Leserbrief zum Artikel vom 12.07.2023 „Verein Unser Steigerwald e.V.: Mundtot machen als letztes Argument“

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Dem Verein „Unser Steigerwald e.V.“ wünsche ich viel Erfolg das von ihnen so heftig programmierte Trittsteinkonzept in die Wirtschaftswälder Bayerns und deutschlandweit flächig auszurollen. Das wäre und ist eine naturschutzfachlich gute Investition in die Zukunft und würde uns wirklich einen bedeutenden Schritt voranbringen. Denn, so wie dieser Verein es auch immer wieder selbst betont, können Trittsteine geeigneter Größen an biologisch wichtigen Brennpunkten und vernünftig miteinander vernetzt wirklich die Artenvielfalt in unserer Heimat erhöhen und die Bestände sichern helfen. Wenn dies nicht nur ein Lippenbekenntnis bleiben soll, müssen die Größen der Trittsteine den Schutzinteressen und Möglichkeiten angepasst werden. Einzelnen Käferlarven reicht vielleicht zunächst ein großer alter Baum oder ein Totholz am Weg, eine Erdkröte wandert schon mehrere Kilometer weit umher, manche Fledermauspopulationen benötigen einen größeren, alten Wald mit vielen Baumhöhlen, um auf Dauer zu überleben, usw. In diesem Sinne ist ein Nationalpark nichts anderes als ein großer Trittstein mit besonderen Schutzinteressen und kein Gegensatz zum „Ebracher Trittsteinkonzept“, sondern eher seine folgerichtige Weiterentwicklung, die eigentlich vom Verein „Unser Steigerwald“ unterstützt werden müsste, wenn dort nicht andere Interessen schwerer wögen.

Auf dieser geistigen Höhe sollte man ehrlich und offen den Status des Buchenwaldes im nördlichen Teil des Naturparks Steigerwald miteinander diskutieren! Ehrlich, das heißt auch benennen, dass ein Nationalpark kein Gegensatz zum Naturpark ist, weil es eben nur einen sehr kleinen Teil davon betrifft. Ehrlich, das heißt, dass man auch anerkennt, dass noch viel Wald für Brennholz und Sägewerke übrigbleibt und man eine gemeinsame Strategie für die verbleibenden Ressourcen miteinander entwickeln kann. Ehrlich, das heißt auch, dass ein Nationalpark, aufgrund seiner Fläche, keinen wesentlichen Teil für den Erhalt der Regenwälder weltweit beiträgt, aber einen großen Beitrag leisten kann, unser heimisches Naturerbe zu bewahren. Ehrlich auch, dass es nicht viel Sinn macht, einen alten raren, noch dichten Buchenbestand mit nachweislich überragender, spezieller biologischen Wertigkeit zu parzellieren, um auf Teufel komm raus, doch noch Holz herauszupressen, und dabei schwerwiegende Erntefolgeschäden in Kauf nimmt, und das im Vorfeld der heraufziehenden Klimakrise wo solche vermeidbaren Eingriffe keine Kavaliersdelikte mehr darstellen! Ich bin davon überzeugt, alle aufgeführten Aussagen können wissenschaftlich leicht untermauert werden und geistig von normalerweise wohl gesinnten Menschen ohne Schwierigkeiten nachvollzogen werden.

In diesem Sinne kann ich die feindselige Kritik vom Verein „Unser Steigerwald“ an der Organisation des Besuchs der Bundesumweltministerin Steffi Lemke am 3. Juli 2023 in Ebrach nur als unehrliches Störfeuer interpretieren, um verhältnismäßig kleinkarierte Interessen hochzuspielen. Wenn der Verein für den Nationalpark Frau Lemke einlädt und die „Gegner“ nichts Besseres im Schilde führen als gleich in einer unangemeldeten Gegendemo mit 60 Nationalparkgegnern zu erscheinen, ist es sicherlich ratsam hier vorsorgehalber die zuständige Ordnungsmacht zu informieren, damit alles reibungslos abläuft, wie geschehen. Wenn ich nicht direkt als Masse eingeladen bin und trotzdem dabei sein darf, mitlaufen darf, mitreden darf, dann ist das eher ein Zeichen von guten Manieren, was man bei der geäußerten Kritik vom Verein „Unser Steigerwald“ leider nicht behaupten kann. 15 Jahre Widerstand gegen Naturschutz sollte wahrlich nicht als große Leistung verkauft werden sondern zeugt wahrlich von bemerkenswerter Sturheit! Es gäbe bei gutem Willen eine gemeinsame Lösung für die Bürger vor Ort, für die Bürger in Bayern und gut im Sinne unserer Nachkommen.

Dr. Robert Atzmüller
Sand am Main