Geburtstag hoch drei: Mathematikerkonferenz
Lange Zeit war die Dominanz der Geometrie in Italien, ebenso wie die Dominanz der Algebra in Deutschland,eindeutig. Die Mathemartiker Castelnuovo und Enriques hatten es dann geschafft, im Zeitraum 1895 bis 1914 eine grobe
Klassifikation algebraischer Flächen mittels der Plurigeschlechter durchzuführen. Damit dehnten sie die Klassifikation der Kurven
mittels ihres Geschlechts aus. Nach dem ersten Weltkrieg hatte Castelnuovo jedoch festgestellt, dass die Beschäftigung mit der algebraischen Geometrie
nicht weiter auf einer ernsthaften Basis fortgeführt werden konnte,
ohne in verwandte Felder wie Algebra oder Topologie einzugreifen.
„Oscar Zariski war derjenige, der abstrakte Algebra, wie sie von Emmy
Noether und Emil Artin eingeführt wurde, in den Kern der algebraischen Geometrie einbezog“, so Professor Dr. Catanese im Vorfeld der Tagung. Seine Schule, vor allem in Harvard, hatte die Geburtsstunde der modernen algebraischen Geometrie eingeläutet. Doch die algebraische Geometrie in Italien wurde durch die faschistischen Gesetze schwer geschädigt. Und obwohl Francesco
Severi neue Richtungen geöffnet hat, die im Ausland vor allem durch Weil und andere vollendet wurden, hatte seine Dominanz einen negativen Einfluss auf die italienische Geometrie. Geometrie-Studien blieben nach dem Zweiten Weltkrieg, vor allem nach dem Tod von Castelnuovo und Enriques, eher vernachlässigt. Abstrakte Topologie und Bourbakismus triumphierten in den 50er und 60er Jahren.
Allerdings wurde die grundlegende Arbeit von Castelnuovo und Enriques wiederentdeckt und erweitert durch die Russische Schule von Igor Shafarevich, die Japanische Schule von Kunihiko Kodaira und die Amerikanische Schule von Zariski. Hervorzuheben ist David Mumford, der die Geometrie um die von Alexander Grothendieck entwickelte Schema-Theorie bereicherte. Catanese: „Die frühen 70er Jahre waren für die algebraische Geometrie aufregend. Viele junge
Mathematiker begannen, die Schönheit der Geometrie-Forschung wiederzuentdecken.“
Anders als es die frühere Tradition vorsah, hätten damals junge Menschen „unendliche unerschlossene Gebiete vorgefunden, wo sie in völliger Forschungsfreiheit ihre Lieblingsherausforderungen aussuchen konnten“, erinnert sich der aus Italien stammende Bayreuther Universitätsprofessor. „Sie haben nicht nur eine homogene Gruppe gebildet, sondern viele von ihnen hat auch eine tiefe Freundschaft verbunden. Es ist eine große Freude, in einer freundschaftlichen und anregenden Stimmung mathematische Forschung zu betreiben!“
Heute sind die jungen Menschen von damals renommierte undetablierte Wissenschaftler – drei von ihnen feiern in diesem Jahr ihren 60. Geburtstag. Just aus diesem Anlass findet die Konferenz mit mehrals 200 Teilnehmern in Levico Terme bei Trento statt. Ciro Ciliberto, der aus Neapel stammt, ist in der klassischen italienischen Tradition verwurzelt, da sein erster Mentor Aldo
Franchetta war, ein Assistent von Federico Enriques. Fabrizio Catanese studierte an der Universität Pisa und an der Scuola Normale. Seine Mentoren waren Aldo Andreotti und in besonderer Weise der Zahlentheoretiker Enrico Bombieri, der zusammen mit David Mumford die Enriques Klassifikation auf beliebige algebraisch abgeschlossene Körper verallgemeinerte. Alessandro Verra, gebürtig in Turin, hatte Alberto Conte als Mentor an der Universität Turin, wo der berühmte Gino Fano über 50 Jahre Geometrie lehrte.
Das Programm der Konferenz ist umfangreich und wird von
internationalen Experten gestaltet. Dem Scientific Committee gehören
an:
Marco Andreatta (Trento, Italy)
Arnaud Beauville (Nice, France)
Fedor Bogomolov (Courant Institute, USA)
Alessio Corti (Imperial College London, UK)
Igor Dolgachev (Michigan, USA)
Gerard van der Geer (Amsterdam, The Netherlands)
Klaus Hulek (Hannover, Germany)
Yujiro Kawamata (Tokyo, Japan)
János Kollár (Princeton, USA)
Rick Miranda (Colorado, USA)
Miles Reid (Warwick, UK)
Edoardo Sernesi (Rome III, Italy)
Als Sprecher werden teilnehmen:
Ingrid Bauer (Bayreuth, Germany)
Christian Böhning (Göttingen, Germany)
Fabrizio Catanese (Bayreuth, Germany)
Meng Chen (Fudan, China)
Ciro Ciliberto (Rome II, Italy)
Olivier Debarre (ENS Paris, France)
Gavril Farkas (Humboldt Berlin, Germany)
JongHae Keum (KIAS, S. Korea)
Shigeyuki Kondo (Nagoya, Japan)
Alexander Kuznetsov (Steklov Moscow, Russia)
Eduard Looijenga (Utrecht, The Netherlands)
Massimiliano Mella (Ferrara, Italy)
Shigeru Mukai (RIMS Kyoto, Japan)
Keiji Oguiso (Osaka, Japan)
Rita Pardini (Pisa, Italy)
Gianpietro Pirola (Pavia, Italy)
Mihnea Popa (Chicago, USA)
Francesco Russo (Catania, Italy)
Matthias Schütt (Hannover, Germany)
Nick Shepherd-Barron (Cambridge, UK)
Yu-jong Tzeng (Stanford, USA)
Bert van Geemen (Milano, Italy)
Alessandro Verra (Rome III, Italy)
Claire Voisin (Jussieu Paris, France)
Die Konferenz wird unterstützt von:
CIRM, International Center for Mathematics Research, Fondazione
Bruno Kessler
Department of Mathematics, University of Trento
Foundation Composito Mathematica, Netherlands
Gruppo Nazionale per le Strutture Algebriche, Geometriche, e le loro
Applicazioni, Istituto Nazionale di Alta Matematica
Grifca – Gruppo di Ricerca Italo-Francese in Geometria Algebrica
Korean Institute for Advanced Study
DFG-Forschergruppe FOR 790, Classification of Algebraic Surfaces
and Compact Complex Manifolds
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