Uni Bamberg: Fünf Millionen Euro für klimagerechtes Sanieren
Großer Erfolg für ein gemeinsames Projekt: Die Otto-Friedrich-Universität Bamberg, die Hochschule Coburg und die Handwerkskammer für Oberfranken setzen sich mit ihrer gemeinsamen Projektskizze „InTra-Bau“ unter 500 Anträgen durch und werden nun vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bis 2028 mit insgesamt fünf Millionen Euro gefördert. Ziel des Projekts ist es, durch eine enge Vernetzung von Wissenschaft und Handwerk, nachhaltiges und klimagerechtes Bauen im Bestand und in der Denkmalpflege voranzutreiben und damit einen Beitrag zur Ressourcenschonung, Energieeffizienz und Klimaneutralität im Bausektor zu leisten. Die Universität Bamberg, die Hochschule Coburg und die Handwerkskammer bilden damit eine von 20 sogenannten Innovationscommunities, die bundesweit zur Förderung ausgewählt wurden.
Bestandssanierung statt Neubau
„InTra-Bau“ ist das Akronym für „Innovation aus Tradition – Transferstrukturen für nachhaltiges und klimagerechtes Bauen im Bestand und in der Denkmalpflege“. Die drei Projektpartner aus Wissenschaft und Handwerk wollen durch die Zusammenarbeit das bisher vernachlässigte, in Denkmälern und traditionellen Handwerkstechniken gespeicherte Wissen über nachhaltige und klimafreundliche Bautechniken und -materialien nutzbar machen. Durch die Verknüpfung mit modernen Technologien soll zukunftsfähiges, nachhaltiges Bauen im Bestand zudem innovationsfähig gemacht und bestehendes Wissen konserviert werden. Prof. Dr. Stefan Breitling vom Kompetenzzentrum Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien (KDWT) der Universität Bamberg, Sprecher des Verbundprojekts, erklärt die Beweggründe: „Aus unserer Sicht bedarf es einer nachhaltigen Sanierungs- und Instandhaltungsstrategie, die dem Bauen im Bestand sowie dem Reparieren und Optimieren vorhandener Bauteile den Vorrang vor dem Austausch derselben einräumt.“
Notwendig ist dies aus Sicht der drei Projektpartner, da die Baubranche nicht nur einer der wichtigsten Wirtschaftsmotoren Deutschlands ist, sondern zugleich enorm ressourcenintensiv. Eine zunehmende Rohstoffverknappung, die Abhängigkeit von internationalen Lieferketten sowie damit verbundene Lieferprobleme und Preissteigerungen stellen die Baubranche daher vor neue Herausforderungen. „Trotz der großen Ressource an gebauter Umwelt, geht der Trend und die Förderungen bislang immer noch zum Neubau statt zur Bestandssanierung“, sagt Prof. Markus Schlempp, Inhaber der Professur für Entwerfen und Konstruieren mit innovativen Werkstoffen unter Einbeziehung denkmalgeschützter Bauten an der Hochschule Coburg und Projektleiter im Projekt an der Hochschule Coburg. „Das Ziel unseres Zusammenschlusses ist es, hierbei eine Umkehr einzuleiten, indem wir in den Communities nachhaltige Strategien für den Bausektor entwickeln und damit einen Beitrag zur Bauwende leisten.“ Die Hochschule Coburg wird hierbei auf ihre in den vergangenen Jahren erworbene Kompetenz im Bereich Transfer zurückgreifen und sich verstärkt dem Aufbau der Community-Cluster und der Initiierung von Community-Projekten widmen.
Wissenstransfer zwischen Handwerk und Forschung
Die Handwerkskammer für Oberfranken ist Praxispartner im Projekt und damit für die Forschenden der direkte Kontakt in die Handwerkspraxis. Von den über 17.400 Mitgliedsbetrieben beschäftigen sich rund 6.400 mit Bau und Ausbau, Denkmalpflege und Bauen im Bestand. „Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass Projekte dann besonders erfolgreich sind, wenn eine enge Zusammenarbeit mit den Betrieben und damit der Praxis stattfindet“, betont Rainer Beck, Geschäftsführer der Handwerkskammer für Oberfranken und Kammer-seitig mit dem Projekt InTra-Bau betraut. „Wir stellen sicher, dass die Expertise des Handwerks bestmöglich genutzt wird und die erarbeiteten Ergebnisse auch in das Handwerk transferiert werden.“
Konkrete Maßnahmen und Ziele
Im Projektverlauf wird ein Netzwerk von Partnerinnen und Partnern aus Handwerk, Forschung, aber beispielweise auch Architekturbüros oder Interessenverbänden aufgebaut. Für dieses Netzwerk sollen Strukturen geschaffen werden, die einen effizienten Austausch – etwa in Workshops, Symposien und Fortbildungen – und eine effektive Zusammenarbeit ermöglichen.
Aus diesem Netzwerk heraus werden schließlich konkrete Bedarfe rund um nachhaltige Sanierung und Instandhaltung ermittelt. Schon jetzt zeichnen sich zum Beispiel folgende Themenfelder ab:
- Bewahrung und Nutzung von traditionellem Handwerkswissen und -techniken sowie Langzeiterfahrungen
- Möglichkeiten einer Kreislaufwirtschaft von regionalen Beständen und wiederverwertbarer Baumaterialien
- Umgang mit Bioziden und gesundheitsgefährdenden Stoffen wie etwa Asbest
Aus den Themenfeldern, die sich im Verlauf herauskristallisieren, sollen konkrete, sogenannte Community-Projekte entstehen. Zwei gehen bereits zu Beginn von InTra-Bau an den Start: Das Community-Projekt „Historische Fenster erhalten und energetisch verbessern“ wird koordiniert von Prof. Dr. Alexandra Troi von der Fakultät Design der Hochschule Coburg. Prof. Dr. Marianne Tauber, Inhaberin der Professur für Forensische Restaurierungswissenschaft organischer Polymere an der Universität Bamberg, ist für das Community-Projekt „Historische Beschichtungstechnologien – Nachhaltige Sanierung von historischen Stahlträgern“ zuständig.
Das Wissen, das in den Projekten geschaffen und zusammengeführt wird, soll unter anderem in Fortbildungen einfließen – online und offline. Unterstützt werden die Community-Projekte auch von Studierenden in Form von Projektseminaren oder Abschlussarbeiten. Zudem ist an der Hochschule Coburg in Kooperation mit der Universität Bamberg und der Handwerkskammer für Oberfranken ein neuer dualer Studiengang „Bauerhalt und traditionelle Handwerkstechniken“ geplant, in dessen Lehrinhalte das neu- bzw. wiedererworbene Wissen einfließen kann. Nicht zuletzt werden aus den Projekten auch Ausgründungen angestrebt.
Bundesweit einmaliger Kompetenzverbund
„Unser oberfränkischer Kompetenzverbund im Bereich der Denkmalwissenschaften, Kulturgutsicherung und Baukultur ist bundesweit einmalig und bietet ideale Bedingungen für das Innovationsnetzwerk“, sagt Prof. Dr. Kai Fischbach, Präsident der Universität Bamberg. Er ist überzeugt, dass die Innovationscommunity die Zukunft des Handwerks langfristig stärkt und neben ökologischen und ökonomischen vor allem auch soziale und kulturelle Aspekte der Nachhaltigkeit adressiert. Dazu zählen etwa die Stärkung urbaner und ländlicher Gemeinschaften und des Tourismussektors sowie die Revitalisierung von Dörfern und historischen Innenstädten, die als weiche Faktoren die Innovationskraft von Regionen maßgeblich beeinflussen.
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