Stellungnahme des Handelsverband Bayern Ortsgruppe Erlangen zur Stadt-Umland-Bahn

Der Zweckverband respektiert, aber bedauert die Ablehnung der Stadt-Umland-Bahn durch einen Teil der Erlanger Handelsbetriebe. Aufgrund der geäußerten Sorgen möchten wir zu den drei geäußerten Kritikpunkten detailliert Stellung beziehen. Der erste Kritikpunkt bezieht sich auf die Linienführung der StUB über den Himbeerpalast und die Henkestraße zu den Arcaden, wobei die Sperrung des Bereichs vor den Arcaden kritisiert wird. Rund um das Gebiet zwischen Himbeerpalast und Langemarckplatz entsteht künftig die Achse der Wissenschaft, auf der täglich zehntausende Studierende unterwegs sein werden. Außerdem entstehen dort neue Wohn und Geschäftshäuser, die zu zusätzlichen Fahrgastpotenzialen für die StUB führen. Die frühere Linienführung durch die Nürnberger Straße wurde auch auf Kritik des ansässigen Handels verworfen, weil dort die Straßenbahn nur sehr langsam fahren könnte, die Haltestelle ohnehin vor den Arcaden geplant war und das Fahrgastpotenzial geringer war. Eine Führung ohne Anbindung der Innenstadt wurde schon frühzeitig verworfen. Aktuelle Verkehrsmodelle zeigen, dass der Erlanger Bahnhof die am meisten frequentierte Haltestelle der gesamten StUB-Strecke ist. Hier erfolgt die Verknüpfung mit Fern- und Regionalverkehr, was für ein ÖPNV-Angebot essenziell ist. Die Haltestelle am Erlanger Bahnhof erschließt auch Handelsbereiche rund um den Bahnhof und nördlich davon. Für die Streckenführung durch die Innenstadt spricht außerdem, dass der Einzelhandel in der Innenstadt angebunden wird. Wäre das anders, würden wir die Kaufkraft an der Erlanger Innenstadt vorbeifahren, während die Innenstädte von Nürnberg und Herzogenaurach gut erreichbar werden. Die Forderung nach einer Führung abseits der Innenstadt würde also auf eine Selbstschädigung des Handels hinauslaufen. Bei der gewählten Führung sind die Haltestellen Arcaden und Hauptbahnhof die zentralen Schnittstellen zum innerstädtischen Einzelhandel, der damit u.a. aus Büchenbach, Alterlangen und Herzogenaurach viel besser mit dem ÖPNV erreichbar wird als jetzt. Mitarbeitende des innerstädtischen Handels fahren bequem mit der StUB und dem restlichen ÖPNV zur Arbeit, gerade wenn die Parkplätze primär der Kundschaft dienen sollen.

Die wenigsten Handelsbetriebe halten Mitarbeiterparkplätze vor. Gerade in einer Stadt wie Erlangen, wo mehr als die Hälfte der Beschäftigten einpendelt, sind gute ÖPNV-Verbindungen also auch für die Beschäftigten des Handels wichtig – und damit auch für den Handel um in Zukunft überhaupt noch Beschäftigte gewinnen und halten zu können. Ungeachtet dessen hätte auch die früher diskutierte Streckenführung über die Nürnberger Straße vor den Arcaden zu einer veränderten Verkehrsführung geführt. Grund für die Sperrung von 100 Metern der Straße direkt vor den Arcaden ist die fehlende Leistungsfähigkeit der Güterhallenunterführung für den Autoverkehr. Vor allem der Rechtsabbiegestreifen von den Stadtwerken kommend in Richtung ArcadenParkhaus würde nicht tolerierbare Stauraumlängen mit sich bringen, die einen Verkehrskollaps nach sich  ziehen können. Technisch wäre eine Alternative mit Einbahnstraße in der Henkestraße in Richtung Osten möglich gewesen, der Stadtrat hat sich aber mehrheitlich für die komplette Sperrung für den Autoverkehr entschieden, weil dies große Potenziale für die Entwicklung der Erlanger Innenstadt mit sich bringt. Bei der Planung wird darauf geachtet, dass die Innenstadt weiterhin aus allen Richtungen für den Autoverkehr erreichbar ist und ausreichend Parkmöglichkeiten bestehen. Durch die Sperrung vor den Arcaden wird die Henkestraße lediglich vom Durchgangsverkehr entlastet, der für den Handel schädlich ist, weil er die Innenstadt nicht als Quelle oder Ziel der Fahrbeziehung hat und daher keine Umsätze generiert. Gleichzeitig führt dieser Durchgangsverkehr aber zu einer erheblichen Verkehrsbelastung. Die Entlastung der Henkestraße vom Durchgangsverkehr war unabhängig von der StUB ein erklärtes Ziel im Verkehrsentwicklungsplan der Stadt Erlangen, dem Masterplan für die Mobilität bis zum Jahr 2030 in der Stadt.

