Hessischer Rundfunk präsentiert Preisträger des Kompositionswettbewerbs „Wär’ ich ein Ton“ des Vereins Jean Paul 2013

Ursendungen der drei erstplatzierten Musikstücke in der Kategorie „Radiophone Klangkunst“ auf hr2-kultur

Am 21. März 2013, dem 250. Geburtstag von Jean Paul, erklang im Rahmen des Festaktes zu Ehren des Dichters in Bayreuth die erste Uraufführung des Kompositionswettbewerbs „Wär’ ich ein Ton“ in der Sparte „Stimme und solistisches Instrument“. Der Verein „Jean Paul 2013“ hatte den Wettbewerb im vergangenen Jahr in drei Sparten ausgeschrieben. In der Sparte „Radiophone Klangkunst“ kooperiert der Verein mit der Redaktion Neue Musik/Klangkunst des Hessischen Rundfunks (hr2-kultur), Frankfurt am Main. Vom 25. Mai an präsentiert der Hessische Rundfunk an drei aufeinanderfolgenden Samstagen die Ursendungen der prämierten Werke in dieser Kategorie auf hr2-kultur, jeweils um 23.05 Uhr in „The Artist’s Corner“ mit Stefan Fricke; Live-Stream: www.hr2-kultur.de.

Den Auftakt bildet am 25. Mai 2013 die mit dem ersten Preis prämierte Komposition „de monstris epistola“ von Clemens von Reusner. Mit seiner Musik nähert sich der Komponist dem Werk des Dichters über die Orte von dessen Kindheit: Wunsiedel, Joditz, Schwarzenbach an der Saale und Hof. Für Clemens von Reusner strebte Jean Paul in seinem Werk nach einer Synthese zwischen Poesie und Wirklichkeit. Der Musiker setzt in seiner Komposition mit Bezug auf das Werk Jean Pauls auf eine „Synthese zwischen Hörbarem der heutigen akustischen Realität an der Orten der Kindheit und Jugend“ und „akustisch potenziell darin Enthaltenem“ sowie von ihm selbst „dort hinein Gedachtem“. Vertrautes und Fremdes zugleich begegnen dem Zuhörer im Wechselspiel zwischen heutiger akustischer Realität und imaginierter akustischer und literarischer Sphäre. Dabei interessiert den Komponisten besonders der Einbruch der Imagination in die „normale“ Welt wie in Jean Pauls Roman „Dr. Katzenbergers Badereise“. So sind in seine Komposition heutige Klänge aus den genannten Jean-Paul-Orten eingegangen: der Kirchenglocken, des Wassers, des Alltags auf dem Lande, von selbstvergessen spielenden Kindern, Gesprächen, und Stadt- und Straßenlärm.
Clemens von Reusner studierte Musikwissenschaft, Musikpädagogik und Schlagzeug bei Abbey Rader und Peter Giger. Der Komponist und Klangkünstler lebt bei Braunschweig; weitere Informationen unter www.cvr-net.de.

Am 1. Juni 2013 wird als zweite Ursendung auf hr2-kultur das Werk „ … und er zerdrückte weinend das Wölkchen der Zeit“ von Martin Daske zu hören sein. Für sein Musikstück, welches die Jury des Kompositionswettbewerbs mit dem zweiten Preis ausgezeichnet hat, wählte der Berliner Komponist ein Zitat aus dem „Traum Emanuels“ im 38. „Hundsposttag“ von Jean Pauls „Hesperus“. Er habe, so der Musiker, hierzu „mit zufällig ausgesuchten Klängen und Klangfetzen“ die Komposition erstellt. Mal leitete ihn der Text, doch meist standen die Klänge im Vordergrund. Auf diese Weise entwickelte sich Ebene für Ebene die Komposition.

Martin Daske studierte in den USA am Dartmouth College bei Christian Wolff, in Krakòw sowie am Mozarteum Salzburg bei Boguslaw Schaeffer. Neben seinem kompositorischen Schaffen entwickelte er eine Form dreidimensionaler Notation. 2001 gründete er mit dem Berliner Philharmoniker Janne Saksala das Duo „Soundscrapers“.

In der Woche darauf, am 8. Juni 2013, erklingt die dritte Ursendung mit der Komposition von Vlady Bystrov nach der „Rede des toten Christus“ von Jean Paul. Der Komponist, der die Musikakademie St. Petersburg absolvierte und seit 1994 in Deutschland lebt, erzielte mit diesem Musikstück den dritten Platz in der Kategorie „Radiophone Klangkunst“ des Wettbewerbs. Vlady Bystrov begründet die Wahl des Textes folgendermaßen: „Das Werk scheint in meisterhafter Weise die ganze Idee der Religion in ihrer Ambivalenz und Komplexität auszudrücken: einerseits fortschrittlich atheistisch, andererseits reaktionär in seiner Obsession, durch philosophische Gedanken die Welt verändern zu wollen.“ Bei dem Stück des russischen Komponisten handelt es sich gewissermaßen um eine „Symbiose aus der Gedankenwelt Jean Pauls“, einer am Synthi 100 von EMS produzierten elektronischen Komposition und einer von diesen beiden Komponenten direkt beeinflussten Improvisation der Solisten Alexey Lapin am Klavier und Vlady Bystrov am Saxophon. Die Texte Jean Pauls zu der Komposition liest der Schauspieler Heinz-Dieter Vonau.

Der Verein Jean Paul 2013 hatte den Kompositionswettbewerb „Wär’ ich ein Ton“ in drei Sparten ausgeschrieben, dabei an die reiche Rezeption anknüpfend, die das Werk Jean Pauls in der Musikgeschichte von Robert Schumann über Gustav Mahler und Wolfgang Rihm bis heute erfahren hat. 75 Komponistinnen und Komponisten aus der ganzen Welt reichten ihre Werke in den Kategorien Ensemble, Stimme und solistisches Instrument und Radiophone Klangkunst ein. Die Jury vergab neun Preise und sprach drei Aufführungsempfehlungen an Komponistinnen und Komponisten aus Italien, Korea, China, Griechenland, Frankreich, Russland, Deutschland und der Schweiz aus. Mit dem Dirigenten und Komponisten Prof. Dr. Hans Zender, Dr. Winrich Hopp, Leiter der musica viva des Bayerischen Rundfunks, dem Redakteur für Neue Musik/Klangkunst von hr2 Stefan Fricke, der Leiterin des Instituts für zeitgenössische Musik der HfMDK Frankfurt am Main Dr. Julia Cloot, Jürg Henneberger, Ensemble Phoenix Basel, Matthias Osterwold, Klangspuren Schwaz Tirol, und Stephan Meier, dem Künstlerischen Leiter des Projektes „Wär’ ich ein Ton“, war die Jury dieses Wettbewerbs prominent besetzt. Die Uraufführungen der weiteren prämierten Werke werden u. a. in Frankfurt a. M., bei den Klangspuren Schwaz Tirol und im Rahmen der Tage für Neue Musik Zürich zu hören sein.

Weitere Informationen unter www.jean-paul-2013.de.