Franken „nahe am Katastrophenfall für die Kommunalfinanzen“

Gemeinsame Pressemitteilung der Bezirksverbände Mittel-, Ober- und Unterfranken im Bayerischen Landkreistag

Die Landrätinnen und Landräte aus Mittelfranken, Oberfranken und Unterfranken sehen in den Verlusten der Krankenhäuser in Bayern in Höhe von voraussichtlich drei Milliarden Euro im Jahr 2024 eine dramatische Belastung der Haushalte der Landkreise und ihrer Gemeinden. „Die Landkreise als Träger der Krankenhäuser brauchen jetzt schnell deutliche Signale des Bundes und des Freistaats, dass man gemeinsam diese nie dagewesene Krise angehen will!“, so die drei Bezirksvorsitzenden des Bayerischen Landkreistags, Ansbachs Landrat Dr. Jürgen Ludwig (Mittelfranken), der Hofer Landrat Dr. Oliver Bär (Oberfranken) und Wilhelm Schneider, Landrat der Haßberge (Unterfranken). Sie vertreten insgesamt 25 Landkreise in Franken.

Gruppenfoto der fränkischen Landräte mit der Regierungspräsidentin und den Regierungspräsidenten aus Mittel-, Ober- und Unterfranken am Rande der Bezirksverbände-Sitzung des Bayerischen Landkreistages in Wolframs-Eschenbach. Foto: Landratsamt Ansbach

Gruppenfoto der fränkischen Landräte mit der Regierungspräsidentin und den Regierungspräsidenten aus Mittel-, Ober- und Unterfranken am Rande der Bezirksverbände-Sitzung des Bayerischen Landkreistages in Wolframs-Eschenbach. Foto: Landratsamt Ansbach

Bei einer gemeinsamen Tagung in Wolframs-Eschenbach (Landkreis Ansbach) war die Krankenhauskrise das Hauptthema. Die Lage sei maximal schwierig: Die kommunalen Träger würden zwischen gesetzlichen Pflichten, Wünschen der Bürgerschaft, Personalmangel, Finanznot und politischen Zwängen zerrieben. Die Landrätinnen und Landräte aus Franken sehen es als erforderlich an, dass sich der Freistaat Bayern sehr schnell stärker mit der Notfallversorgung und der Krankenhausplanung, aber auch mit einer besseren Grundfinanzierung befasst. „Das derzeitige Sammeln von Daten und die Organisation von regionalen Gesprächsrunden durch den Freistaat Bayern ist bei Weitem nicht ausreichend. Diese Krise darf nicht länger mit Verweis auf den Bund in Bayern laufen gelassen werden“, betont Landrat Dr. Jürgen Ludwig.

„Wenn 8 von 10 Krankenhäusern Verluste machen, ist dies ein Alarmsignal der gesamten Krankenhauslandschaft in Deutschland“, folgert Landrat Dr. Oliver Bär (Hof). Der Bund müsse Rahmenbedingungen schaffen, die eine Versorgung in allen Regionen dauerhaft sicherstellen. „In unseren Kliniken wird eine hervorragende Arbeit geleistet, demgegenüber lässt der Bund die Krankenhäuser sehenden Auges dahin darben, mit drastischen und nachhaltigen Folgen“, so Bär.

Große Sorgen macht den Landkreischefs zudem, dass immer mehr freigemeinnützige Träger auch große Krankenhäuser schließen oder den kreisfreien Städten und Landkreisen in den Schoß legen, die dann aufgrund ihres gesetzlichen Versorgungsauftrags übernehmen müssen. „Wir verlangen vom Freistaat ja nicht, dass er in die Übernahme der Betriebskosten einsteigt. Der Freistaat muss aber seine Zurückhaltung bei diesem für die Bürger und Kommunen sehr wichtigen und politisch brisanten Thema aufgeben“, so Landrat Wilhelm Schneider (Haßberge). Man brauche eine auf die Zukunft ausgerichtete Krankenhausplanung. Man werde dazu auf allen Ebenen weitere Gespräche mit dem Freistaat führen. Die Bürger und Mitarbeiter der Krankenhäuser wollen wissen, ob und wie es weitergeht.