Der Handel wird sehr von der StUB profitieren, das zeigen sowohl Studien als auch praktische Erfahrungen aus anderen Städten. Konkret für Erlangen geht die aktuelle Planung mit einer Verlängerung der Fußgängerzone einher, die nicht mehr durch eine Ampel im Gebiet der Drogerie Müller unterbrochen wird. Goethestraße, Heuwaagstraße, Hauptstraße und der Hugenottenplatz werden von Bussen entlastet. Der Platz zwischen Arcaden und den Geschäften auf der gegenüberliegenden Straßenseite kann genauso zum klimagerechten Stadtplatz gestaltet werden wie der Hugenottenplatz. Die Innenstadt gewinnt an Aufenthaltsqualität, einer der zentralen Erfolgsfaktoren für die Stadtzentren der Zukunft. Der zweite Kritikpunkt bezieht sich auf die Befürchtung, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis sich durch steigende Kosten, die die Stadt überfordern, verschlechtert. Gerade das Verhältnis zwischen Nutzen und Kosten ist Gegenstand der deutschlandweit vergleichbaren Standardisierten Bewertung. Der Nutzen-Kosten-Faktor von 2,0 der StUB bescheinigt, dass der volkswirtschaftliche Nutzen doppelt so hoch ist wie die Kosten. Dass der Nutzen die Kosten übersteigt, und zwar deutlich, ist damit nach bundesweit einheitlichen Standards erwiesen. In Hinblick auf die Kosten für die Stadt Erlangen verbleibt nach aktuellen Berechnungen ein Eigenanteil von 82 Mio. €, von dem bereits 29 Mio. € verausgabt oder abgerufen sind. Werden die StUB-Planungen beendet, wurde dieser Betrag umsonst investiert. Beim Bau der StUB wird er jedoch auf den Eigenanteil angerechnet, der sich damit auf noch 53 Mio. € verringert. Dieser Restbetrag verteilt sich auf mehrere Jahre und umfasst dann weniger als 10% des städtischen Investitionsbudgets. Der verbleibende Eigenanteil liegt damit z.B. unter den Kosten für den Bau des Berufsschulzentrums, eine städtische Investition in ähnlicher Größenordnung. Finanzielle Risiken des Projektes sind einerseits durch den bereits einkalkulierten Risikopuffer minimiert, zum anderen dadurch, dass die Inflation bei der Ermittlung der Förderfähigkeit durch die Rückrechnung auf den Preisstand 2016 neutralisiert wird. Kostensteigerungen aufgrund von Entwicklungen, die nicht mit der Inflation zusammenhängen (z.B. Umplanungen) sind so lange von der Förderung abgedeckt, wie der Nutzen-Kosten-Indikator über 1 bleibt. Derzeit liegt er bei 2,0. d.h. selbst bei einer in unserem Fall sehr unrealistischen Kostenverdoppelung außerhalb der Inflation, wäre die StUB noch förderfähig. Der dritte Kritikpunkt beinhaltet die Befürchtung, dass die Zugänglichkeit der Innenstadt und ihrer Geschäfte während der Bauzeit „jahrelang“ gefährdet ist.

Es wird kritisiert, dass es noch keine konkreten Planungen zum Umgang mit den Einschränkungen während der Bauzeit gäbe. Wir nehmen diese Befürchtungen sehr ernst und können jederlei Sorge vor Einschnitten verstehen. Der Zweckverband hat sich mit diesem Thema intensiv beschäftigt. Wir haben uns gemeinsam mit der Stadtverwaltung in einer mit Wirtschaft und Politik  entwickelten Beschlussvorlage zum Umgang mit der Bauzeit bereits jetzt dazu bekannt, dass wir gemeinsam mit den Erlanger Wirtschaftsvertretungen dafür Sorge tragen, dass die Erreichbarkeit der Innenstadt inkl. optimierter Parkmöglichkeiten gewährleistet bleibt und die Einschränkungen der Bauzeit  minimiert werden. Details dazu werden im Mai in den politischen Gremien behandelt und anschließend – den Beschluss des Stadtrats vorausgesetzt – weiter ausgearbeitet. Wir streben explizit auch in Zukunft einen konstruktiven Austausch sowohl mit den Wirtschaftsvertretungen, als auch mit den Betrieben selbst an. Grundsätzlich sollte aus Sicht des Zweckverbands eine Baustelle aber kein Grund für eine Positionierung gegen eine Infrastrukturmaßnahme sein. Die aktuell und in der Vergangenheit für einzelne Geschäfte in der Erlanger Innenstadt negativen Entwicklungen sind nicht auf die StUB zurückzuführen. Vielmehr verbessern sich durch eine optimierte ÖPNV Anbindung und die damit einhergehende Stadtentwicklung (Arcadenvorplatz, Hugenottenplatz, Entlastung der Goethe- und Hauptstraße vom Busverkehr) auch die Erreichbarkeit  und Attraktivität der Erlanger Innenstadt, was dem Handel zu Gute kommt.

In Bezug auf die Baustellenzeit, die abschnittsweise gestaltet und so kurz wie möglich gehalten werden soll, können wir als Zweckverband nur daran appellieren, diese kurze Zeit in Kauf zu nehmen, um dann von den ganzheitlichen Verbesserungen in der Innenstadt profitieren zu können, wie es in vielen Städten mit vergleichbaren Vorhaben schon geschehen ist. Im o.g. Positionspapier werden wir uns gemeinsam mit der Stadt Erlangen dazu bekennen, die mit der Bauzeit verbundenen Einschränkungen gemeinsam mit den Wirtschaftsvertretungen zu minimieren. Die Bauzeit in der Innenstadt beläuft sich nach aktuellem Zeitplan auf ca. drei Jahre, beginnend an der Südkreuzung und endend in der Regnitzstadt. Die Baufelder werden so gestaltet, dass sie nicht zu wechselseitigen verkehrlichen Einschränkungen führen. Für die Bauzeit in der Henkestraße gehen wir von unter einem Jahr aus. Nur wenige Geschäfte sind dort als direkte Anlieger betroffen (ein Vorteil gegenüber der früheren Führung über die Nürnberger Straße), mit diesen werden wir frühzeitig intensiv in Austausch treten. Die neue Unterführung neben der bestehenden Güterhallenunterführung wird in Seitenlage erstellt, eine Sperrung der Bahngleise ist aktuell für 7 Tage vorgesehen. Wir als Zweckverband laden alle Gewerbetreibenden der Innenstadt dazu ein, mit uns zu den genannten Themen persönlich in Dialog zu treten.