Ergebnisse der Jugendbefragung im Landkreis Wunsiedel
Jugendbefragung des Landkreises ist ausgewertet: Ergebnisse und Handlungsempfehlungen
Die landkreisweite Jugendbefragung, die im vergangenen Jahr stattgefunden hat, ist ausgewertet. Martin Reschke und Svenja Faßbinder von der Kommunalen Jugendarbeit des Kreisjugendamtes haben sich die Zahlen und Antworten intensiv vorgenommen, eingeordnet und Handlungsempfehlungen abgeleitet. Im Mai 2022 wurden alle 14-, 16- und 18-Jährigen, die im Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge wohnen, mit einem achtseitigen Fragebogen angeschrieben und um ihre Sicht ihrer Lebenswelten gebeten. 709 Antworten wurden zurückgesendet, das entspricht einer Rücklaufquote von knapp 37 Prozent. Sehr viele der befragten Jugendlichen wussten es sehr zu schätzen und waren dankbar, dass gerade ihre Meinung den Landkreis interessiert.
In der Umfrage wurden verschiedene Themenbereiche abgefragt, wie z.B. Freizeit, Mobilität, Beteiligung, Probleme im Umfeld, Finanzen und Bleibe- und Rückkehrperspektiven. Die Auswertung zeigt, dass in allen Bereichen Handlungsbedarf besteht, sodass ein jugendgerechteres Aufwachsen ermöglicht oder verbessert werden kann. Aufschlussreich war außerdem, dass knapp 20 Prozent der befragten Jugendlichen in einem alleinerziehenden Haushalt aufwachsen.
Im Themenbereich „Freizeit“ zeigte sich, dass der Konsum von Medien (v.a. Streaming und Social Media) sowie den Freundeskreis treffen und/oder „draußen sein“, aber auch – abhängig von der Altersgruppe – Aktivitäten mit der eigenen Familie, die beliebtesten beziehungsweise häufigsten Freizeitaktivitäten sind. Auch Sport genießt einen relativ hohen Stellenwert. Nach Ansicht der Jugendlichen sind folgende Angebote ausreichend im Landkreis vorhanden: Büchereien, Schwimmbäder, Vereinsangebote und Skate-/Bikeparks. Bei den Bedürfnissen und Wünschen waren die meisten Nennungen: Konzerte/Veranstaltungen, Orte zum Chillen, Cafés/Kneipen/Clubs, Einkaufszentren und Parks. Da der Konsum von Social Media und Streamingangeboten einen Großteil der täglichen Freizeitaktivitäten junger Menschen ausmacht, ist es somit wichtig, den Erwerb von Medienkompetenzen zu ermöglichen. Dies gilt sowohl für die Jugendlichen selbst, als auch für ihre Eltern. Neben dem eigenen Zuhause oder dem Zuhause des Freundeskreises sind öffentliche Plätze und Parks die beliebtesten Treffmöglichkeiten von Jugendlichen. Allerdings fühlen sie sich dort aus verschiedenen Gründen oft auch unwohl. Eine der daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen ist, öffentliche Plätze und Parks zum einen jugendgerecht (also für Jugendliche attraktiv) und zum anderen sicher (z.B. gut beleuchtet) zu gestalten.
„Mobilität & ÖPNV“ ist ein Thema, das alle Generation im Landkreis betrifft und bewegt – so auch die Jugendlichen. Ein gutes Angebot des Landkreises ist hier z.B. das „fichtelfifty“ (früher bekannt als „Fifty-Fifty Taxi“), doch es zeigte sich, dass es bei der betreffenden Zielgruppe kaum bekannt ist. Es empfiehlt sich daher z.B. eine zielgruppengerechtere Bewerbung der ÖPNV-Angebote. Weitere Empfehlungen, die sich aus den Antworten zum Thema „Mobilität“ ableiten lassen, sind z.B. einfache und angebotsübergreifende (Online-)Ticketbuchungssysteme, anlassbezogene Mobilitätsangebote (z.B. bei Veranstaltungen) und auch der weitere Ausbau von sicheren Geh- und Fahrradwegen.