1 Antwort

  1. Klaus Emmerich sagt:

    Katastrophenfall für Kommunalfinanzen löst beispielloses bayerisches Kliniksterben aus
    Kommentar zur gemeinsamen Pressemitteilung der Bezirksverbände Mittel-, Ober- und Unterfranken im Bayerischen Landkreistag

    Mit Recht weisen fränkischen Landräte auf die desaströse Finanzlage ihrer Landkreise hin, oft ausgelöst durch 2-stellige Millionendefizite ihrer kommunalen Krankenhäuser. Für die bayerischen Krankenhäuser selber sieht die Lage noch schlimmer aus. Seit der Jahreswende 2023/2024 verzeichnen wir in Bayern 5 komplett geschlossene Krankenhäuser und 3 Teilschließungen – die wichtige Notfallversorgung steht nicht mehr wohnortnah zur Verfügung. Hinzu kommen 6 in bayerischen Landkreisen bereits beschlossene Schließungen, darunter das Krankenhaus St. Josef in Schweinfurt mit immerhin 272 Klinikbetten. 3 weitere bayerische Kliniken sind insolvent. Zwei gemeinnützige Krankenhäuser soll das Klinikum Nürnberg übernehmen – ansonsten droht deren Schließung. Das ist ein Erosionsprozess unter bayerischen Krankenhäuser und erschwert die wohnortnahe klinische Versorgung einschließlich stationärer Notfallversorgung mit dramatischen Folgen für die bayerische Bevölkerung: In 145 der 2.065 bayerischen 145 Postleitzahlregionen benötigen bereits jetzt die Einwohner mehr als 30, teilweise sogar mehr als 40 Fahrzeitminuten zum Erreichen eines Allgemeinkrankenhauses einschließlich stationärer klinischer Notfallversorgung. Weitere Postleitzahlregionen werden folgen. Das kann bei eskalierenden Krankheitsverläufen und traumatischen Verletzungen lebensentscheidend sein.

    Nachvollziehbar fordern die fränkischen Landräte eine prospektive bayerische Krankenhausplanung mit klaren Aussagen, welche Region in welchem Umfang welche klinischen Angebote benötigt. Und sie benötigen vom Freistaat dazu eine auskömmliche Investitionsfinanzierung im Umfang von jährlich 1 Milliarden Euro für Krankenhausgebäude und medizintechnische Ausstattung. Stattdessen verweist die bayerische Gesundheitsministerin Frau Judith Gerlach auf die Verantwortung der Kommunen für die klinische Versorgung (z.B. in Schweinfurt, Tirschenreuth), nickt jede beschlossene Klinikschließung oder Teilschließung ab und stellt lediglich 800 Mio. statt der benötigten 1. Mrd. Euro pro Jahr an Investitionsfördermitteln zur Verfügung. Mit echter bayerischer Krankenhaus-PLANUNG hat dieses reaktive und finanziell unzureichende Verhalten nichts zu tun. Damit trägt der Freistaat Bayern unmittelbare Mitverantwortung für das Kliniksterben in Bayern. Die von den Landräten geforderte prospektive Krankenhausplanung ist längst überfällig und hätte manches Krankenhaus retten können.

    Das noch größere Übel ist die Bundesgesundheitspolitik mit limitierter und unzureichender Vergütung für die operativen Krankenhausleistungen. Wer den Kommunen den gesetzlichen Auftrag zur klinischen Versorgung überträgt hat umgekehrt die Verpflichtung, die hierzu erforderlichen Finanzmittel, d.h. operative Krankenhausvergütung über die Krankenkassen und Investitionsförderung über die Bundesländer, vollumfänglich zur Verfügung zu stellen. Wer dies – wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und Landesgesundheitsministerin Judith Gerlach – nicht in ausreichendem Maße sicher stellt, dünnt die Krankenhauslandschaft in großem Umfang aus und gefährdet die Gesundheit der Bevölkerung.
    Nicht die Krankenhausplanung sondern der finanzielle Kollaps entscheidet aktuell, ob einer Region ein wohnortnahes Krankenhaus zur Verfügung steht. Aus der Corona-Pandemie mit damals unzureichenden Klinikbetten haben wir in Bayern nichts gelernt.

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