Zettels Reflexionen: Macht und Ohnmacht der Vorstellung
Was wir uns vorstellen, gibt es für uns definitiv, genauso wie es für uns das nicht gibt, das wir uns nicht vorstellen können.
Die spannende Frage aber ist: Ist meine Vorstellung überhaupt korrekt? Und was passiert dann? Um diese Frage beantworten zu können, muss ich erst einmal klären, was da passiert – wenn meine Vorstellung nicht den Tatsachen entspricht. Ist es eine Täuschung? Oder eine Illusion? Oder eine Fata Morgana?
Ich denke, das zu wissen ist notwendig, will ich angemessen damit umgehen. Ich bin gerade auf ein Thema gestoßen, das das Problem vielleicht deutlich macht. Da ging es ganz banal in einer Gruppe um die Auswahl eines Messenger-Dienstes. Es standen zwei zur Auswahl. Einer, dessen Programmierung „offen“ ist, also kontrolliert werden kann auch und wird; und der eines kommerziellen Anbieters, von dem bekannt ist, dass er Adressdaten abgleicht. Was logisch ist, denn er braucht Daten, um Werbung schalten zu können.
Für mich ist es logisch, was ich nutze – nicht aber für manche andere. Ihnen fehlt das technische Verständnis und Wissen dafür, wie das Abgreifen der Daten vor sich geht, also gibt es das Problem ganz offensichtlich für sie nicht.
Es geht also weder um eine Täuschung, noch um eine Illusion und auch nicht um eine Fata Morgana. Es geht alleine um Wissen, Wissen, das natürlich auch noch als implizites und nicht nur als explizites Wissen zur Verfügung steht.
Fazit: Was wir uns nicht vorstellen können, gibt es für uns nicht, es existiert für uns ganz einfach nicht. Es ist auch kein „Problem“ der Wahrnehmung, es geht alleine um Wissen. Wobei die Frage natürlich auch ist, ob „Wissen“ nur beweisbares Wissen oder auch mystisches Wissen ist, das ja wegen des Hangs mancher Menschen zum Mystizismus von wieder anderen schlichtweg negiert und nicht nur abgelehnt wird. Mystisches Wissen ist für mich selbstverständlich Wissen, wobei mir bewusst ist, dass ich da sehr schnell auf das Glatteis geraten kann.
Bedenke ich das, wird für mich eine Schwierigkeit sehr deutlich: Ein reflektierter Denker weiß, dass seine Vorstellung begrenzt ist, weil ihm das notwendige Wissen fehlt. Manche ersetzen diese Leere dann durch einen Glauben oder eine Illusion, andere hingegen suchen weiter, um die Wirklichkeit weiter zu erforschen.
Was natürlich die spannende Frage aufwirft, wie das Tiere, Pflanzen, Fische, Insekten und was sonst noch so herumkrabbelt hinbekommen, denn sie leben ganz offensichtlich im Einklang mit der Natur, ein Wissen, das wir Menschen hingegen vielfach verloren zu haben scheinen.
Wahrscheinlich spielt dabei ein „Zuviel“ an Vorstellung eine Rolle, nämlich die Vorstellung eines aus sich selbst heraus existierenden Etwas – das es aber nicht gibt. Das wiederum wäre ganz klar eine Illusion, die ihrerseits aber auch durch Wissen wieder beseitigt werden kann.
Aber auch das ist ein Fakt: Wir Menschen haben vielfach unser natürliches Wissen blockiert. Wir kommen auf die Welt und haben alles, was wir brauchen, um gut zu leben, eben wie alles andere auch, doch mit der Zeit „lernen“ wir, uns selbst im Weg zu stehen – und reduzieren unsere Vorstellung dramatisch.
Und das ist das eigentliche Problem.
Peter Zettel
ist pensionierter Anwalt. Seit ein paar Jahren ist er begeisterter Motorradfahrer – sein persönlicher Weg der Selbsterkenntnis. Er interessiert sich für das, was die Welt bewegt und schreibt darüber in seinem Blog zettel.biz.
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