Im Themenbereich „Kommunale Jugendbeteiligung“ stellt sich heraus, dass gewählte Jugendparlamente oder Jugendsprechstunden mit jeweils 4,7 Prozent nicht unbedingt als attraktive Beteiligungsform wahrgenommen werden. Interessanter finden die Jugendlichen „Aktionen in einem ortsansässigen Verein/Verband mit 19,8 Prozent, gefolgt von Umfrageaktionen mit 16,1 Prozent und der Mitwirkung bei einzelnen Projekten mit 15,9 Prozent. Es lässt sich aus diesen und weiteren Antworten ableiten, dass Jugendbeteiligung altersangemessen, niederschwellig, motivierend und zeitlich überschaubar gestaltet werden sowie vor allem auch etwas bewirken sollte.
Die am häufigsten genannten Probleme, die junge Menschen in ihrem Umfeld wahrnehmen, sind neben dem Konsum von Tabak, Alkohol und (weiteren) Drogen vor allem Stress beziehungsweise der Druck, gute Noten/Leistungen zu erbringen. Abhilfe schaffen könnten hier unter anderem Lernsettings mit gezielten und individuellen Fördermaßnahmen, eine aktivere Beteiligung am Unterricht, die sogenannte „Peer-to-Peer Education“ im schulischen und außerschulischen Bereich, die Einrichtung von Anlaufstellen für Hilfsangebote an allen Schulen, die Förderung von Präventionsangeboten im Bereich psychischer Resilienz, die Schaffung von inner- und außerschulischen Rückzugsorten ohne Leistungsdruck sowie eine ausreichende personelle und finanzielle Ausstattung der Suchtpräventionsfachstellen.
Da die am meisten genannte finanzielle Bezugsquelle Taschengeld ist, stehen junge Menschen in großer Abhängigkeit zur Einkommenssituation der Eltern. Für junge Menschen, die keinen angemessenen finanziellen Hintergrund haben, kann diese Situation zu einer erhöhten Belastung führen. Daher ist es wichtig, Räume bereitzustellen, die frei von Konsumzwang sind. Außerdem ist es wichtig, dass junge Menschen weniger vom familiären Einkommen geprägt werden und so gleichwertige Teilhabechancen im Bereich der Bildung, aber auch im Bereich der Freizeitgestaltung erlangen.
Die Jugend ist das Lebensalter, in dem die Weichen für das Leben gestellt werden. Wie erfolgreich junge Menschen die Herausforderungen meistern, denen sie in einem rasanten gesellschaftlichen Wandel gegenüberstehen, hängt unter anderem von den örtlichen politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Vor dem Hintergrund des demografischen und strukturellen Wandels, der zu lösenden Aufgaben der Generationengerechtigkeit, der offenen Fragen zu gleichberechtigter sozialer Teilhabe junger Menschen oder zur Sicherung der Sozialsysteme ist es daher wichtiger denn je, den Interessen und Bedürfnissen von jungen Menschen in ihren Kommunen mit besonderer politischer Aufmerksamkeit zu begegnen. Denn diese bestimmen wesentlich die Möglichkeiten und die Begrenzungen der Persönlichkeitsentwicklung, den Erwerb lebensrelevanter Kompetenzen und die (sozialen) Teilhabechancen.
Alle aufbereiteten Antworten und Ergebnisse, die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen sowie die „nackten“ Zahlen und Antworten der landkreisweiten Jugendbefragung wurden durch die Kommunale Jugendarbeit in einer Broschüre dokumentiert und dem Landrat sowie allen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern übergeben. Diese Broschüre kann außerdem auf der Webseite des Landkreises heruntergeladen werden: https://www.landkreis-wunsiedel.de/file/jugendbefragung-final-24-8-2023.pdf
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