Pauken und Trompeten für den neuen Erzbischof – und ein Glas mit Gummibärchen
Mit einem festlichen Gottesdienst im Bamberger Dom wurde Herwig Gössl in sein neues Amt eingeführt
Die rund 600.000 Katholiken im Erzbistum Bamberg haben einen neuen Oberhirten. Beim festlichen Einführungsgottesdienst für Herwig Gössl als neuen Erzbischof gab es am Samstag im Bamberger Dom eine musikalische Weltpremiere mit Pauken und Trompeten, viele Glück- und Segenswünsche und am Ende ein Glas mit Gummibärchen.
Der Apostolische Nuntius Nikola Eterovic übergab im Dom dem Domkapitel die Ernennungsurkunde des Papstes, und der emeritierte Erzbischof Ludwig Schick überreichte den Bischofsstab „als Zeichen für Gabe und Aufgabe des neuen Amtes“. Schick wünschte seinem Nachfolger Mut und Gelassenheit, Zuversicht und Geduld. Danach nahm der neue Oberhirte auf der Kathedra, dem Bischofsstuhl, Platz. Seit diesem Moment der „Besitzergreifung“ ist er der 76. Bischof und der 14. Erzbischof von Bamberg. Damit endete nach 16 Monaten und einem Tag die Zeit der Sedisvakanz, die mit dem vorzeitigen Amtsverzicht von Erzbischof Schick am 1. November 2022 begonnen hatte und in der Gössl das Erzbistum bereits als Diözesanadministrator leitete.
Vertreter des Priesterrats und des Diözesanrats bekundeten dem neuen Erzbischof im Namen der Geistlichen und der Gläubigen ihre Treue. Zu den rund 1200 Besucherinnen und Besuchern im Dom zählten auch Ministerpräsident Markus Söder und der bayerische Innenminister Joachim Herrmann sowie zahlreiche Mandatsträger und Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Religionen und Konfessionen. Es herrschten strenge Sicherheitsvorkehrungen. Der knapp zweistündige Gottesdienst wurde live im BR Fernsehen sowie auf Leinwänden in zwei weiteren Bamberger Kirchen übertragen. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst vom Bamberger Domchor, der Mädchenkantorei, der Domkantorei und den Dombläsern unter Leitung von Domkapellmeister Vincent Heitzer. An der Orgel spielte Domorganist Markus Willinger. Zur eindrucksvollen Uraufführung kam die eigens zu diesem Anlass von Michael Wülker komponierte „Missa Bambergensis“.
Gössl kündigte in seiner ersten Predigt als Erzbischof an, sich in den Dienst der Einheit zu stellen: „Wachsende Gemeinschaft mit Gott und von daher auch wachsende Gemeinschaft der Menschen untereinander – darin erkenne ich den Auftrag des Bischofs zu allen Zeiten, auch heute.“ Das bedeute, Menschen in der Ortskirche im Blick zu behalten, auch jene, die sich schon von Kirche abgewandt oder auch noch nie dazugehört hätten. „Der Dienst an der Einheit umfasst alle Menschen guten Willens“, so Gössl. Er wolle auch die Einheit suchen und bewahren mit den Bischöfen der weltweiten Kirche und natürlich mit dem Papst als dem Haupt des Bischofskollegiums. Der Dienst an der Einheit bedeute auch, die weltweite Ökumene zu fördern.
Mit Blick auf die Lage der Kirche zeigte Erzbischof Gössl sich zuversichtlich: „Manche sagen heute, Kirche sei am Kipppunkt, und meinen damit, bald gehe das Schiff unter. Ich aber bin fest überzeugt: Der Herr ist an Bord, und wenn wir uns auf ihn hin orientieren, dann bekommen wir neuen Mut, selbst wenn es um uns herum stürmisch zugeht.“
Als erste Personalentscheidung gab der neue Erzbischof bekannt, dass Prälat Georg Kestel wieder Generalvikar wird. Er hatte dieses Amt bereits von 2006 bis 2022 als Stellvertreter von Erzbischof Schick inne. Domdekan Hubert Schiepek wurde im Amt des Offizials, dem Leiter des Diözesangerichts, bestätigt. Ebenso wurde der gewählte Priesterrat mit seinem Moderator Pfarrer Stefan Alexander wieder eingesetzt.
Für die Deutsche Bischofskonferenz würdigte deren stellvertretender Vorsitzender, der Fuldaer Bischof Michael Gerber, Gössls besonnenen Umgang mit allen Fragen im Zusammenhang mit dem Synodalen Weg. „Du trägst diesen Weg mit und weißt um die Herausforderungen, vor denen wir als Kirche im Ringen um die Einheit der Kirche stehen.“ Dabei gehe es nicht nur um strukturelle Probleme, sondern gerade auch um die Frage, wie sich der Glaube heute glaubwürdig verkünden lassen und wie Christen in dieser Zeit Zeugnis in der Gesellschaft abgeben können.
Ministerpräsident Markus Söder, der gleichaltrig ist wie Gössl, sagte, 57 sei für einen Politiker ein „solides Alter“. Ein Bischof jedoch sei in diesem Alter noch „ein Küken“. Die Staatsregierung stehe ihm in seinem wichtigen Amt an der Seite. Söder drückte das Bekenntnis des Freistaats zur Kirche aus: „Das Land wäre kälter und herzloser ohne das Engagement der Kirche.“ Zugleich rief er die Kirche auf, offensiver den Glauben zu verkünden: „Wie mutig sind wir, wenn wir über den Glauben reden?“ Außerdem dankte Söder dem bisherigen Erzbischof Schick für sein langjähriges Wirken.
