1. Oberfränkisches IHK-Energieforum über Auswege aus der Energiekostenfalle
„Quo vadis, Strompreise?“
Wer als gewerblicher Abnehmer für 2023 neue Verträge über die Versorgung mit Strom oder Gas abschließen möchte, muss das Zehnfache von dem bezahlen, was im Mittel der letzten Jahre üblich war: bis zu 500 Euro pro MWh Strom anstatt 40 Euro, ca. 200 Euro pro MWh Erdgas gegenüber 15 bis 20 Euro. Wohin soll das noch führen, fragen sich Unternehmerinnen und Unternehmer ebenso wie Verbraucherinnen und Verbraucher. Der Titel für das erste Oberfränkische Energieforum, das die IHK für Oberfranken Bayreuth ausrichtete, war schnell gefunden: Anhand der Frage „Quo vadis, Strompreise?“ informierte die IHK über Zusammenhänge und zeigte Handlungsalternativen auf.
„In Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine durchleidet die deutsche Wirtschaft die schlimmste Energiekrise seit Jahrzehnten. Dramatisch ist, dass die extremen Energiepreissteigerungen die Unternehmen in ihrer gesamten Breite treffen“, sagte IHK-Präsident Dr. Michael Waasner. Insgesamt sei die Auftragslage noch so, dass die Industrie in den kommenden Monaten zu einer wichtigen Stütze der Konjunktur werden könne. „Wir Unternehmerinnen und Unternehmer stehen bereit unseren Beitrag zu leisten, sofern es der Politik jetzt und unmittelbar gelingt bezahlbare Energiepreise zu schaffen und Planungssicherheit herzustellen“, so Dr. Waasner. Langfristige Perspektiven auch für die Industrie müssten erhalten bleiben, ebenso wie bestehende Kapazitäten für die Energieerzeugung – fossil, regenerativ und auch nuklear. Auch müssten Genehmigungsverfahren für neue Windräder und Solaranlagen drastisch beschleunigt werden, sonst werde der geplante Gaspreisdeckel eine Brücke in das Nirgendwo.
Die Krise werde kein „Superturbo“ für die Energiewende, wenn es nicht gelinge, Preissprünge um den Faktor 10 auszuschließen, sagte Dr. Waasner und teilte damit die Sorge von Andreas Fischer vom Institut der Deutschen Wirtschaft Köln e.V., der – online zugeschaltet – die 70 Unternehmerinnen und Unternehmer über Zusammenhänge auf dem Strommarkt aus übergeordneter Perspektive informierte. „Die Energiekosten fressen derzeit die Ressourcen auf, die es für die Transformation braucht“, so seine Befürchtung. Immerhin: Von einem weitreichenden, großflächigen Blackout geht Fischer nicht aus.
Patrick Selzam vom Fraunhofer Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik in Kassel zeigte anschließend energietechnische Alternativen auf. Flexibilität laute eines der Gegenmittel, mit denen sich die hohen Preise zumindest ein Stück weit abfedern ließen. „Je flexibler der Stromverbrauch der Betriebe, desto weniger muss für Strom bezahlt werden und desto günstiger kann die Energiewende umgesetzt werden“, so Selzams Fazit. Der Strompreis am Spotmarkt schwanke häufig innerhalb eines Tages – wer zur richtigen Zeit einkaufe, könne sparen. Die Eigenstromnutzung mit erneuerbaren Energien reduziere die Stromkosten zudem nachhaltig.
Wie die Energieagentur Oberfranken in Kulmbach Betriebe rund um das Thema Energie berät, berichtete deren Geschäftsführer Wolfgang Böhm. Den aktuellen Belastungen zum Trotz: Mittel- und langfristig sei der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren und die möglichst vollständige Verdrängung fossiler Energien der einzige Ausweg aus der Energie- und Klimakrise. Kurzfristig gelte es, Bürger und Unternehmen zu entlasten und Energie einzusparen. Der erste Schritt dorthin: „Wenn ich etwas sparen will, muss ich wissen, wann und wo ich wie viel verbrauche“, so Böhm – dann werden spätere Einsparungen messbar und eine Erfolgskontrolle möglich.
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