Musikalische „Visionen“ in Erlangen

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Ein neues Kammermusikfestival in Erlangen will mit einem neuen Konzept Menschen für die Klassik begeistern

Das neue „Tonraum Festival für Kammermusik Erlangen“ bietet zwischen Oktober und November unter dem diesjährigen Motto „Visionen“ ein vielfältiges und hochkarätig besetztes Kammermusikprogramm und wartet mit einem innovativen Konzept auf.

Mit dem „Tonraum Festival für Kammermusik“ hat Erlangen seit diesem Jahr ein neues Kammermusikfestival, das sich musikalischen Klassikern und Raritäten des 20. und 21. Jahrhunderts widmet.

Christoph Orendi © Joseph Reinthaler

Christoph Orendi © Joseph Reinthaler

Ins Leben gerufen hat es der Erlanger Pianist Christoph Orendi. Bereits 2023 hat er in Erlangen unter dem Titel „Verschüttete Pfade“ ein Kammermusikfestival zum 125. Geburtstag des in Vergessenheit geratenen Komponisten Viktor Ullmann organisiert, selbst alle 7 Klaviersonaten des Komponisten aufgeführt sowie eine ganze Menge an Kammermusik auf die Bühne gebracht. Jetzt hat Orendi zusammen mit der Nürnberger Sopranistin Monika Teepe den Kammermusikverein „Tonraum Erlangen-Nürnberg e.V.“ gegründet und das „Tonraum Festival für Kammermusik Erlangen“ ins Leben gerufen, das jährlich stattfinden soll. Dieses Jahr widmet sich das Festival unter dem Motto „Visionen“ dem 150. Geburtstag des „Visionärs“ Arnold Schönberg. Wer jetzt denkt, das sei nur was für eingefleischte Klassikliebhaber, der irrt: neben dem unterhaltsamen und abwechslungsreichen Programm – alle 4 Konzerte sind inhaltlich miteinander verwoben, bauen dramaturgisch aufeinander auf – wird das Ganze noch durch Moderationen aufgelockert, die spannende Hintergründe liefern und kurzweilig durch das Programm führen. Dazu hat der künstlerische Leiter Christoph Orendi Musikexperten an Bord geholt: Ulrich Krämer, Editionsleiter der Schönberg Gesamtausgabe, Schönberg Experte Albrecht Dümling vom Verein „musica reanimata“, Tobias Bleek, Leiter des Education Programms beim renommierten Klavierfestival Ruhr und die Münchner Komponistin Dorothea Hofmann werden die Konzerte kurzweilig moderieren. Auch das Ensemble kann sich sehen lassen, darunter neben dem künstlerischen Leiter Christoph Orendi am Klavier und der Nürnberger Sängerin Monika Teepe Mitglieder der Bamberger Symphoniker, der Nürnberger Philharmoniker und weitere Größen der fränkischen Musikszene, so zum Beispiel Valerie Rubin, Martin Timphus, Verena Obermayer, Pawel Zalejski, Mathias Bock, Lisa Klotz, Cornelius Bönsch, Rebecca Martin, um nur einige Namen zu nennen.

Das Programm der vier Konzerte

17. Oktober „Wien 1900

Die Konzertreihe spannt in 4 Konzerten einen Bogen über 150 Jahre, beginnend mit dem Auftaktkonzert „Wien 1900“: Die musikalische Aufbruchsstimmung um die Jahrhundertwende, die die gesamte Entwicklung der modernen Musik maßgeblich geprägt hat, wird an diesem Abend mit Werken für Geige, Cello, Bratsche, Klavier und Gesang von Brahms, Zemlinsky und Mahler, die für Schönberg wichtige Vorbilder waren, zum Klingen gebracht. An diesem Abend stehen Kammermusikwerke von Komponisten in Wien um 1900 im Fokus, darunter Klassiker wie Brahms Klavierquartett g-moll, aber auch Raritäten wie zum Beispiel Schönbergs „Brettl Lieder“, unglaublich pointierte und witzige Wiener Kabarett Lieder – eine Seite, die viele von Schönberg nicht kennen! Auch Mahlers berühmte „Rückert Lieder“ werden zu hören sein, und zwar in einer selten gespielten Fassung mit Streichern, Klavier und Gesang! Schönberg Experte Ulrich Krämer wird den Abend kurzweilig und unterhaltsam moderieren.

