Aktion der Lebenshilfe Erlangen zum Europäischen Protesttag am 5. Mai

So sieht der Sattelbezug aus
So sieht der Sattelbezug aus

Pressemitteilung der Lebenshilfe Erlangen:

Die Welt dreht sich für alle

Wir hoffen, Ihnen hat der neue Bezug auf Ihrem Fahrradsattel gefallen! Falls Sie sich fragen, was das soll und was dahintersteckt, dann lesen Sie doch ein bisschen weiter … Seit mehr als 30 Jahren ruft die Aktion Mensch am 5. Mai zum bundesweiten Protesttag auf. Überall im Land sollen Aktionen um diesen Tag herum ein größeres Bewusstsein für die Anliegen von Menschen mit Beeinträchtigung schaffen: für ihre Forderungen nach echter gesellschaftlicher Teilhabe, Selbstbestimmung und Inklusion. Das Motto der Aktion Mensch variiert, aber Inklusion, also das selbstverständliche Miteinander aller Menschen, gehört immer dazu. So lautet das Motto der Aktion Mensch in diesem Jahr „Viel vor für Inklusion! Selbstbestimmt Leben – ohne Barrieren.“

Für uns als Lebenshilfe Erlangen ist dieser Protesttag einer der wichtigsten Tage des Jahres. Wir nutzen ihn, um auf unser zentrales Anliegen – eine Gesellschaft für alle – aufmerksam zu machen. Diesmal soll Sie unser Fahrradsattelbezug wachrütteln. Wir möchten Menschen mit Beeinträchtigung in der Öffentlichkeit sichtbarer machen. Zudem möchten wir Bürgerinnen und Bürgern vermitteln, dass Menschen mit Beeinträchtigung gleiche Rechte haben und selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft. Es müssen daher bessere Bedingungen zur Teilhabe geschaffen werden.

Vielleicht sind Sie einem unserer inklusiven Teams begegnet, die Fahrradsättel in der Stadt mit einem Bezug „beglückt“ haben. Darauf zu lesen: Die Welt dreht sich für alle. Also, niemand darf ausgegrenzt werden. Das ist unsere feste Überzeugung, aber Menschen mit Beeinträchtigung haben immer noch Nachteile und nicht die gleichen Chancen, überall dabei sein zu können, sei es im Arbeits-, Schul,- oder Kulturleben.

Europäischer Protesttag 5. Mai: Wir sind dabei

Europäischer Protesttag 5. Mai: Wir sind dabei

So erhält Deutschland auch regelmäßig schlechte Noten für die Umsetzung der seit fast 15 Jahren bestehende UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK). Die aktuelle Prüfung zeigt erneut, dass Deutschland immer noch nicht genug tut, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. Auch im Vergleich zu anderen Ländern fällt die Bewertung von Deutschlands Umsetzungs-Fortschritten in einigen Bereichen deutlich negativer aus als die der anderen Länder im Durchschnitt. Das zeigte eine im Februar 2024 erschienene Studie, die die englische Rechtswissenschaftlerin Dr. Fiona MacDonald im Auftrag der Aktion Mensch durchgeführt hat.

Gerade auch die Chancen für Teilhabe von Menschen mit sogenannter geistiger Beeinträchtigung, die hauptsächlich von unserer Lebenshilfe begleitet werden, sind noch nicht gut. Sie müssen bei allen Entscheidungen, die das eigene Leben betreffen, mit einbezogen werden, sie brauchen barrierefreie Informationen zum Beispiel bei Ämtern und Behörden in Leichter Sprache.

Für uns als Lebenshilfe stehen Selbstbestimmung und Inklusion seit langem im Vordergrund. Selbstbestimmung ist die Voraussetzung für Teilhabe und in der Lebenshilfe reden Menschen mit Beeinträchtigung selbstverständlich mit. Wir haben in der Werkstatt, in der Offenen Behindertenarbeit, im Assistenzdienst und im Wohnen Selbstvertretergremien. Es gibt auch einen Beirat, der den Vorstand berät. Die Zusammenarbeit mit den Selbstvertreterinnen und -vertretern ist für uns sehr wertvoll. Wenn ein Mensch mit Beeinträchtigung selbst sagt, was er braucht, was ihm hilft und was er selbst kann, können wir in diesem Sinne handeln und uns weiterentwickeln. So viel Selbstbestimmung wie möglich mit so viel Hilfe wie nötig. Durch Fortbildungen, durch Persönliche Zukunftsplanung und Assistenz befähigen wir die von uns begleiteten Menschen, ihr Leben soweit wie möglich selbst in die Hand zu nehmen.

Mit Partnerklassen, mit inklusiven Kindergärten, mit Arbeitsplätzen außerhalb der Werkstatt, mit Teilnahme an Kursen in der VHS und in Vereinen sowie an kulturellen Veranstaltungen, setzt die Lebenshilfe Inklusion um und wird diesen Weg weitergehen.

Die Lebenshilfe als Lobbyistin ist mit der Stadt Erlangen und dem Landkreis im regelmäßigen Austausch um Inklusion. Erst im letzten Jahr wurde das Projekt Storybox von der Stadt Erlangen umgesetzt mit anschließender Teilhabe-Konferenz. Viele Menschen mit Beeinträchtigung waren dabei. Sie hatten die Chance, sich zu ihren persönlichen Teilhabemöglichkeiten und -wünschen zu äußern. Daraus ist die Storybox-Broschüre entstanden.

Die Teilhabe-Konferenz war ein weiterer Baustein für mehr Inklusion, Barrierefreiheit und Teilhabe in Erlangen.

Hier einige der wichtigsten Ergebnisse:

  • Für den Bereich Mobilität gibt es einige Verbesserungswünsche im öffentlichen Nahverkehr und Raum. So sollen Busse immer abgesenkt werden und Abtrennungen zwischen Fuß- und Radwegen müssen besser gekennzeichnet werden. Außerdem sind mehr Rollstuhltaxis nötig und es gilt, das Blindenleitsystem nachzubessern.
  • Es fehlt an barrierefreien Restaurants und eine Liste über die vorhandenen wäre hilfreich. Ganz besonders wichtig für Menschen mit Lernbeeinträchtigung ist Leichte Sprache. „Die soll überall angewendet werden. Immer wieder werden zu viele Fremdwörter benutzt und zu schwere Sprache“, so Nadine Karg von der Lebenshilfe.
  • Nach wie vor erleben Menschen mit Beeinträchtigung Diskriminierung. Ein Grund sei, dass man zu wenig über sie weiß und zu wenig Begegnungen stattfinden. Schon Kindern sollte man Wissen über Menschen mit Beeinträchtigung vermitteln. Veranstaltungen für alle, gemeinsame Kurse und inklusive Fortbildungen können ebenso dazu beitragen, mehr voneinander zu wissen und sich kennenzulernen.

Die Lebenshilfe schafft immer wieder Begegnungen und lädt schon jetzt zum Live & Lokal Festival im Erlanger E-Werk am 28. Juni ein.