Weihbischof Gössl: „An Weihnachten ist Gott uns schweigend nahe“

Weihbischof Herwig Gössl © Dominik Schreiner
Weihbischof Herwig Gössl © Dominik Schreiner

Der Diözesanadministrator erinnert in seiner Predigt an die Opfer von Gewalt, Krieg und Missbrauch / Prälat Kestel: „Weihnachten ist historisches Faktum“

Der Bamberger Diözesanadministrator Weihbischof Herwig Gössl sieht in Weihnachten das Fest des schweigenden Wortes Gottes, das Trost und Hoffnung spendet. Mit dem Kind in der Krippe sei das Wort Gottes Fleisch geworden. „Doch das Wort blieb stumm. Denn Gott wurde Mensch als ein Säugling, der erst mühsam das Sprechen lernen muss“, sagte Gössl in seiner Predigt am ersten Weihnachtstag im Bamberger Dom. „Gott steht durch sein schweigendes Wort allen zur Seite, die aus verschiedenen Gründen keine Worte finden, und hält all diese Lebenssituationen mit aus“, fügte der ernannte Erzbischof hinzu.

Gott stelle sich mit seinem Schweigen an die Seite all derer, die auf unterschiedliche Weise zum Schweigen gebracht werden. Gössl nannte die Opfer von Gewalt und Terror sowie Vergeltungsschlägen und Kriegen im Nahen Osten und vielen anderen Orten in der Welt. Er erinnerte auch an die Opfer sexualisierter Gewalt: „Menschen, die von Tätern mundtot gemacht werden und die oft ihr ganzes Leben lang schweigen über die Gewalt, die viele schon als Kinder und Jugendliche erfahren haben, die schweigen, weil sie das Geschehene verdrängen, aus Scham und Verzweiflung, die keine Worte fanden für die Verbrechen, die ihnen angetan wurden.“

Gottes ewiges Wort sei Fleisch geworden, nicht um uns zu belehren, sondern um uns schweigend nahe zu sein, wo Worte versagen, so Weihbischof Gössl. „An Weihnachten dürfen wir feiern, dass Gottes schweigendes Wort und das Licht seiner schweigenden Gegenwart in all dem Dunkel unserer Tage leuchten und dass alles Dunkel dieser Welt dieses Licht niemals ersticken wird.“

Am Heiligabend bereits sagte der Ständige Vertreter des Diözesanadministrators, Prälat Georg Kestel, in seiner Predigt in der Christmette, an Weihnachten gehe es nicht um ein Lichterfest oder den Weihnachtsmann, sondern um das historische Faktum der Geburt Jesu. Das Weihnachtsevangelium sei kein beliebiges Kapitel aus dem Buch der Sagen und Überlieferungen. Die geschichtliche Basis von Geburt, Leben und Sterben Jesu sei ein fester Anker des Vertrauens, ein Boden, auf dem Glaube, Hoffnung und Liebe wachsen können. „Weihnachten schenkt somit einen Mehrwert über den Alltagshorizont hinaus“, so Kestel.

Weihnachten sei auch viel mehr als die Pflicht zur Humanität oder die Feier der Mitmenschlichkeit. „Das Fest ist der Hinweis, dass alles Humane letztlich nichts ist ohne Gott.“ Weihnachten fordere die Menschen zur Stellungnahme heraus. „Und Bethlehem ist heute immer dort, wo Menschen sich im Namen Christi versammeln, um lebendige Kirche zu sein.“