24. Oktober „Das verlorene Paradies“

Im zweiten Konzert werden unter dem Titel „Das verlorene Paradies“ die Anfänge der atonalen Musik musikalisch nachgezeichnet. Im Zentrum des Abends steht Schönbergs wegweisender und stimmungsvoller Liederzyklus „Das Buch der hängenden Gärten“ nach Gedichten von Stefan George, Schönbergs erstes freitonales Werk. Dieses Stück erklingt in Verbindung mit Werken des Visionärs und Vorreiters Johann Sebastian Bach und des Schönberg Schülers Alban Berg. Dessen Sonate op.1, die an der Schwelle zur Atonalität steht, wird gemeinsam mit J.S. Bachs h-Moll Fuge aus dem Wohltemperierten Klavier erklingen. Bachs Fuge enthält im Hauptthema bereits alle 12 Töne der Tonleiter, eine „visionäre“ Vorwegnahme der 12 Ton Idee Schönbergs. Nicht ohne Grund bezeichnete Schönberg selbst Bach als „den ersten 12 Ton Komponisten“. Albrecht Dümling vom Verein „musica reanimata“, der schon bei der Konzertreihe „Verschüttete Pfade“ 2023 in Erlangen als Referent zu Gast war und sich viele Jahrzehnte mit der Musik Schönbergs, insbesondere mit dem „Buch der hängenden Gärten“ beschäftigte, wird Hintergründe zu den gespielten Stücken liefern und durch den Abend führen.

16. November „Fremde Passagiere“

Im dritten Konzert wird nahtlos thematisch an das zweite Konzert angeknüpft: unter dem Titel „Fremde Passagiere“ wird ein Bogen von Schönbergs früher atonaler Phase bis zur Zeit des 2. Weltkrieges gespannt. Im ersten Teil des Abends erklingen Auszüge aus Bergs „Lyrischer Suite“ und Schönbergs frühes 2. Streichquartett op. 10 mit Gesang: ein mitreißendes Stück aus Schönbergs früher atonaler Schaffensphase und selten im Konzert zu hören! Im zweiten Teil des Konzerts steht dann mit Werken des Schönbergschülers Ullmann die dunkle Phase des 2. Weltkrieges im Fokus, eine Zeit, die Schönberg auch selbst musikalisch mit seiner „Ode an Napoleon“ für Streichquartett, Klavier und Rezitator verarbeitet hat: es ist eines seiner politischsten Werke und ein Bekenntnis zur Menschlichkeit. Tobias Bleek, Autor des erfolgreichen Buches „Im Taumel der Zwanziger – 1923: Musik in einem Jahr der Extreme“, wird an diesem Abend kurzweilig durch das Programm führen.

30. November „Lunatic“

Im letzten Konzert werden Auszüge aus Schönbergs wegweisendem Zyklus „Pierrot Lunaire“ für Flöte, Klarinette, Geige, Cello, Klavier und Stimme dem zeitgenössischen Werk „lunatic – Hommage a Pierrot Lunaire“ der Münchner Komponistin Dorothea Hofmann gegenübergestellt, die an diesem Abend auch durch das Programm führen wird. Neben Hofmann wird an diesem Abend auch Lilly Boulanger aufgeführt: Auszüge aus ihrem romantisch-impressionistischem Zyklus „Clairieres dans le ciel“, die im gleichen Jahr entstanden sind wie Schönbergs „Pierrot“, werden neben Debussys weltberühmten „Syrinx“ für Flöte Solo zu hören sein. Zum Schluss des Konzerts kehrt man wieder zu den Anfängen zurück, mit Schönbergs unvollendetem spätromantischen Fragment „Ein Stell dich ein“ von 1905 sowie Liedern von Alma Mahler, einer weiteren Komponistin aus Schönbergs früher Wiener Zeit.

Die Termine im Überblick:

  • 17.10. „Wien 1900“ (Palais Stutterheim Stadtbibliothek Erlangen)
  • 24.10. „Das verlorene Paradies“ (Gemeindehaus b11 Erlangen Altstadt)
  • 16.11. „Fremde Passagiere“ (Hugenottenkirche Erlangen)
  • 30.11. „lunatic“ (Gemeindehaus b11 Erlangen Altstadt) Beginn jeweils um 19.30 Uhr

Nähere Informationen unter www.christophorendi.de

Tickets im Vorverkauf online unter https://www.wiesentbote.de/ticketshop/, an allen gängigen Vorverkaufsstellen oder an der Abendkasse.

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