Haushaltsrede der Freien Wähler im Stadtrat Forchheim 2024

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, werte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrats,
sehr geehrte Kämmerin Frau Kohlmann-Hubert, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
der Verwaltung, sehr geehrte Medienvertreter und Gäste,

eine eigenartig depressive Stimmung hat unser Land erfasst. Faktisch betrachtet, sind wir inmitten einer rezessiven Phase, das Wirtschaftswachstum betreffend, befindet sich Deutschland mittlerweile am Ende aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die weltpolitische Lage trägt daran ebenso Anteil wie die in vielen Bereichen verfehlte, und irrlichternde Politik der Ampelregierung. Die Inflation spürt jeder im Geldbeutel. Energie und die laufenden Kosten für beispielsweise Lebensmittel und Mieten haben sich verteuert, viele Menschen brauchen mehrere Jobs, um sich und die Familie über Wasser zu halten. Die Infrastruktur verlottert und das macht sich zunehmend auch im Straßenbild bemerkbar. Die Stimmung im Land ist aggressiver geworden, die Lebensqualität geringer. Allenthalben ist spürbar, dass Deutschland sich im Abstieg befindet. Sowohl Bürger als auch die Wirtschaft ärgert, wie ungerührt die Regierung die Verteuerung des täglichen Lebens und die Verflüchtigung unseres Wohlstands hinnimmt.

Diese Entwicklung macht auch vor den Gebietskörperschaften, sprich den Gemeinden, Städten und Landkreisen nicht halt. Geplante Gegenmaßnahmen, wie sie etwa im Wachstumschancengesetz enthalten und grds. begrüßenswert sind, gehen letztendlich wieder zulasten der Kommunen, die von hohen Gewerbesteuerausfällen ausgehen müssen. Am Ende bezahlen meist die Kommunen die Rechnung für eine verfehlte Politik, sie tragen beispielsweise die Hauptlasten der Migration aber auch bei der Umsetzung staatlich verordneter Pflichtaufgaben wie etwa der Zurverfügungstellung ausreichender Kita-Plätze. Als hätten Kommunen nicht eh schon genug zu tun: Straßen- und Brückenunterhalt, Wohnraumschaffung, dazu Sachaufwandsträgerschaften wie beispielsweise der Unterhalt von Grund- und Mittelschulen oder auch die Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung sowie die Unterstützung der lokalen Kulturlandschaft, der Vereine und des Ehrenamtes. Die Aufgabenfülle ist enorm und da kann man auch schon mal den Überblick verlieren.

Nach einigen in finanzieller Hinsicht äußerst ertragreichen Jahren, in denen Forchheim notwendige Investitionen abschließen, weitere anschieben und den Schuldenstand deutlich reduzieren konnte, muss sich die Stadt nun mehr denn je darauf besinnen, die Haushaltsführung sparsam, wirtschaftlich und strategisch vorausplanend zu gestalten.

Waren im abgelaufenen Haushaltsjahr keine Kreditaufnahmen erforderlich und der Schuldenstand konnte um rund 2,7 Mio Euro abgebaut werden, sieht der vorliegende Haushaltsentwurf trotz großer Sparbemühungen eine Neuverschuldung von 17,5 Mio Euro in 2026 und von 14 Mio Euro in 2027 vor. Weil Kredite nach der Bayer. GO nur für Investitionen und nicht für konsumtive Ausgaben aufgenommen werden dürfen, kommen wir in ein Genehmigungsverfahren, weil im Finanzplan auch Verpflichtungsermächtigungen vorgesehen sind.

Die aktuelle Situation ist durchaus ernst: Der Entwurf des HH 2024 weist im Finanzhaushalt bei der laufenden Verwaltungstätigkeit ein Defizit von über einer Mio Euro aus, somit ergibt sich keine freie Spanne bei der Zuführung zum Investitionsplan. Erforderlich ist generell der Blick auf unsere liquiden Mittel, gerade auch im Investitionsplan. Anfang 2024 betrugen diese über 88 Mio Euro, das klingt vordergründig gut, ist aber bei weitem nicht ausreichend für alle geplanten Vorhaben. Viele von diesen sind hinsichtlich Planung und Umsetzung weit fortgeschritten, da können wir nicht mehr zurückrudern. Unsere Liquidität ist beinahe verbraucht, was bedeutet, dass für neue Projekte Kreditaufnahme erforderlich sein werden.

