Tourismus in der Fränkischen Schweiz, Folge 5: Die Schweizen

Das Wiesenttal mit der Ruine Neideck – in der Romantikerzeit eine oft beschriebene Gegend. Ob die Romantiker den Begriff Fränkische Schweiz erfanden ist ungewiss. Foto: Löwisch
Das Wiesenttal mit der Ruine Neideck – in der Romantikerzeit eine oft beschriebene Gegend. Ob die Romantiker den Begriff Fränkische Schweiz erfanden ist ungewiss. Foto: Löwisch

Das Urlaubsgebiet der Fränkischen Schweiz hieß nicht immer so. Ende des 18. Jahrhunderts, als es vor allem um das neue Fachgebiet, der Erforschung von Höhlen ging, gab es als Regionsbezeichnung nur das „Muggendorfer Gebirge“. Mittlerweile sind verschiedene Ansätze im Umlauf, die eine Erklärung dafür liefern können, weshalb die Region umbenannt wurde in „Fränkische Schweiz“.

Die einen sagen: Weil die Region hier wie die Schweiz im Kleinen aussieht. 1807 tauchte der Begriff „fränkische Schweiz“ (fränkische klein geschrieben) nach heutiger Erkenntnis erstmals in einem Reiseführer auf. Gefunden hat ihn Prof. Dr. Wilfried Krings in einem Reiseführer des Johann Christian Fick, der 1807 die Umgebung von Erlangen beschrieb. Fick meinte über die Region: „die großen und schönen Ruinen hinter uns, der breite fruchtbare Wiesentgrund, boten dem Auge eine Scene dar, womit Helvetiens schönste und wildromantischte Gegenden nur wetteifern können“. Der Reiseschriftsteller Georg August Goldfuß schrieb 1810 in seinem Reiseführer über die Region ähnliches: „Freylich darfst du den Maßstab nicht aus Helvetien holen, wenn ich dir mächtige Felsmassen und hohe Berggipfel beschreibe. In jenem großen Style hat die Natur hier nicht gebauet und unsere Berge sind nur unmündige Kinder gegen jene wolkentragende Alpen“.

Andere meinen, der Regionszusatz „Schweiz“ sei eine Auszeichnung für ein Gebiet, das gerne von Touristen besucht wird. Die Onlineenzyklopädie Wikipedia meint, wenn man den Begriff Schweiz als Landschaftsbezeichnung eingibt: „Oftmals wurde in der Zeit der Romantik eine ansprechende, topografisch bewegte Landschaft mit „Schweiz“ überhöht. Für diese Version spricht eine Nachricht in einem „Intelligenzblatt“ von 1805, in dem behauptet wird: „Die Rhön verdient die Bezeichnung Fränkische Schweiz“, denn die Höhen dieses Gebirges und die Thäler derselben biethen die interessantesten und schönsten Landschaftsgemälde dar“. Daraus lässt sich auch schließen, dass der Begriff Fränkische Schweiz um diese Zeit entstanden ist. Ein Nachweis dafür fehlt allerdings noch.

Ein dritter Aspekt beleuchtet einen weiteren Aspekt der Namensumbenennung: Die Romantiker haben den Begriff geprägt. Sandra Kühnert schreibt in ihrer Hausarbeit für das Lehramt: “Die Bezeichnung Fränkische Schweiz ist das Ergebnis der deutschen Romantik. Sie wurde aus der poetischen Geografie in die offizielle Geografie übernommen“. Sie übernimmt damit Gustav Voits Einschätzung (im Buch: Vom Land im Gebürg), der meint: Die Muggendorfer Gegend wäre nie eine Fränkische Schweiz geworden (…) hätten nicht die Romantiker inzwischen von der Landschaft Besitz genommen“. Voit bezieht sich dabei auf Anton Sterzl und Emil Bauer, die in ihrem Fränkische-Schweiz-Führer von 1976 zu der Erkenntnis gekommen sind, dass „die Fränkische Schweiz (…) gewissermaßen von Unten (Höhlen) romantisiert worden ist“.

Ein vierter beachtenswerter Aspekt ist jener, der mit der Vergrößerung des Gebietes einhergeht. Bei Rosenmüllers Reiseführer von 1804 war die Welt noch in Ordnung. Er befasste sich fast nur mit den Höhlen um Muggendorf, obgleich er schon Ausflüge bis zur Burg Rabeneck, zur „Weschenfelder Höhle“ (Förstershöhle bei Zeubach) und bis nach der Burg Rabenstein und der dortigen heute als Sophienhöhle bekannten unterirdischen Gruft unternahm. 1807 mit dem Reiseführer von Fick, kam man schon bis ins Aufseßtal, nach Wüstenstein, besichtigte die „Gärten vom Rittersitz Greifenstein“, Hollfeld, Fantaisie und Bayreuth. Und Ernst Moritz Arndt meinte 1851 zusammenfassend: „Die fränkische Schweiz, so hat man (die Gegend) wegen seiner romantischen Formen den Theil Frankens genannt, welcher zwischen Bamberg, Bayreuth und Nürnberg liegt“.

