„Bamberg nimmt Rücksicht“ im Straßenverkehr

Kampagne des Seniorenbeirats wirbt für Rücksicht im Straßenverkehr

Schon gewusst: Das Thema Rücksichtnahme ist in der Straßenverkehrsordnung verankert. „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht“, heißt es dort in Paragraph 1. Klingt eigentlich einfach und auch selbstverständlich. Aber im Alltag vermissen viele Menschen eben jene gewünschte Vorsicht und Rücksichtnahme. Nur 20 Prozent der Verkehrsteilnehmenden sind laut des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR) der Meinung, dass das Verkehrsgeschehen in ihrer Umgebung derzeit von gegenseitiger Rücksicht geprägt ist. Diese Meinung teilen auch die Mitglieder der themenbezogenen Arbeitsgruppe Mobilität (TAG) des Seniorenbeirates der Stadt Bamberg und haben deswegen die Kampagne „Bamberg nimmt Rücksicht“ ins Leben gerufen.

Ziel der Kampagne ist es, dass jede:r einzelne sein Verhalten reflektiert und mehr Rücksichtnahme in seinen Alltag einfließen lässt.

„Uns geht es dabei vor allem darum, dass das Miteinander von allen Verkehrsbeteiligten gestärkt wird, also Fußgänger, Rad- und Autofahrer sowie Bus- und Bahnreisende mehr Verständnis füreinander haben und mehr Rücksicht auf ältere Menschen, Kinder und Menschen mit Handicap nehmen“, erklärt Gerhard Weiß, der Sprecher der TAG Mobilität der sich, wie auch seine Mitstreiter:innen seit 2020 aktiv im Seniorenbeirat beteiligt.

Der Sensenmann, der auf den toten Winkel hinweist. (Grafik: Eichendorff-Gymnasium)

Der Sensenmann weist auf den toten Winkel hin. (Grafik: Eichendorff-Gymnasium)

Zusammen mit Schüler:innen der 10. Klassen des Eichendorff-Gymnasiums und ihrer Kunstlehrerin Eva Fauth hat die TAG eine Plakatreihe entwickelt, die auf die unterschiedlichsten Probleme im Straßenverkehr hinweisen. So deutet beispielsweise ein Plakat, auf dem der Sensemann im Rückspiegel eines Autos lauert, auf die Gefahren des Toten Winkels hin, also auf Bereiche außerhalb des Fahrzeugs, die Fahrende trotz Spiegel nicht oder nur schlecht einsehen können. Gerade für Radfahrende und Fußgänger ist das besonders gefährlich – denn sie drohen übersehen zu werden, die Folgen können tödlich sein. Deswegen ist es wichtig, nicht nur in den Spiegel zu schauen, sondern sich auch nochmals umzudrehen und zu vergewissern, dass niemand kommt.

Wie schwierig es für Menschen im Rollstuhl ist, in einen Bus hineinzukommen, zeigt ein anderes Plakat. Der Einstieg sieht aus wie eine lange, steile Treppe – was er natürlich nicht ist, aber von vielen Rollstuhlfahrenden als solche empfunden wird. Mit einem leichten Handgriff ist es möglich diesen Menschen beim Einsteigen zu helfen – vorausgesetzt man ist aufmerksam, registriert die Person im Rollstuhl und man ist sich bewusst wie schwierig es für Rollstuhlfahrende ist, in den Bus zu gelangen.

Bürgermeister und Sozialreferent Jonas Glüsenkamp unterstützt die Kampagne des Seniorenbeirates, denn, „es geht dabei eben genau um diese Zusammenhänge: Sich bewusst zu machen, dass man zunächst einmal bei sich selbst anfangen sollte. Dass man Regeln einhält und Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer:innen nimmt. Nur so können wir alle gemeinsam dafür sorgen, dass wir uns innerhalb eines komplexen Straßenverkehrssystems so bewegen und handeln, dass wir weder uns selbst noch andere gefährden.“

Stefanie Hahn, Seniorenbeauftragte der Stadt Bamberg freut sich sehr über die Initiative der TAG. „Das ist die größte Kampagne, die der Seniorenbeirat in seiner Geschichte auf den Weg bringt.“

Die Plakatreihe „Bamberg nimmt Rücksicht“ ist in einer ersten Phase ab dem 24. April zwei Wochen lang an insgesamt 130 Plakatwänden und Litfaßsäulen im Stadtgebiet und auch in den Linienbussen der Stadtwerke Bamberg zu sehen. Im Herbst, nach Schuljahresbeginn, soll die Kampagne dann fortgesetzt werden.