Wir müssen diese Entwicklung genau beobachten, laufen wir ansonsten Gefahr, gerade auch im Ergebnishaushalt, der bei der Betrachtung der Liquidität nicht ausgeglichen ist, in eine andauernde strukturelle Unterfinanzierung zu geraten und unsere Rücklagen vollends aufzuzehren. Wir haben uns in guten Jahren übernommen, die Belastungen, die wir uns auferlegt haben, sind b. a. w. zu hoch.

So haben wir im guten Glauben Stellenmehrungen im dreistelligen Bereich beschlossen.

Dadurch sollte einer erkennbaren Überlastung der Verwaltung begegnet aber auch unser Wunsch nach einer modernen, bürgerfreundlich orientierten Dienstleistung umgesetzt werden.

Das holt uns jetzt ein. Horrende Steigerungen bei den Personalkosten um rund 3,9 Mio Euro sind einerseits tarifabschlussbedingt, andererseits natürlich auch der Personalmehrung per se geschuldet. Mit knapp 36 Mio Euro, für 2027 prognostiziert gar 38 Mio Euro, sind die Personalkosten einer der großen Faktoren in unserem HH 2024 ff., weshalb wir, wenn überhaupt, künftig nur noch Stellenmehrungen zustimmen werden, die Einnahmen generieren bzw. Ausgaben reduzieren helfen.

Ein weiterer erheblicher Kostenfaktor ist die Kreisumlage, die im Kreisausschuss von ursprünglich geplanten 45,5 auf nun 44 Prozentpunkte gedrückt werden konnte. Das spart Forchheim als den größten Umlagenzahler bares Geld. Aber auch hier sagen wir: Die finanzielle Situation des Landkreises ist ebenso angespannt, von einer höheren Bezirksumlage zusätzlich belastet und auch hier erfolgte eine Priorisierung und Fokussierung auf das Wesentliche und unabdingbar Erforderliche, während geplante Vorhaben auf spätere Jahre verschoben oder gar gestrichen wurden.. Eine Schuldzuweisung bzw. Kritik in Richtung Landkreis halten wir deshalb für unangemessen, wir sehen es vielmehr so, dass wir in einem Boot sitzen und das Motto „leben und leben lassen“ lauten muss.

Problematisch wird zusehends der Verlustausgleich des Klinikums, bei welchem wir als Stadt neben dem Landkreis als Gewährsträger für die Ver. Pfründnerstiftungen einstehen müssen.

Ca. 2,1 Mio Euro heißt das für unsere Stadt, abzuwarten ist, wie sich die Krankenhausstrukturreform und die künftige Krankenhausfinanzierung auswirken werden.

Gleichwohl sich die Einnahme bei der Gewerbesteuer erfreulicher gestaltet als ursprünglich erwartet und auch die Kreisumlage niedriger ausfallen wird, haben wir aufgrund der rezessiven Lage, der allgemeinen Kostensteigerungen und insbesondere der Mehraufwände bei Personal, Energie und im Bauwesen, eine Situation erreicht, in der die Einnahmen halbwegs konstant bleiben, die Kosten dagegen in die Höhe schießen. Das stimmt uns bedenklich.

Werden wir nicht präventiv tätig, steuern wir nicht alsbald dagegen, droht uns eine strukturelle Unterdeckung und deshalb wäre es verantwortungslos, nicht über Gebührenanpassungen und eine Steigerung der sonstigen Einnahmen etwa bei Mieten bzw. Pachten nachzudenken. Hier erwartet unsere Fraktion noch in diesem Jahr konkrete Vorschläge seitens der Verwaltung.

Eine Nachjustierung der Hebesätze lehnen wir in Anbetracht der generell für Bürger und Unternehmen angespannten Lage derzeit ab, können diese aber bei dauerhaft problematischer Haushaltssituation für die Zukunft nicht gänzlich ausschließen. Letztendlich müssen wir unserer Verantwortung für eine solide Haushaltsführung gerecht werden und das heißt auch, ggf. auch bei freiwilligen Leistungen einzukürzen.

Trotz der vergangenen guten Jahre haben wir einen Investitionsstau von rund 340 Mio Euro.