Und was meint die Wissenschaft zu dem Phänomen der „Schweizen“? Der Erlanger Sprachwissenschaftler Helmut Weinacht, sagte in einem Vortrag in Schloss Thurnau anölässlich des romantikerjahres 1993: „Wenn in Franken (…) ein Landstrich als ‚Schweiz‘ bezeichnet wird, handelt es sich um einen Übernamen, einen zusätzlichen Namen für einen Raum, der vorher schon einen anderen historisch gewachsenen Namen getragen hat“. Er sagte weiter: „Für die Entstehung des Schweiz-Namens ist wohl das Gefühl für das romantische Ganze wichtig, aber nicht das Vorhandensein eines Ensembles von Hochalpen, Felsen genügen hier schon“. Weinacht meinte zudem, dass sich „der damit angesprochene Raum ausweitet“, also größer wird. Schließlich kommt der Sprachwissenschaftler zu dem Ergebnis, dass sich der Begriff Fränkische Schweiz durchaus vom Vergleich mit der Schweiz ableiten lässt. „Weil wir mit den Schweiz-Namen positives assoziieren: Weil sie überhöhen, weil sie etwas Schönes noch schöner machen“. Folglich ist der Begriff eine Mischung aus romantischer Landschaft, Vergrößerung des Gebietes und Schweizerischer Überhöhtheit.

Bild der kleinen Anlage die noch heute vor dem Eingang zum LRA Ebermannstadt zu finden ist und die an die Steinübergabe von 1992 erinnert. Links der kleine Sandstein stammt aus dem Partnerlandkreis zu Forchheim, aus der Sächsischen Schweiz, der rechte größere aus dem Pölnitzer Forst und dazwischen der Wegeweiser in die Schweiz  mit Kilometerangabe. Foto: Löwisch

Bild der kleinen Anlage die noch heute vor dem Eingang zum LRA Ebermannstadt zu finden ist und die an die Steinübergabe von 1992 erinnert. Links der kleine Sandstein stammt aus dem Partnerlandkreis zu Forchheim, aus der Sächsischen Schweiz, der rechte größere aus dem Pölnitzer Forst und dazwischen der Wegeweiser in die Schweiz mit Kilometerangabe. Foto: Löwisch

Apropos Schweiz: Im Frühjahr 1992 bekam der damalige Forchheimer Landrat Otto Ammon und Chef der Tourismuszentrale Fränkische Schweiz ein Schreiben des Schweizer Verkehrsbüros aus München auf den Tisch, in dem die Erstellung einer Steinskulptur vor dem Berner Bundeshaus mit Steinen aus allen fünf Kontinenten angekündigt wurde; ein Stein aus der „Fränkischen“ Schweiz und einer aus dem Partnerlandkreis Pirna (heute Sächsische Schweiz) sollten dazu gehören. So kam es, dass am 10. August 1992 vor dem Landratsamt in Ebermannstadt die feierliche Übergabe der Steine an den Schweizer Generalkonsul Paul Studer und den Chef des Schweizer Fremdenverkehrsamtes Walter Leu stattfand. Mit der Enthüllung eines Wegweisers in die Schweiz (419 Kilometer) wurde die Steinübergabe dokumentiert. Hintergrund der Aktion war eine Marketing-Studie aus den 70er Jahren, überarbeitet in den 90er Jahren, in der festgestellt worden war, dass es weltweit 192 Mal den Zusatz „Schweiz“ im Regionsnamen gibt, darunter allein 67 Mal in Deutschland.

Reinhard Löwisch

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Über den Autor:

Reinhard Löwisch

Reinhard Löwisch

Reinhard Löwisch ist ein „Reisender wie er im Buch steht“. Als gelernter Zugbegleiter arbeitete er 14 Jahre am Hauptbahnhof Nürnberg und lernte dabei ganz Deutschland kennen. Von August 1992 bis Juli 2020 war er Mitarbeiter der Tourismuszentrale Fränkische Schweiz. In den 28 Jahren seiner Dienstzeit, bekam er den Tourismus in der Region “hautnah“ mit und war bei allen Aktionen und Projekten ganz vorne mit dabei. Dabei hat er eine Menge an Erfahrungen gesammelt und seine Liebe zur Heimatkunde tat ein Übriges, um daraus die richtigen Schlüsse und Verknüpfungen zu ziehen. Dazwischen verbrachte der Autor vier Jahre als „Rucksacktourist“ in den USA und Südostasien. Alles zusammengenommen ein reicher Wissensschatz den er über Jahrzehnte angesammelt hat. Seine Erfahrungen in der Heimat hat er nun in einem Buch zusammengefasst, woraus wir in den folgenden Wochen einige Themen vorstellen werden.