Fortbestand des E-Werk Erlangen in Gefahr?
Sparzwang der Stadt aufgrund des Haushaltsloches birgt dramatische Folgen für das Kulturzentrum E-Werk
Das Kulturzentrum E-Werk in Erlangen steht aufgrund des Haushaltslochs der Stadt Erlangen im dreistelligen Millionenbetrag womöglich vor nie dagewesenen Herausforderungen. Trotz des erfolgreichen Überstehens der Corona-Pandemie durch den hohen Einsatz aller Mitarbeitenden, bangen diese nun um ihre Jobs. Zahlreiche Aufgaben, die das E-Werk übernimmt, lägen sonst im Verantwortungsbereich der Stadt und müssten von dieser erfüllt werden – dass die Mitarbeitenden des E-Werks dies auch noch für ein Gehalt tun, das lediglich an den TVÖD angelehnt ist und ihm nicht zu 100% entspricht, ist den Wenigsten bewusst. „Die finanzielle Situation des E-Werks ist äußerst angespannt. Ohne ausreichende Finanzierung droht ein erheblicher Verlust für die gesamte Stadtgesellschaft,“ erklärt Jan-Peter Dinger, Geschäftsführer des E-Werks. „Das E-Werk ist nicht nur ein Ort der Kultur, sondern auch ein wichtiger sozialer Treffpunkt für die Menschen in Erlangen.“ Selbst Georg Halupczok, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Soziokultur Berlin, kann dies bestätigen: „Als größtes soziokulturelles Zentrum Deutschlands ist das E-Werk ein unverzichtbarer Bestandteil der offenen und dynamischen Universitätsstadt Erlangen. Über Jahrzehnte hinweg hat sich das E-Werk hier zu einem kulturellen Ankerpunkt entwickelt, den es zu bewahren gilt. Ein solcher Wert lässt sich nicht in wenigen Jahren wieder aufbauen, wenn er einmal verloren gegangen ist und die negativen Folgen werden weitreichender sein, als bisher abzusehen.“
Bereits 2017 wurde dem E-Werk in einem durch den Stadtrat offiziell bestellten Gutachten bescheinigt, dass das Kulturzentrum wirtschaftlich arbeitet und sich dadurch zu einem größeren Anteil als vergleichbare Einrichtungen deutschlandweit selbst finanziert. Andere Kulturzentren verlassen sich viel mehr auf Zuschüsse. Sowohl was Personaleinsatz angeht als auch die Wirtschaftlichkeit insgesamt, wurde ein positives Urteil gefällt, der Spielraum für Einsparungen ist stark begrenzt. Das Einzige, was bliebe, wäre das gesamte Kulturzentrum neu zu definieren – aber dann nur auf Kosten der Qualität und was das zur Folge hat, mag man sich nicht ausmalen.
Auf dem Sparplan stehen nun drei Varianten, die verschiedene Szenarien mit sich bringen. Wichtig ist zu betonen, dass es sich in jedem Fall um eine Zuschussminderung handelt: bereits 2023 hatte sich abgezeichnet, dass der für den Zeitraum 2022 – 2024 vereinbarte Zuschuss nicht ausreicht, um die Lohnerhöhung für die Mitarbeitenden im E-Werk zu ermöglichen, die aufgrund der allgemeinen Erhöhung der Gehälter im TVöD – Stichwort Inflationsausgleich, nötig war. Wie bereits geschrieben, erfüllt das E-Werk wichtige Aufgaben im städtischen Bereich, gleichzeitig erhalten die Mitarbeitenden nicht die gleiche Vergütung. Aufgrund der unsicheren finanziellen Lage und Nicht-Angleichung bezogen die Mitarbeitenden über mehrere Monate nur rund 75% des im TVöD festgelegten Gehalts, bis im Sommer 2024 eine Anpassung erfolgte, um zumindest wieder 90% zu erreichen. Im Kulturausschuss war einstimmig beschlossen worden, dass der Zuschuss entsprechend angepasst wird, um den Mitarbeitenden faire Gehälter zu garantieren.