Vieles wäre wichtig, ja sogar zwingend notwendig, aber unser Spielraum ist deutlich kleiner geworden.

So müssen wir Maßnahmen gänzlich zurückstellen, uns bei anderen nur auf die Planung beschränken oder Vorhaben in Teilausführungen über Jahre spreizen. Hier rächt sich, dass in guten Zeiten in vielen Bereichen nicht mit Nachdruck geplant und abschließend umgesetzt wurde, denn in der Zwischenzeit haben sich die Planungs- und Gestehungskosten erheblich verteuert.

Beispiel Kolpinghaus: Eine Fehlentscheidung war schon der damalige Abschluss eines Erbpachtvertrags auf 99 Jahre. Diese Laufzeit ist ungewöhnlich und bürdet nachfolgenden Generationen eine zusätzliche Last auf. Zwischenzeitlich wissen wir um die in weiten Teilen marode, dringend sanierungsbedürftige Bausubstanz, die Abermillionen Euro verschlingen wird, Geld, das wir nicht haben. Seit Jahren ungenutzt bzw. nur eingeschränkt verfügbar, zahlen wir zudem einen p.a. 5-stelligen Betrag nur für den Erbpachtzins. Die Sanierungs- und Umgestaltungsplanungen wurden bis heute unzureichend konkretisiert, ja lange Zeit regelrecht verschleppt. Erst im Sommer 2023 wurde man bei der Regierung von Oberfranken vorstellig, um potenzielle Fördermitteln anzufraqen. Dass man sich hierbei eine Backpfeife einhandelte, verwundert nicht in Anbetracht der Tatsache, dass anstatt eine belastbare Planung in der Tasche zu haben, man lediglich im Ungefähren bzw. Unverbindlichen verblieb.

Ich sage es an dieser Stelle deutlich: Ob überhaupt eine Bezuschussung möglich ist, steht in den Sternen, ja sie wird seitens der Regierung sogar kritisch gesehen. In der Zwischenzeit laufen uns die Kosten für die künftig notwendige Sanierung davon, wir zahlen weiterhin brav den Erbpachtzins und die Kulturschaffenden schauen nach wie vor in die Röhre. An dieser Stelle sei an den gemeinsamen Antrag der FW, SPD und der JB erinnert: Wir fordern darin, zumindest parallel die Planungen für den möglichen Standort einer neuen, modernen und multifunktional nutzbaren Stadthalle aufzunehmen, ohne hierbei die konzeptionelle Weiterentwicklung für das Kolpinghaus zu vernachlässigen. Wir brauchen einen Plan B, wenn es nicht so kommen sollte, wie von den Kolpinghaus – Befürwortern erhofft. Vielleicht wäre mit einem realistischeren Blick auf ein ggf. abgespecktes Nutzungsspektrum und einen auf das zwingend notwendige Maß beschränkten Sanierungsumfang, eine kleinere, kostensenkende Lösung denkbar, die auch fördermittelfähig und zeitnah zu realisieren wäre. Wer im Stadtrat um Einsparungen im Bereich weniger tausend Euro kämpft, darf sich auch dieser Diskussion nicht mehr verschließen. Wir fordern deshalb eine den Tatsachen ins Auge sehende, von reinem Wunschdenken losgelöste Debatte über die Zukunft des Kolpinghauses.

Abgesehen davon, müssen wir unsere angedachten Maßnahmen deutlicher als bisher erforderlich priorisieren.

Wir benötigen einen Haushaltsplan, der einerseits die Erfüllung von Pflichtaufgaben wie etwa die Schaffung hinreichender Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulerweiterungen aber auch infrastrukturfördernde Maßnahmen wie Rathaussanierung, Verwaltungsneubau, Stärkung der Maßnahmen im Bereich der Sicherheit (insbesondere Hochwasserschutz Kersbach, Feuerwehrwesen) vorsieht und andererseits Aufgaben wie die Schaffung ausreichenden Wohnraums, die Ermöglichung weiterer Gewerbeansiedlungen, den Klimaschutz, die Kulturförderung und verkehrskonzeptionelle Maßnahmen nicht aus den Augen verliert. Nicht alles können wir gleichzeitig realisieren, aber in einer Krisensituation ist es wichtig, unbeirrt Schritt für Schritt voranzuschreiten, fallen diese auch kleiner aus.