Der evangelische Landesbischof Christian Kopp bezeichnete Gössl als guten Zuhörer und betone das gemeinsame Engagement in der Ökumene. Er wünschte sich, dass das Erzbistum Bamberg ein starker Mitstreiter für die Demokratie bleibe. Für den Diözesanrat schenkten die Vorsitzenden Astrid Schubert und Günter Heß dem neuen Bischof ein Glas mit Gummibärchen als Symbol dafür, wie bunt und vielfältig die Katholiken in der Diözese seien. Für die künftige Zusammenarbeit wünschten sie sich Vertrauen und einen regen Austausch.
Der Bamberger Oberbürgermeister Andreas Starke verriet, dass er auch gerne Gummibärchen nasche. Er hoffe daher, dass Gössl zum nächsten Gespräch das Geschenk des Diözesanrats mitbringe. Zum neuen Erzbischof sagte Starke: „Sie wissen, wo die Glocken hängen und vor allem auch, wie sie klingen.“ Der Erzbischof sei für die Stadt wichtigster Ansprechpartner für Sozial- und Bildungspolitik. Zugleich begrüßte Starke, dass auch der neue Erzbischof das Engagement gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus sowie für Demokratie und interreligiösen Dialog fortsetze.
Der Münchner Erzbischof, Reinhard Kardinal Marx, sagte, Gössl sei kein Strippenzieher im Hintergrund, sondern eine „ehrliche Haut“ und den Menschen zugewandt. Er gehe den Sachen auf den Grund, wäge ab und urteile erst dann. Er sei auch bereit, seine Meinung in Frage zu stellen und zu ändern. Der Kardinal wünschte dem neuen Erzbischof, dass er immer offen bleibe für Veränderungen. Mit Blick auf das Papstgrab von Clemens II. hinter dem Bischofsstuhl sagte Marx, ein Bamberger Bischof sei schon mal Papst geworden. Dann scherzte der Kardinal: „So schlimm muss es ja nicht werden.“ (Harry Luck)
Biografie:
Herwig Gössl wurde am 22. Februar 1967 in München geboren und wuchs in Nürnberg auf. 1986 trat er ins Bamberger Priesterseminar ein und wurde 1993 von Erzbischof Elmar Maria Kredel zum Priester geweiht. Nach vier Jahren als Kaplan in Bayreuth, St. Hedwig, wurde er im September 1997 zunächst zum Pfarradministrator und schließlich zum Pfarrer der Pfarreien Hannberg und Weisendorf im Dekanat Erlangen ernannt. 2007 berief ihn Erzbischof Schick zum Subregens im Bamberger Priesterseminar; ein Jahr später wurde er als Subregens im Würzburger Priesterseminar bestätigt. Seither wirkte er als Bindeglied zwischen den beiden Diözesen, die in der Priesterausbildung eng zusammenarbeiteten. Gleichzeitig war Gössl für die Berufseinführung der Kapläne im Erzbistum Bamberg zuständig. Am 24. Januar 2014 ernannte Papst Franziskus Gössl zum Weihbischof in Bamberg. Er wurde auch Bischofsvikar für die Caritas und Dompropst. Später übernahm er die Leitung des Seelsorgeamtes. Am 9. Dezember 2023 ernannte ihn Papst Franziskus zum 76. Bischof und 14. Erzbischof von Bamberg.
„Söder drückte das Bekenntnis des Freistaats zur Kirche aus: ‚Das Land wäre kälter und herzloser ohne das Engagement der Kirche.‘ Zugleich rief er die Kirche auf, offensiver den Glauben zu verkünden: ‚Wie mutig sind wir, wenn wir über den Glauben reden?'“
Zweifellos mangelt es der Kirche bislang an der offensiven Verkündung des Glaubens. In der Öffentlichkeit ist eher die Verkündung moralischer Ansprüche an die Lebensführung zu vernehmen, und zwar nicht mit glaubwürdig vertretenen Begründungen, sondern als Einforderung von Gehorsam. Wenngleich die Rigorosität früherer Zeiten nur noch selten vorkommt, ist die Parallele zu fundamentalistischen Strömungen, wie sie auch in anderen Religionen zu beobachten sind, nicht zu übersehen.
Glücklicherweise läßt der neue Erzbischof erwarten, daß die Kirche ihren Reformprozeß vorantreibt. Daß es nicht allen schnell genug gehen wird, ist unvermeidbar. Schließlich soll keine Abspaltung erfolgen, sondern eine Entwicklung in der gesamten Weltkirche verankert werden.
Das Bekenntnis des Freistaats zur Kirche ist zwar richtig und notwendig, darf jedoch nicht einseitig bleiben. Denn Aufgabe der weltlichen Regierung ist, das Miteinander der Konfessionen, Religionen
und Weltanschauungen zu gewährleisten. Staatliche Verordnungen religiösen Inhalts wie die vorgeschriebenene Anbringung des Kreuzes in allen öffentlichen Einrichtungen widersprechen diesem Neutralitätsgebot und sind geeignet, das gedeihliche Miteinander empfindlich zu stören. Letztlich untergräbt eine solche Verpflichtung jegliche Glaubwürdigkeit der Verkündigung.
Die Kirche leistet vieles zu Gunsten des Gemeinwesens und kommt damit dem Auftrag Gottes nach. Dies adäquat auch in der Öffentlichkeit darzustellen, überzeugt weit mehr als eine staatliche befohlene Zur-Schau-Stellung religiöser Symbole. Diese zeugt eher von Schwäche und mangelndem Selbstbewußtsein.