Studie zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der Erzdiözese Bamberg startet

Anfang Mai 2024 hat die Erzdiözese Bamberg mit der Universität Greifswald und der Psychologischen Hochschule Berlin eine Kooperationsvereinbarung zur Durchführung des Forschungsprojekts „Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der Erzdiözese Bamberg“ abgeschlossen. Geleitet wird das Projekt von dem Kriminologen und Strafrechtler Prof. Dr. Stefan Harrendorf aus Greifswald, der Berliner Rechtspsychologin Prof. Dr. Renate Volbert und der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der Erzdiözese Bamberg.

Um eine unabhängige Aufklärung zu gewährleisten, werden alle in der Kooperationsvereinbarung vorgesehenen Aufgaben, Rechte und Pflichten der Erzdiözese Bamberg selbständig durch die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der Erzdiözese Bamberg wahrgenommen.

Die Studie ist auf zweieinhalb Jahre angelegt (01.07.2024 bis 31.12.2026). Mit ihr soll das quantitative Ausmaß des durch Kleriker an Kindern, Jugendlichen und Schutzbedürftigen begangenen sexuellen Missbrauchs im Zeitraum von 1946 bis 2022 weiter aufgeklärt werden.

Ebenso widmet sich die Studie den Folgen des Missbrauchs für die Betroffenen. Ihre Befragung nimmt einen besonderen Stellenwert ein, weil zu den Erfahrungen aus Betroffenensicht bislang nur wenige systematische Untersuchungen vorliegen. Schließlich wird der administrative Umgang mit Beschuldigten und Betroffenen untersucht. Dazu gehören die Analyse von Einzelfällen, die Feststellung von Verantwortlichkeiten und etwaigem Fehlverhalten von Führungspersonal der Erzdiözese, die Identifikation begünstigender struktureller Einflussfaktoren für sexuellen Missbrauch sowie die Bewertung der Möglichkeiten zur Prävention und Intervention im Erzbistum Bamberg.

Anlage und Methodik der wissenschaftlichen Studie

Die Untersuchung sieht zwei prinzipielle methodische Zugänge vor, nämlich die Auswertung von Akten und Dokumenten aus dem gesamten Datenbestand der Erzdiözese Bamberg sowie die Durchführung leitfadengestützter, problemzentrierter Interviews mit Betroffenen und Zeitzeugen, insbesondere kirchlichen Funktionsträgern. Alternativ soll hierzu für Betroffene die Möglichkeit der Teilnahme an einer schriftlichen Befragung bestehen.

Dem Forschungsteam wird von der Erzdiözese Bamberg der unmittelbare Zugang zu allen relevanten Unterlagen gewährt. Hinzu kommt die Auswertung einer Stichprobe aus dem Personalaktenbestand für den oben genannten Zeitraum.

Der Befragung Betroffener wird ein besonderer Stellenwert beigemessen. In den Befragungen soll es, soweit Betroffene zu Äußerungen bereit sind, um ihre Missbrauchserfahrungen und deren Folgen gehen, aber auch um Offenbarungsprozesse, Reaktionen auf Offenbarungen und den Umgang mit den Betroffenen seitens der kirchlichen Verantwortungsträger.

Aufruf an Betroffene von sexuellem Missbrauch durch Kleriker der Erzdiözese Bamberg zur Teilnahme an den geplanten Befragungen Die von sexuellem Missbrauch Betroffenen mit ihren Erfahrungen und ihrer Perspektive sind für die Beantwortung der aufgezeigten Forschungsfragen von herausragender Bedeutung. Nur durch sie kann das Forschungsteam und damit die Öffentlichkeit davon Kenntnis erlangen, was von sexualisierter Gewalt Betroffene im kirchlichen Raum erlebt haben. Betroffene werden deshalb aufgerufen, sich an der Studie zu beteiligen und von ihren Erfahrungen zu berichten.

Dazu werden sie gebeten, sich an Frau Prof. Dr. Renate Volbert, Professorin für Rechtspsychologie, Psychologische Universität Berlin, Am Köllnischen Park 2, 10179 Berlin (E-Mail: r.volbert@phb.de) zu wenden. Die Betroffenen haben zu jeder Zeit die vollständige Kontrolle bezüglich ihrer Beteiligung am Forschungsprojekt. Allen befragten Betroffenen wird Verschwiegenheit gegenüber Dritten sowie die Anonymisierung ihrer personenbezogenen Daten für Dritte in der Veröffentlichung zugesichert.

Meldeaufruf zur Identifizierung weiterer Betroffener von sexuellem Missbrauch durch Kleriker der Erzdiözese im Untersuchungszeitraum 1946 – 2022

Um im Rahmen des Forschungsprojektes ein möglichst umfassendes Bild vom Umfang des sexuellen Missbrauchs zu gewinnen, werden insbesondere Betroffene, die im Untersuchungszeitraum im Verantwortungsbereich der Erzdiözese Bamberg sexualisierte Gewalt erfahren und sich deswegen bisher noch nicht an kirchliche oder staatliche Stellen gewandt haben, aufgerufen, sich bei den Missbrauchsbeauftragten der Erzdiözese Bamberg zu melden. Die Kontaktdaten finden sich auf der Website https://praevention.erzbistum-bamberg.de/beratungund-hilfe/index.html. Noch nicht gemeldete Fälle, die bis spätestens 31.12.2024 gemeldet werden, können noch Eingang in die Studie finden.

Datenschutz

Um die Persönlichkeitsrechte eines jeden von dieser Studie Betroffenen zu wahren, erfolgt die Durchführung des Forschungsprojektes unter strikter Beachtung der aktuell gültigen kirchlichen und staatlichen Datenschutzbestimmungen. Sämtliche Daten werden ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke verwendet.

Ergänzende Hinweise

Über den weiteren Fortgang des Forschungsprojektes werden die Betroffenen von sexualisierter Gewalt in der Erzdiözese Bamberg sowie die interessierte Öffentlichkeit auf der Website der Unabhängigen Aufarbeitungskommission www.kommission-bamberg.de unterrichtet.

Betroffene, deren Anschriften der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der Erzdiözese Bamberg bekannt sind, werden nochmals gesondert in einem persönlichen Anschreiben eingeladen, sich an der Studie zu beteiligen.

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