Predigt zur Ordination von Linda Kost am 11. September 2022 in Hetzelsdorf
Liebe Festgottesdienstgemeinde, vor allem liebe Linda Kost,
heute werden Sie, liebe Linda Kost, ordiniert. Das ist ein großes Lebens- und Glaubensfest. Denn die Ordination ist gültig und wirksam bis wir Pfarrer und Pfarrerinnen sterben. Sie ist die unser Leben lang wirksame Berufung, Sendung und Segnung für ein Leben im Dienst der öffentlichen Wortverkündigung und Feier der Sakramente in der Nachfolge Jesu Christi.
Das biblische Leitwort für Ihren Ordinations-gottesdienst ist die Geschichte vom Barmherzigen Samariter. Wir haben sie vorhin als Lesung gehört.
Liebe Gemeinde, wie ging es Ihnen beim Hören dieser Geschichte? Manche von Ihnen werden beim Zuhören gemerkt haben: Diese Geschichte ist mir gut bekannt. Und trotzdem haben Sie wahrscheinlich nicht abgeschaltet, sondern bis zum Schluss zugehört, denn diese Erzählung ist eine der Grundgeschichten unseres Glaubens. Sie vermittelt uns barmherzige Liebe als Grundhaltung eines christlichen Lebens.
Sie ist freilich auch eine Geschichte für alle kirchlich Engagierten. Denn der Priester und der Levit machen genau das Verkehrte. Priester ist die parallele Berufsgruppe für Sie, liebe Frau Kost und mich und alle hier im Raum, die ordiniert und beauftragt sind zum Verkündigungsdienst. Und der Levit hat die parallele Tätigkeit für alle, die Mesnerdienst tun oder sich sonst engagieren, damit der „kirchliche Laden läuft“.
Priester und Levit sind echt pflichtbewusst. Sie sind unterwegs zu ihrem Dienst im Tempel. Ist doch eigentlich toll, dass sie sich von nichts abbringen lassen wollen, damit sie rechtzeitig dort sind und ihren Dienst für Gott und die Menschen tun können. Aber Jesus macht mit dieser Geschichte deutlich: Dein Pflichtbewusstsein, sogar Dein frommes Pflichtbewusstsein, kann sogar dazu führen, dass Du das eigentlich Wichtige verlierst. Und das Wichtigste ist, dass Dein Herz barmherzig ist, Not sieht und sich durch Not bewegen lässt. Dann wirst Du für die Menschen in Deiner Umgebung zum Nächsten. Der barmherzige Samariter ist uns allen Vorbild.
Die Geschichte endet so direktiv, wie es nur möglich ist – Jesus sagt einfach: Geh hin und tue dasselbe.
Es gibt viele verletzte Menschen in unserer Umgebung. Manche sind seelisch verletzt und verhalten sich deswegen unmöglich. Sehen wir ihre Not! Wir haben Heilsames im Gepäck. Nutzen wir es.
Zu Ihrer Ordination, liebe Frau Kost, bekommen Sie also eine Geschichte, die priesterliches Pflichtbewusstsein hinterfragt und Ihnen sagt: Nichts ist so wichtig in Deinem Berufsleben, in Deinem Christsein, wie dies, dass Dein Herz warm bleibt für die Menschen auf Deinem Weg.
Es gibt ja das Gerücht, dass die junge Pfarrersgeneration anders ist als wir alten Ergrauten. Die Jungen würden auf die Uhr schauen und sich viel besser abzugrenzen wissen.
Natürlich hat jede Generation charakteristische Züge. Aber ich stelle nicht fest, dass die junge Generation an diesem Punkt anders ist. Verändert hat sich aber dies: Die Reizüberflutung durch die Masse an Medien und Kommunikationsmitteln hat zugenommen, ebenso die Bandbreite an gesellschaftlichen Lebensvarianten und die berechtigte Sorge um die Zukunft durch die gravierende Klimakrise und aktuelle weitere Krisen. Das macht das Leben anstrengender für die junge Pfarrersgeneration. Die Rollen sind nicht mehr so klar, die Ruhe im Bauch ist schneller weg. Daher braucht Ihre Generation, liebe Frau Kost, mehr Zeit und Einübung, damit Ruhe und Frieden mit Gott und den Menschen sich im Herzen einstellt.
