Seltener Patient in der Coburger LBV-Greifvogelauffangstation
Verletzter Steinkauz wird wieder freigelassen
Ein seltener gefiederter Patient wurde nun in der Greifvogelauffangstation des LBV Coburg gesund gepflegt und wieder frei gelassen: ein junger verletzter Steinkauz, der in Bayern gefährdet ist.
Der Aufmerksamkeit einer tierlieben Autofahrerin war es zu verdanken, dass ein junger Steinkauz, der benommen am Straßenrand bei Trappstadt saß, rechtzeitig entdeckt und geborgen werden konnte. „Der offenbar durch einen Verkehrsunfall verletzte Vogel wurde von der Autofahrerin in Abstimmung mit uns umgehend in die Tierklinik Wicklein nach Unterlauter gebracht“, so berichtet Thomas Feulner von der LBV-Greifvogelauffangstation im Coburger Stadtteil Neu-Neershof. Dank der Fürsorge in der Tierarztpraxis und der intensiven Pflege der ehrenamtlichen LBV-Helfer in der Greifvogelauffangstation des gemeinnützigen Coburger Naturschutzvereins konnte der gefiederte Patient sehr schnell genesen. Bereits nach wenigen Tagen in der Auffangstation spürten Sabine und Thomas Feulner bereits den Drang des kleinen Koboldes, das Gehege schnellstmöglich wieder zu verlassen.
Am Vormittag des 4. Septembers war es dann soweit: Der genesene und beringte Vogel wurde von Sabine und Thomas Feulner von der LBV-Greifvogelauffangstation sowie von Brigitte und Werner Hellwig und Hermann Fösel von der LBV-„Arbeitsgruppe Eulen“ bei Bad Rodach in einer Streuobstallee nahe der Landesgrenze zu Thüringen in eine Steinkauzröhre gesetzt. „Nach kurzer Erholungsphase in der Niströhre hat er aus dem Einflugloch herausgeschaut und etwa zehn Minuten ausgiebig die Lage sondiert, dann hatte er sich schließlich dazu entschlossen, auf den nächstgelegenen Apfelbaum überzusiedeln“, so schildert Eulen-Koordinator Werner Hellwig die aufregenden Momente bei der Freilassung des gesund gepflegten Vogels. Die Eulenschützer sind gespannt, ob sich ihr Schützling im Coburger Land wohlfühlt und bleibt, oder zu seinem etwa 15 Kilometer entfernten angestammten Revier bei Trappstadt zurückfliegt.
„Alle an der Freilassung beteiligten ehrenamtlichen Helfern haben den kleinen Gnom in ihr Herz geschlossen, so dass ihn dieses Ereignis für die Teilnehmer der Freilassungsaktion zum klaren Favoriten für die Wahl zum ,Vogel des Jahres 2024‘ macht!“, sagt Thomas Feulner.
Der Steinkauz ist einer der fünf Kandidaten für die Wahl zum „Vogel des Jahres 2024“. Der „Vogel des Jahres“ wurde in Deutschland erstmals im Jahr 1971 gekürt, um auf Naturschutzthemen aufmerksam zu machen. Seit 2021 wird er durch eine öffentliche Wahl bestimmt. Alle Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen, mitzumachen und so zu entscheiden, wer der nächste Jahresvogel wird. Noch bis zum 5. Oktober kann unter www.vogeldesjahres.de abgestimmt werden.
In der LBV-Greifvogelstation kann man jederzeit mitarbeiten. Wer Interesse hat, schreibt einfach eine Nachricht an coburg@lbv.de.
Steinkauz: Kein Wohnraum mehr im Baum
Der Steinkauz (Athene noctua) steht auf der Roten Liste bedrohter Vogelarten Bayerns. Er ist in Mitteleuropa verbreitet, wo er im waldfreien Tiefland, bevorzugt im Kulturland beispielsweise auf Streuobstwiesen vorkommt. Man kann ihn bereits am Nachmittag beobachten, da er sich gerne sonnt und zu dieser Zeit bereits auf die Jagd geht. Seine Beute besteht aus Kleinsäugern, Würmer, Insekten, Lurchen und Kriechtieren. „Durch Lebensraumverlust in der Vergangenheit stand der Steinkauz in Bayern am Rande des Aussterbens“, erklärt Gerhard Hübner, Naturschutzberater an der LBV-Geschäftsstelle Coburg. Schuld waren unter anderem großflächige Rodungen von alten Streuobstbestände in den 1970er Jahren, die sogar mit Prämien gefördert wurden, wie eine Bundestagsanfrage von 1986 belegt.
Aus dieser Zeit stammen auch die letzten Nachweise in unserer Region. Ulrich Leicht, der ehemalige Leiter der Greifvogelauffangstation, hatte damals den Versuch unternommen, durch ein Nachzucht- und Auswilderungsprogramm eine Population im Coburger Land zu erhalten. Einen dieser ausgewilderten Käuze hatte damals offenbar auch Gerhard Hübner zu Gesicht bekommen: „Als 13-jähriger Schüler fand ich eine Bauanleitung für eine Steinkauzröhre im Magazin ‚Tierfreund‘, baute eine zusammen und hängte sie in einen Walnussbaum am Fuß des Lauterbergs. Als ich im Frühjahr darauf mal die Kontrollklappe öffnete und mich ein Steinkauz anstarrte, bin ich vor Schreck fast vom Baum gefallen“, so erinnert sich Hübner. Leider blieb es bei dieser einen Freilandbeobachtung für ihn, zum damaligen Zeitpunkt war die Zeit wohl noch nicht reif für einen Steinkauz-Schutzerfolg.
Dann wurden um 2005 im nahen Landkreis Rhön-Grabfeld erste Steinkäuze wiederentdeckt und durch ein spezielles Steinkauz-Projekt dauerhaft heimisch. Der LBV Coburg startete 2016 ein ähnliches Artenhilfsprogramm, wobei zahlreiche Steinkauzröhren nach unterfränkischem Vorbild, wie der jetzige Auswilderungsplatz bei Bad Rodach, ausgebracht wurden. Dieses Nistplatzangebot wurde im vergangenen Jahr noch erweitert, um diesen kleinen Vogel vom Rhön-Grabfeld mit einem weiteren Anreiz auch in unseren Landkreis zu locken. Dazu hat die LBV-„Arbeitsgruppe Eulen“ im Rodachtal und im Bereich Seßlach 15 neue Steinkauz-Niströhren, vornehmlich in Streuobstbeständen, aufgehängt. „In den vergangenen Jahren gab es aus dem Rodacher Raum zwar vereinzelte Rufnachweise zur Brutzeit, ein gesicherter Brutnachweis steht allerdings noch aus“, so der Informationsstand von Gerhard Hübner.
Durch die erfolgreichen Artenhilfsmaßnahmen in Unterfranken breitet sich der Steinkauz langsam über das Thüringer Grabfeld weiter nach Osten aus und steht quasi vor den Toren des Coburger Landes. Dieser Aufwärtstrend führte auch zu einer Herabstufung in der Roten Liste gefährdeter Vogelarten Bayerns: Der sympathische Kauz gilt in der Roten Liste nun nicht mehr als vom Aussterben bedroht, aber immer noch als gefährdet, weil er immer noch viel zu wenig Wohnraum in alten Bäumen hat.
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