Selbst in der positivsten Variante A (Zuschussmehrung um 300T€) ergibt sich eine Lücke von 90.000€, die gestopft werden muss. Da die Sparmaßnahmen der Stadt auch Einfluss auf Einmietungen und Veranstaltungen haben, die in Zukunft nicht so stattfinden werden, wie in der Vergangenheit, werden hier zusätzliche finanzielle Löcher gerissen – diese sind hier nicht einmal berücksichtigt worden. Also selbst hier ist nicht final absehbar, wie unbeschadet das E-Werk aus der Situation herausgeht. Bei Variante B (Zuschussmehrung von 150T€, Lücke 290T€) ist derzeit höchst fraglich, wie man dies ohne Stellenabbau und Verringerung des Angebots realisieren sollte. Betroffen wäre zuallererst das niedrigschwellige Angebot. Aber auch alle anderen Aufgaben des E-Werks werden massiv beschnitten werden. Über Variante C möchte man eigentlich nicht nachdenken (Lücke 440T€), denn hier steht tatsächlich das gesamte Kulturzentrum E-Werk in der bisherigen Form auf der Kippe. Es wäre ein komplett neues Konzept nötig, um eine Aufrechterhaltung des Betriebs auf irgendeine Art und Weise zu sichern – ob dies überhaupt möglich ist, steht zur Debatte.
Das Kulturzentrum E-Werk ist eines der größten soziokulturellen Zentren seiner Art in ganz Deutschland und nimmt somit nicht nur im Stadtgeschehen von Erlangen eine wichtige Rolle ein. Dass solch ein bedeutsames Leuchtturmprojekt hier nicht durch Landesmittel, sondern allein durch kommunale Zuschüsse gefördert wird, ist ein Problem, das viel tiefer geht als die aktuelle Haushaltslage Erlangens. Während in anderen Bundesländern für soziokulturelle Projekte Budgets von Seiten der Landesregierung zur Verfügung gestellt werden, bleibt in Bayern alles an den Kommunen hängen. Geraten die in finanzielle Schieflage, hat das Ansetzen des Rotstifts gerade im soziokulturellen Bereich schnell negative Konsequenzen, da nicht mit anderen Fördermitteln ausgeglichen werden kann.
Um in einem Teilbereich ins Detail zu gehen: Die Clubkultur in Deutschland leidet unter einem massivem Kostendruck, der die kulturelle Vielfalt bedroht. Eine bundesweite Erhebung des Bundesverbands der Musikspielstätten LiveKomm zeigt alarmierende Ergebnisse: Mehr als die Hälfte der Musikspielstätten gibt an, den Betrieb in den kommenden zwölf Monaten ohne staatliche Unterstützung nicht weiterführen zu können. Dies gefährdet die Clubkultur als Grundpfeiler der Musikbranche, da musikalische Experimente und Auftritte von Nachwuchskünstler*innen unter diesen Voraussetzungen nicht mehr finanziell darstellbar sind. Jan Dinger dazu: „Ohne das E-Werk verlieren wir einen Ort, an dem junge Künstler*innen ihre ersten Schritte machen können. Die kulturelle Vielfalt und die Möglichkeit für Nachwuchskünstler*innen, sich zu präsentieren, sind in Gefahr.“ Dies hätte weitreichende Auswirkungen, denn stirbt ein essenzieller Teil der Nachwuchsförderung, wird es in den nächsten Jahrzehnten immer weniger Künstler*innen geben. „Wir haben die Corona-Pandemie gut überstanden, aber nun stehen wir vor neuen, noch größeren Herausforderungen,“ so Dinger weiter. „Unsere Mitarbeitenden haben alles gegeben, um das E-Werk am Leben zu erhalten. Ihnen jetzt jegliche Perspektive zu verbauen, ist ein Unding. Wir werden einen sehr harten Sparplan bei den Sachmittelbudgets angelegt und selbst damit können wir die Finanzierungslücke nicht schließen.“
Die finanzielle Unterstützung durch die Stadt Erlangen ist dringend notwendig, um das Fortbestehen des E-Werks zu sichern und die kulturelle Vielfalt nicht nur in Erlangen zu bewahren – schließlich hat das Kulturzentrum eine einzigartige Stellung in ganz Deutschland. Bei Lücken, die aufgrund von Sparmaßnahmen gerissen werden, ist nicht sicher wie und ob sie überhaupt je weder geschlossen werden können. Gerade in politisch instabilen Zeiten ist die Rolle eines starken soziokulturellen Zentrums gesamtgesellschaftlich nicht zu unterschätzen. Dies bestätigt auch Georg Halupczok, Bundesvorsitzender des Bundesverbandes Soziokultur Berlin: „Das Kulturzentrum E-Werk in Erlangen ist ein leuchtendes Beispiel für die Bedeutung soziokultureller Arbeit, die Räume für Begegnung, Austausch und Kreativität schafft, die in rein kommerziell orientierten Veranstaltungsorten fehlen. Soziokultur trägt ganz besonders in heutigen Zeiten zu einer Stärkung der Demokratie bei und ohne diese wertvolle Arbeit geht ein essenzieller Teil unserer kulturellen Vielfalt und Gemeinschaft verloren.“ Hier zu kurzfristig zu denken und zu handeln, ist fatal.
© E-Werk Kulturzentrum
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