Frauenunion Oberfranken: Elterliches Sorgerecht muss dem Einzelfall gerecht werden!

Die Frauenunion Oberfranken unter dem Vorsitz der Kulmbacher Landtagsabgeordneten Gudrun Brendel-Fischer und die Leiterin der landesweiteiten Projektgruppe Familie und Unterhaltsrecht Silke Launert (Hof), plädiert bei der anstehenden Reform des Sorgerechts nicht verheirateter Eltern dafür, die Besonderheiten der jeweiligen Lebenssituation nicht außer Acht zu lassen.

Infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom Dezember letzten Jahres und der aktuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts muss das deutsche Sorgerecht für Eltern eines nichtehelichen Kindes neu geregelt werden. Nach der derzeitigen Gesetzeslage kann der nicht verheiratete Vater nur dann das gemeinsame Sorgerecht erhalten, wenn die Mutter dem zustimmt. Die höchstrichterliche Rechtsprechung sieht hierin einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und das Grundgesetz, weil dem Vater keine Möglichkeit eingeräumt wird bei fehlendem Einverständnis der Mutter mittels eines Gerichtsverfahrens die gemeinsame elterliche Sorge zu erhalten, wenn dies dem Wohl des Kindes dient. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb zur Herstellung eines verfassungskonformen Zustandes eine entsprechende Möglichkeit für den Vater als Übergangsregelung einstweilen angeordnet.

Die oberfränkische Frauenunion regt an setzt sich dafür ein, sich bei der Sorgerechtsreform genau an dieser vorläufigen richterlichen Regelung zu orientieren.

Bereits vor der Entscheidung der Verfassungshüter wurde aus den Reihen der oberfränkischen Frauenunion unter Mitwirkung der Projektgruppe Familie und Unterhaltsrecht des Landesverbandes ein inhaltsgleicher (Alt: entsprechender) Antrag bei der Landesversammlung der Frauenunion eingereicht und mit überwältigender Mehrheit angenommen. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass das Umgangsrecht des Vaters mit seinem Kind unabhängig von dem Sorgerecht und einer Zustimmung der Mutter besteht.

Die Einführung eines automatischen gemeinsamen Sorgerechts ab Geburt bzw. Vaterschaftsfeststellung bei nicht verheirateten Elternteilen lehnt die Frauenunion jedoch ab, selbst wenn diese Regelung um ein Widerspruchsrecht der Mutter ergänzt wird. Bei Eltern eines nichtehelichen Kindes ist zu berücksichtigen, dass dieses nicht nur aus einer festen Beziehung sondern auch aus einer kurzfristigen Affäre oder einem einmaligen sexuellen Kontakt entstammen kann. Sofern insbesondere in den zuletzt genannten Konstellationen der Vater kein Interesse an seinem Kind hat, kann ein automatisches gemeinsames Sorgerecht dem Wohl des Kindes zuwiderlaufen und die Mutter bei ihrer Betreuungs- und Erziehungsleistung gegenüber dem Kind erheblich behindern.

(Diese Folgewirkungen könnten durch ein Widerspruchsrecht der Mutter, bei dem diese die Darlegungs- und Beweislast in Gerichtsverfahren tragen würde, nicht hinreichend ausgeräumt werden.)
Die Oberfränkin Silke Launert, die Leiterin der Projektgruppe, sieht keinen Grund bei der Sorgerechtsreform, über die verfassungsrechtlichen Forderungen und die vorläufige Übergangsregelung des Bundesverfassungsgerichts hinauszugehen. Nicht verheiratete Väter, die sich um ihre Kinder kümmern, müssen die Möglichkeit erhalten das gemeinsame Sorgerecht zu erlangen. Wer jedoch keinen Bezug zu seinem Kind hat, soll nicht die Chance haben, das Sorgerecht als Druckmittel gegen die Mutter und den Kindesunterhalt zu verwenden.