1 Antwort

  1. Ferenc sagt:

    Der Mythos vom „toten Winkel“ scheint unausrottbar, wird er doch immer wieder mißbraucht, um von den wirklichen Gründen schwerer Unfälle, deren Opfer Radfahrer/innen sind, abzulenken.

    Die heutigen Fahrzeuge, insbesondere auch Lastkraftwagen und Busse, sind mit Spiegeln ausgestattet, die nahezu keinen toten Winkel mehr belassen. Nicht umsonst werden bei Vorführungen, welche die angeblichen Gefahren des toten Winkels belegen sollen, eben diese Zusatzspiegel abgeklebt.

    Nahezu alle Unfälle, bei denen Radfahrer/innen mit abbiegenden Kraftfahrzeugen kollidieren (zu über 90 % Pkw), passieren, nachdem das Kraftfahrzeug das Fahrrad überholt hat. Der Fahrer bzw. die Fahrerin des Kraftfahrzeugs hatte somit ausreichend Zeit und Gelegenheit, das vorfahrtberechtigte Zweirad wahrzunehmen.

    Tatsächlich aber achtet ein großer Teil der Kraftfahrer/innen nicht auf einen neben der Kfz-Spur liegenden Fahrstreifen oder Sonderweg für Fahrräder. Insbesondere aus diesem Grund war 1997, vor mehr als einem Vierteljahrhundert, die generelle Radwegbenutzungspflicht aus der Straßenverkehrs-Ordnung gestrichen worden – was viele Verkehrsbehörden aber nicht akzeptieren woll(t)en. Daher sind bis heute unzählige benutzungspflichtige Radwege angeordnet, die eigentlich illegal sind. Doch die formalen Hürden, dies gerichtlich überprüfen zu lassen, sind unendlich hoch – vom Kostenrisiko und den zermürbend langen Verfahrensdauern ganz abgesehen.

    Radwege, Radfahrstreifen und die nicht benutzungspflichtigen, real keinerlei Schutz bietenden „Schutzstreifen“ bergen noch weitere Gefahren, da sie meist ohne ausreichenden (!) seitlichen Sicherheitsraum zum fließenden und ruhenden Kfz-Verkehr angelegt sind: Kraftfahrer/innen orientieren sich an Bordstein oder Markierungslinie, statt den vorgeschriebenen Seitenabstand einzuhalten. Und viele – auch Bei- und Mitfahrer/innen – unterlassen den Blick nach hinten, wenn sie die Tür öffnen.

    Die Forderung nach mehr Radwegen zielt damit unter Sicherheitsgesichtspunkten ins Leere. Denn – zusäzlich zu den zahlreichen baulichen Mängeln und Fehlern, die selbst neue Radwege viel zu häufig aufweisen, sowie ihrer mißbräuchlichen Nutzung durch Falschpartker/innen, Müll- und Wertstofftonnen, Sperrgut und anderes – tatsächlich erhöhen sie meist das Unfallrisiko erheblich: in Folge Vorfahrtmißachtung durch Kraftfahrer/innen an jeder Kreuzung, Einmündung oder Grundstückszufahrt, deren es vor allem innerorts viele in kurzen Abständen gibt, in Folge dicht neben ihnen abgestellter Kraftfahrzeuge und achtlos geöffneter Türen, in Folge zu dichten Vorbeifahrens ohne ausreichenden Seitenabstand, in Folge achtlos den Sonderweg betretender Fußgänger/innen.

    Übrigens:
    Die Radwegbenutzungspflicht war in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts nicht etwa eingeführt worden, um das Radfahren sicherer zu gestalten. Vielmehr, so die Pressemitteilung des damaligen Reichsverkehrsministeriums, sollte der Welt gezeigt werden, daß in Deutschland vor Radfahrern sicheres, also ungehindertes Autofahren möglich sei. An dieser Motivation scheint sich in den meisten Verkehrsbehörden bis heute nichts Entscheidendes geändert zu haben.