Sonntagsgedanken: Licht
Es war einmal ein Gefangener, der schon viele, viele Jahre in einem dunklen Kerker saß, in den kein bisschen Licht drang. Ein griesgrämiger Wärter schob ihm wortlos das Essen durch die Türe. Doch eines Tages war etwas anders, ganz anders: Der Wärter grüßte ihn freundlich und reichte ihm das Essen. Dadurch ermutigt, fragte der Gefangene, ob er ihm einen Wunsch erfüllen könnte. „Gerne“, meinte der Wärter. Und der Gefangen sagte, dass er so gerne einmal wieder den Schein einer Kerzenflamme sehen wollte. „Den Wunsch würde ich dir gerne erfüllen“, erwiderte der freundliche Wärter, „aber du bist schon so lange im Dunkeln, du würdest die Kerzenflamme ja gar nicht mehr ertragen. Das Licht wäre so grell für dich, es würde dich blenden, und deine Augen würden brennen. Aber gib acht, so könnte es gehen: Schau mir jetzt ganz einfach in die Augen!“ Ganz erwartungsvoll blickte der Gefangene daraufhin in die Augen seines Wärters. Und dieser entzündete ein Licht hinter dem Rücken jenes Mannes. Und der Wärter hielt das Licht so, dass sich die kleine Flamme jener Kerze in seinen eigenen Augen spiegelte. Überglücklich schaute der Gefangene seinem Gegenüber in die Augen und er sah das Spiegelbild, das Spiegelbild der Kerze, in den Augen seines Wärters.
Liebe Freunde,
es gibt so viele Lichter, gerade in der Adventszeit, Lichter, die uns regelrecht blenden. Diese Erfahrung kann ich oft machen, wenn ich mit meinem Hund abends bei Dunkelheit durch den Wald laufe. Kommen wir dann wieder in unser Dorf zurück, dann blenden die Lichter der Autos und der Straßenlaternen.
Aber in der nächsten Woche feiern wir ein ganz anders Licht: das Licht der Welt und das, das die Finsternis der Welt und der Herzen erhellen möchte.
Und damit uns dieses Licht nicht blendet und wehtut, erscheint es uns nur indirekt, in einem kleinen Kind in der Krippe.
Doch nicht nur in einem Kind, auch in ganz anderen, kleinen, oft unscheinbaren Dingen können wir dieses Licht – SEIN Licht – erkennen.
Probieren Sie es in den kommenden Tagen ganz einfach selbst einmal aus. Schauen Sie einem anderen ganz einfach in die Augen, einem Kind etwa. Schauen Sie z.B. nur einem Kind, das unter dem Weihnachtsbaum steht, einmal ganz einfach tief in seine Augen.
Und ich bin mir ganz sicher, Sie werden etwas von dem Glück, von der Zufriedenheit, von der Güte und Wärme entdecken, etwas von der Liebe unseres Gottes, wenn auch nicht so direkt, als wenn Sie in eine Kerzenflamme blicken würden, sondern im Spiegel der Augen eines anderen. Und Sie können selbst auch so ein indirektes Licht sein für andere.
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete restliche Adventszeit!
Klaus Weigand
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Infos zu Pfarrer Klaus Weigand
- Geboren 1966 in Erlenbach am Main (Unterfranken)
- Abitur am Theresianum in Bamberg 1989
- Studium der Kath. Theologie in Bamberg und Wien
- Priesterweihe 1998
- Tätigkeiten:
- Fürth, Christkönig von 1997 – 2010
- Buckenhofen als Pfarradministrator 2010 – 2015
- seit 2015 in Heroldsbach und Hausen
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