Universität Bayreuth leitet EU-gefördertes Netzwerk zu organischen Leuchtdioden
High-Tech-Forschung und Nachwuchsförderung
Vor kurzem ist das von der Universität Bayreuth koordinierte internationale Forschungsnetzwerk „TADFsolutions“ gestartet. Es wird von der EU in den nächsten vier Jahren mit rund 3,1 Millionen Euro gefördert. Ziel des Verbunds ist die Entwicklung von Halbleitermaterialien für eine neue Generation von Organischen Leuchtdioden (OLEDs). Diese sollen sich durch eine bisher unerreichte Leuchtkraft und Farbreinheit auszeichnen, wenig Energie verbrauchen und eine deutlich längere Lebensdauer als die derzeit handelsüblichen Leuchtdioden besitzen.
Organische Leuchtdioden haben eine Schlüsselfunktion für die Bildschirmqualität von Computern, Tablets, Fernsehgeräten, Smartphones und anderen High-Tech-Geräten. Ein noch junger Forschungsansatz, der als „Thermisch aktivierte verzögerte Fluoreszenz” (Thermally activated delayed fluorescence, TADF) bezeichnet wird, wird es ermöglichen, die Leuchtkraft, Farbreinheit, Energieeffizienz und Stabilität von OLEDs signifikant zu steigern. Dabei werden Energiezustände, die kein Licht abstrahlen, in emittierende Energiezustände verwandelt. Die am neuen Forschungsnetzwerk beteiligten Partner aus Wissenschaft und Industrie wollen für OLEDs Materialien entwickeln, die den bisher verwendeten Materialien hinsichtlich ihrer optoelektronischen und physikochemischen Eigenschaften überlegen sind. Zugleich sollen die neuen Materialien in flüssigen Lösungsmitteln gelöst und anschließend weiterverarbeitet werden können. Lösungsbasierte Herstellungsverfahren für OLEDs verbrauchen weniger Energie und sind insgesamt kostengünstiger. Zudem sind sie mit den in der Kunststoffindustrie etablierten Prozessen verträglich, sodass die OLEDs unter anderem auf flexible Trägerfolien aus Plastik aufgebracht werden können – beispielsweise durch Tintenstrahldrucker oder Rolle-zu-Rolle-Verfahren.
„Hochleistungsfähige, energieeffiziente und stabile Organische Leuchtdioden haben ein enormes technologisches und wirtschaftliches Potenzial. Der globale Wettbewerb in Forschung und Entwicklung auf diesem Gebiet verschärft sich zusehends, wobei die Länder des Fernen Ostens inzwischen eine dominierende Rolle einnehmen. Europäische Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen haben deshalb größtes Interesse daran, in der weltweiten Konkurrenz nicht nur weiterhin mitzuhalten, sondern – wo immer es möglich ist – auch einen Vorsprung gewinnen zu können. Hierfür bedarf es in der Chemie, der Physik und den Materialwissenschaften hochmotivierter und innovativer Nachwuchstalente, die wir in TADFsolutions umfassend fördern wollen. Es geht dabei um die Vermittlung vertiefter Grundlagen- und Anwendungskompetenzen und um Forschungserfahrungen im internationalen Verbund, aber auch zur allgemeinen Persönlichkeitsbildung unserer Doktorandinnen und Doktoranden wollen wir beitragen“, sagt die Sprecherin von TADFsolutions, die Bayreuther Experimentalphysikerin Prof. Dr. Anna Köhler, die das europäische Netzwerk maßgeblich initiiert hat. Sie verweist dabei auf die enge Zusammenarbeit mit Universitäten in Israel und Japan, die sich mit ihren High-Tech-Laboratorien an der Ausbildung der Doktorand*innen beteiligen.
Ein neues Marie Słodowska-Curie Innovative Training Network (ITN) an der Universität Bayreuth
Der neue Forschungsverbund wird von der Europäischen Union als „Marie Słodowska-Curie Innovative Training Network (ITN)“ gefördert. Neun europäische Partner bilden den Kern des Netzwerks: die Universität Bayreuth und die Universität zu Köln (Deutschland), die TU Eindhoven und das dort angesiedelte Unternehmen Simbeyond B.V. (Niederlande), die University of St. Andrews und die Durham University (UK), die Université de Bordeaux und das Centre National de la Recherche Scientifique in Rennes (Frankreich) sowie die Universitat de València (Spanien). Hinzu kommen neun Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen in Europa und in Japan, die mit dem Netzwerk assoziiert sind. Zu diesen assoziierten Partnern zählen beispielsweise die Merck KGaA in Darmstadt und die Bayerische Forschungsallianz GmbH (BayFOR) in München.
Die ausgeprägte Interdisziplinarität und Internationalität von TADFsolutions werden gewährleisten, dass alle Doktorand*innen stets das gesamte Netzwerk mit seinen unterschiedlichen Forschungsbereichen im Blick behalten und sich nicht ausschließlich auf die jeweils eigenen Forschungsthemen fokussieren. Grundsätzlich werden sie im Verlauf ihrer Förderung an wechselnden Themen und Standorten mitarbeiten, so dass sie die Vorteile innovativer „Multistreaming“-Konzepte in der wissenschaftlichen Zusammenarbeit kennenlernen und in späteren beruflichen Tätigkeiten selbständig nutzen können. Schon während der Arbeit an ihren Promotionsprojekten erhalten die Doktorand*innen die Chance zu eigenen Publikationen in renommierten wissenschaftlichen Zeitschriften. Enge Kontakte zu europäischen Industriepartnern machen sie mit Verfahren und Instrumenten des Wissens- und Technologietransfers vertraut und vermitteln ihnen fundierte Einblicke in die Märkte für High-Tech-Produkte, die auf Organischen Leuchtdioden basieren.
Das Ausbildungskonzept von TADFsolutions gründet auf den Erfahrungen, die viele der beteiligten Partnereinrichtungen durch ihre Mitwirkung an früheren EU-geförderten Verbundprojekten gewonnen haben. Dazu gehört auch TADFlife, ein „Marie Słodowska-Curie Innovative Training Network (ITN)“, das von 2018 bis 2022 von Prof. Dr. Anna Köhler an der Universität Bayreuth geleitet wurde und sich ebenfalls mit den photophysikalischen Prozessen in OLEDs befasste. „Viele Doktorandinnen und Doktoranden, die wir im Rahmen dieses Vorgängerprojekts ausgebildet haben, sind heute in verantwortlichen Positionen in Wissenschaft und Industrie tätig. Sie werden mit ihren Kompetenzen unserem TADFsolutions-Netzwerk wertvolle Anregungen und Impulse geben können“, sagt die Bayreuther Experimentalphysikerin.
Von TADFlife zu TADFsolutions
Das Vorgängerprojekt TADFlife hatte das Ziel, die Abläufe zu verstehen, welche die Lebensdauer und Effizienz von üblichen, aus nicht-löslichen Materialien gefertigten OLEDs begrenzen. Mit den gewonnenen Erkenntnissen ist es anschließend gelungen, diese Leuchtdioden hinsichtlich ihrer Stabilität und Effizienz zu verbessern. Das neue Vorhaben TADFsolutions geht darüber hinaus: Jetzt soll es darum gehen, diese Abläufe in organischen Halbleiterschichten zu untersuchen, die aus flüssiger Lösung hergestellt werden und daher eine besonders ungeordnete Morphologie besitzen. Das macht die zu untersuchenden physikalischen Vorgänge komplexer, die Herstellung dieser Leuchtdioden aber kostengünstiger.
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