfe von Schnabel und Krallen auf einen Busch oder Baum zu klettern. So saßen die beiden Langensendelbacher Eulen bereits einen Tag später als „Ästlinge“ in jungen Bäumen und kurz darauf in den Kronen hoher Kiefern. Nach ca. einer Woche sind die Jungvögel dann in der Lage, kürzere Strecken zu fliegen, werden aber noch lange von den Eltern bewacht und versorgt. Deshalb ist es auch falsch, vermeintlich von den Eltern verlassene Jungeulen mitzunehmen, um sie zu „retten“.
Text/Foto: Anne Schneider
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