Es ist wichtig, dass Sie sich diese Zeit für Gott nehmen. Denn Ausbrennen nützt keinem. Sie brauchen auch Barmherzigkeit sich selbst gegenüber, sodass Sie Leib und Seele Gutes tun. Aus Erfahrung sage ich: das hilft, damit wir liebevoll zu anderen bleiben können.
Aber nochmals, die Mentalität: Ich habe jetzt keine Zeit für Dich; meine Dienstzeit für heute ist zu Ende – oder sie hat heute noch nicht begonnen – die nehme ich genauso wenig wahr bei den Jungen wie bei den Alten. Sie würde ja auch von unserer biblischen Geschichte scharf kritisiert. Denn der Dienst für Gott beginnt nicht erst im Tempel, nicht erst in der Kirche. Er geschieht auch auf dem Weg dorthin, er geschieht eigentlich immer, weil die Liebe zu Gott und Menschen unser ganzes Leben umfasst.
Die letzte Ordinationsfrage, die ich Ihnen stellen werde, zielt ja auch darauf, ein Leben in der Nachfolge Jesu Christi zu führen. Dazu sind Sie wirklich bereit – und das ist ein großes Geschenk für die Menschen.
Wie kam es dazu, dass Sie dafür bereit geworden sind?
Kindergottesdienst, Jungschar, Freizeiten und Kinderbibelwochen prägten Ihre Kindheit in Münchaurach bei Erlangen, sodass Sie nach der Konfirmation selbst regelmäßig Kindergottesdienst leiteten. Sie besuchten einen Gruppenleiter-lehrgang um die Landjugendarbeit zu fördern. Als sich nach Ihrem 9-monatigen Auslandsaufenthalt in Neuseeland eine Gruppe entwickelt hatte, engagierten Sie sich gerne – auch im Schülerbibelkreis Ihrer Schule.
Wir sind ja hier in einer Region spezieller Landwirtschaft durch den Obst- und besonders den Anbau köstlicher Kirschen. Sie sind in der Landwirtschaft groß geworden und kennen die Chancen und Tücken solch spezieller Landwirtschaft im Erdbeer- und Spargelanbau. Auch das prägte Ihr Leben – und nicht unglücklich, sodass sie sich überlegten, Landwirtschaft oder erneuerbare Energien zu studieren.
Nach dem Abitur gingen Sie aber bewusst zunächst mit dem Missionswerk unserer Landeskirche ein Jahr nach Neuguinea. Es war für Sie faszinierend, wie die Niuginies ihren Glauben leben, wie er das Leben durchwirkte – auch in Ihrer Wohn-gemeinschaft mit der Pfarrfamilie Jäger.
In Neuguinea fiel auch Ihre Entscheidung fürs Theologiestudium, das Sie nach Leipzig, Heidelberg, Princeton USA und nach Neuendettelsau führte. Ihren Mann, Sam Kost, lernten Sie aber nicht in den USA kennen, sondern in Neuendettelsau bei seinem Austauschstudium.
Nach Ihrem Vikariat in Thiersheim bei Frau Pfarrerin Schütz lebten Sie noch einige Monate in Hot Springs, South Dakota, wo, Sie, lieber Sam Kost, Pfarrer der Lutherischen Gemeinde waren.
Liebe Hetzelsdorfer und Wannbacher, weil Sie schon lange vakant waren und Frau Kost sich den Einsatz bei Ihnen gut vorstellen konnte – und ich mir auch – machte ich den ungewöhnlichen Vorschlag, dass Sie sich sozusagen einander schon vor der Reise versprechen.