Verabschieden wir uns hierbei von ideologisch geprägten Präferenzen, versuchen wir doch vielmehr, den Konsens darin zu finden, einen Haushaltsplan aufzustellen, der ausgewogen darauf abzielt, unsere Stadt effizient, technologisch fortschrittlich, bürgerfreundlich, wirtschaftsfreundlich, klimafreundlich sowie sozial und kulturell attraktiv und auch inklusiv zu gestalten. Hier muss jede Fraktion bereit sein, nicht auf einer Maximallösung zu beharren sondern Kompromisse einzugehen. Letztere vermissen wir Freie Wähler zunehmend, denken wir an Debatten, in denen gebetsmühlen- und reflexartig Photovoltaikanlagen und Klimafonds ohne jegliche konzeptionelle Grundlagen- und Bedarfsermittlung gefordert wurden, ideologisch geprägte Sichtweisen bei der Erstellung des Verkehrskonzeptes sich gegen eine sinnvolle, Bürgern aber auch innerstädtischen Gewerbetreibenden vermittelbare und verträgliche Lösung stemmten oder aus alten Zeiten stammende Vorbehalte die Unterstützung so mancher Kulturtreibenden einzubremsen versuchten.

Der Ton in der Welt ist rauer geworden. Das lässt sich eins zu eins auch auf den Umgang untereinander im Stadtrat übertragen: Sichtweisen, die nicht mit der eigenen übereinstimmen, langen aus, um etwa Fraktionen, die kein Gendern in der Verwaltungssprache wollen, an den rechten Rand zu stellen, indem man diesen unterstellt, die Arbeit der AfD zu verrichten. Dies alles ist nicht nur Ausdruck einer intoleranten Haltung anderen Meinungen gegenüber, sondern auch ein mittlerweile bei Parteien des linken Lagers weit verbreiteter Beißreflex. Inhaltlich substantiiert ist diese Verortung nicht, man bedient vielmehr Klischees und möchte provozieren. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass die beantragenden Fraktionen samt den dahinter stehenden Parteien seit Jahrzehnten verlässlich und völlig unverdächtig auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen und deshalb nicht im gleichen Atemzug mit der AfD genannt werden möchten! Vertrauen wir doch künftig darauf, dass die Pluralität von Sichtweisen und Meinungen auch etwas Gutes hervorbringen kann. Immer dann, wenn das Beste von allen einfließt, ein breiter Schulterschluss besteht, weil man aufeinander ein- und zugeht, kann Großes entstehen.

Diskussionen müssen sein, manches Mal dürfen diese auch gerne etwas hitzig werden, aber auch dann sollten wir uns vor Augen halten, dass wir alle nur das Beste für unsere Stadt wollen und es deshalb nicht in den persönlichen Bereich abrutschen darf.

Die größte Kompromissfähigkeit wird uns der Haushalt 2024 und der der Folgejahre abverlangen. Dann wird sich zeigen, wer sich professionell, lösungsorientiert und ideologiefrei einbringt und wer fähig ist, tragfähige Kompromisse einzugehen.

Einen breiten Schulterschluss mit einer Ausnahme haben wir ja bereits: Unser klares Bekenntnis zur Demokratie, für ein alternativloses Festhalten an der Idee der wertebasierten Europäischen Union und unsere klare Ablehnung gegen extremistische und radikale Bestrebungen jeglicher Art.

Abschließend:
Wir FREIE WÄHLER stimmen dem Haushaltsplanentwurf 2024 samt allen seinen Teilbereichen und auch den stiftischen Haushalten zu. Wir bedanken uns bei Ihnen Herr Oberbürgermeister, bei Ihren Stellvertretern Frau Dr. Prechtel und Herrn Schönfelder, bei allen Kolleginnen und Kollegen der Verwaltung und explizit auch bei der Kämmerei, die uns trotz des erheblichen Kraftaktes in Folge eines bedauernswerten personellen Ausfalls über Monate einen genehmigungsfähigen Haushalt vorgelegt hat. Wir bedanken uns auch bei den Medienvertretern für ihre meist objektive, wenn auch gelegentlich von persönlichen Einstellungen eingefärbte Berichterstattung und natürlich auch bei Ihnen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates für die überwiegend konstruktive Zusammenarbeit.

Gez.
Manfred Hümmer
Ludwig Preusch
Erwin Held