Sonntagsgedanken: Stille Quellen

Symbolbild Religion

„Und die Sonne versendet glühenden Brand, und von der unendlichen Mühe ermattet, sinken die Knie: „O, hast du mich gnädig aus Räubershand, aus dem Strom mich gerettet ans heilige Land, und soll hier verschmachtend verderben, und der Freund mir, der liebende, sterben!
Und horch! da sprudelt es silberhell, ganz nahe, wie rieselndes Rauschen, und stille hält er, zu lauschen. Und sieh, aus dem Felsen, geschwätzig, schnell, springt murmelnd hervor ein lebendiger Quell, und freudig bückt er sich nieder und erfrischet die brennenden Glieder.“

aus: Friedrich Schiller: die Bürgschaft

Liebe Freunde,

Pfarrer Klaus Weigand (rechts) mit Urmel ...

Pfarrer Klaus Weigand (rechts) mit Urmel …

vielleicht kennen Sie ja auch die Bürgschaft von Schiller. Ich habe Sie einmal auswendig gelernt und bin stolz darauf, dass ich diese Ballade immer noch auswendig aufsagen kann.

Und so wie es Damon geht, so geht es mir auch oft: Auch ich fühle mich ausgebrannt und kraftlos, und bestimmt fühlen Sie sich auch oft so.
Und dann sehne ich mich und bestimmt Sie auch nach einer Quelle, wie in der „Bürgschaft“, aus der so ein Wasser heraussprudelt, das neue Kraft gibt. Aber wir alle machen dann vielleicht die Erfahrung: Die Quelle scheint versiegt zu sein.

Aber es scheint nur so, dann die Quelle sprudelt und sprudelt, aber wir können diese Quelle, vielleicht blockiert durch die vielen Sorgen, Termine, Arbeiten, durch alles, was uns die Kraft raubt, nicht mehr entdecken.

Erinnern Sie sich noch an den Damon? Der hält inne, der hört und der entdeckt.

Ist das nicht die Lösung?

Mitten im Alltag, mitten im Stress, mitten in all den Sorgen und Problemen, die uns die Kraft rauben, einmal innezuhalten und zu lauschen auf die leisen Töne der Quellen? Es gibt sie, nur sehen müssen Sie diese selber.

Ich muss auch immer wieder innehalten, um zu lauschen und zu begreifen. Aber ich weiß: Es gibt sie. Zu meinem Geburtstag wurde mir ganz spontan eine kleine Feier geschenkt und ich habe mich so gefreut. Das ist so eine Quelle. Und ich bin so dankbar für dieses Zeichen der Wertschätzung.

Als ich vor kurzem eine Taufe von zwei Geschwisterkindern halten durfte, brachte mir die ältere Schwester nach der Taufe ein Plüschschaf, das ein Schutzengel war, in die Sakristei. Ich freute mich mit ihr und sagte bewundernd: „Das ist aber ein süßer Schutzengel. Der soll immer gut auf dich aufpassen.“ Aber das Kind schüttelte den Kopf und sagte: „Nein auf dich, denn du brauchst auch einen Schutzengel und deswegen ist der für dich.“ Mit Tränen in den Augen nahm ich das Plüschtier und freute mich damit. Auch das war so eine Quelle, aus der ich Kraft schöpfen konnte.

Und solche Quellen gibt es auch für Sie. Sie sind meist nur ganz klein, oft so, dass wir sie übersehen. Aber gehen Sie doch einmal mit offenen Augen durch Ihren Tag. Dann nehmen wir nicht einfach alles immer als selbstverständlich hin, sondern können über so vieles staunen, was uns guttut. Und wir spüren, wie all diese Dinge zur Quelle werden, aus der wir neuen Lebensmut schöpfen können.

Deswegen wünsche ich Ihnen den Mut und die Kraft, um innezuhalten und zu lauschen und zu entdecken. Ich wünsche Ihnen ganz viele solcher Quellen. Nehmen Sie diese mit in Ihren Alltag und lassen Sie sich davon wieder neu mit Lebensmut erfüllen.

Und vielleicht können Sie für den einen oder den andern auch so eine Quelle sein.

Ich wünsche Ihnen alles Liebe und Gute!

Klaus Weigand


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Infos zu Pfarrer Klaus Weigand

  • Geboren 1966 in Erlenbach am Main (Unterfranken)
  • Abitur am Theresianum in Bamberg 1989
  • Studium der Kath. Theologie in Bamberg und Wien
  • Priesterweihe 1998
  • Tätigkeiten:
  • Fürth, Christkönig von 1997 – 2010
  • Buckenhofen als Pfarradministrator 2010 – 2015
  • seit 2015 in Heroldsbach und Hausen