Sie, liebe Kirchenvorstände, haben sich darauf eingelassen, obwohl Sie Frau Kost nicht kannten. Dafür danke ich Ihnen von Herzen und meine zugleich, dass Sie klug entschieden haben. Ich glaube es passt – nicht nur wegen ihrem Bezug zur Landwirtschaft und zum Leben auf dem Land
sondern z.B. auch, weil Ihre Gemeinde einen der lebendigsten Posaunenchöre unserer Landeskirche hat und Frau Kost selbst Euphonium bläst und sehr musikalisch ist. Nun, Sie werden noch mehr passende Bezüge im Laufe der Zeit erkennen. Da bin ich ganz gewiss!
Was mich besonders bei Ihnen freut, liebe Frau Kost, ist Ihre große Liebe zur Bibel, zum Wort Gottes. Sie schreiben in der persönlichen Stellungnahme, die jede Ordinandin, jeder Ordinand bei mir einreicht, folgendes. Ich denke, das darf ich zitieren, weil Sie gewiss zu Ihren Aussagen stehen und ich sie voll und ganz unterstreichen kann: „Die Bibel halte ich nicht Buchstabe für Buchstabe für Wort Gottes, aber sie enthält Gottes Wort, eingefangen in den Glaubenserfahrungen der Zeugen und Zeuginnen, die berichten. Die Bibel wird durch die Begegnung in der Bibellese, beim Hören der Lesungen und der Auslegung immer wieder konkret zu Gottes Wort für mich.“
Darum ist es auch Ihre besondere Gabe und Ihr Ziel, die Bibel in die Hand der Menschen und ins Gespräch zu bringen, die biblischen Worte zum Tragen zu bringen und ihre Geschichten so zu erzählen, dass sie einleuchten. Sie wollen Menschen ermutigen selbst Bibel zu lesen und ihre Geschichten weiterzugeben.
Wie wichtig sind solche Geschichten, wie unser Evangelium heute. Es zu beherzigen verändert das eigene Leben und mitsamt unserer Umgebung. Es verändert das Dorfleben, die Gesellschaft.
Gegenwärtig – und das beklage ich zusammen mit Ihnen, liebe Frau Kost, – entweicht die Religiosität und der Glaube aus dem Leben vieler Menschen. Aber der muss – um Gottes und der Menschen willen – wieder rein. Unsere Gesellschaft hat ihre freiheitlich-soziale Prägung aus der christlichen Kultur, aber die bleibt nicht ewig, wenn keine christliche Substanz mehr da ist.
Wir haben im Abendland als leitendende Werte: Liebe, Frieden, Freiheit. Gewiss auch noch andere, aber vor allem diese drei. Wir werden diese zutiefst christlichen Werte nur erhalten, wenn wir die biblischen Ursprungsgeschichten dieser Werte weitererzählen und im Gedächtnis behalten. Es hat keinen Wert den Kindern und Jugendlichen nur zu sagen: „Man muss helfen!“ Sie brauchen Vorbilder und sie brauchen Geschichten wie die vom barmherzigen Samariter. Alle Menschen in unserer Gesellschaft sollen wissen, dass Jesus sie uns erzählt hat und dass er es ist, der uns zum guten, sinnvollen Leben führt. Wir brauchen zum Weitererzählen als Christen neuen Mut. Ich ermutige Sie alle dazu!
Liebe Frau Kost, Gott schenke, dass Menschen durch Sie von der Botschaft der Bibel, von Gottes Wort ergriffen und heilsam verändert werden. Er ermutige durch Sie Menschen zum Leben mit Gottes Wort. Dazu schenke Gott Ihnen seinen Heiligen Geist. Um den bitten wir nun mit dem Lied: „Komm Heilger Geist mit Deiner Kraft“, , bevor wir Sie ordinieren.
Dr. Dorothea Greiner
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