Wüstenstein: Nachruf für Dekan i.R. Manfred Erstling

Symbolbild Religion

Liebe Frau Erstling, lieber Andreas Erstling,
liebe Jutta Graf und lieber Martin Erstling,
liebe Trauergemeinde,

Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott. Dieses Wort bekam Manfred Erstling am 26. Oktober 1961 zu seiner Ordination in Nürnberg-St. Matthäus zugesprochen. Das war im selben Jahr, in dem Sie geheiratet haben, liebe Frau Erstling, vor 61 Jahren.

Keiner kann Gottes Volk trösten, der nicht selbst von Gott getröstet ist. Und das war er! Er hatte ein offenes Herz für den Trost Gottes. Er war ein getrösteter Mensch. Seine Briefe, die mich jedes Jahr erreichten, erzählten immer von schönen – für ihn erfüllenden – Erlebnissen. Wie schwer die Krankheit war, verschwieg er dabei nicht; er sprach offen über die jeweils neuen Therapien. Aber es überwog das Gute: Jede Reise, jede Feier, jede Begegnung mit lieben Menschen nahm er als wertvolles Geschenk an und er schilderte sie, sodass ich mich mit ihm freute.

„Wie die Zeit doch eilt, und wie viel Grund zum Danken sie uns gibt!“, schrieb er mir nach seinem 82. Geburtstag.
Dass die Zeit schnell vergeht, das bedauerte er nicht, jedenfalls nicht in erster Linie. Sondern er freute sich vor allem daran, dass ihm so viel Zeit und so viel Gutes geschenkt war, mehr als er angesichts seiner Krebserkrankung erwartete.

„Ich bin dankbar, dass ich so weit gekommen bin“, schrieb er mitten zwischen zwei Behandlungszyklen einer der ungezählten Therapien seit 2006. Inmitten dieser großen Belastung und Unsicherheit war kein Wort der Klage; da war immer: Dankbarkeit, Getröstetsein. Vermutlich war ihm nicht bewusst, wie sehr er gerade in der Weise wie er mit seiner Erkrankung umging, zum Tröster des Gottesvolks wurde. Er lebte den Auftrag seines Ordinationswortes bis er heimging.

Aber zum Tröster wird kaum ein Kranker, der es nicht schon vorher als Gesunder war. Weil Christus sein Trost war, der sein Herz mit Freude erfüllte und aus ihm zu anderen wärmend strahlte, ließen ihn die Burgbernheimer 1976 so ungern gehen – und wurde er so gern in der Gemeinde Muggendorf und im DB Forchheim aufgenommen.

Tröstet mein Volk, diese Weisung Gottes erfüllte er hier nicht nur, weil er als Getrösteter andere tröstete, sondern weil er sich zum Volk zugehörig wusste.
Er war einer der ihren. Gerade die Menschen auf dem Land – als Einzelpersonen und als dörfliche Gemeinden, die er förderte, – waren ihm nah und er ihnen. Das zeigte sich nicht zuletzt darin, dass er in Wüstenstein im Ruhestand leben wollte.

Nie ließ er den akademischen Theologen raushängen, obwohl er kirchengeschichtlich äußerst gebildet war, was seine hervorragenden Predigten bereicherte. Wer wirklich verstanden hat, kann einfach reden – und das konnte er, bescheiden und sensibel spürend, welche Menschen ihm da begegnen. Das galt auch für die ihm anvertrauten Pfarrer, die er kollegial, geschwisterlich zu leiten wusste. Man nahm ihn ernst – als Seelsorger, Verkündiger, Leitungspersönlichkeit – gerade weil er als Herzenschrist Mensch unter Menschen war.

Im März dieses Jahres rief er mich an, weil er mir sagen wollte, dass wegen des Dekanssitzes so viel Gerede im Umlauf sei. Sein Anruf war mir Anlass nach der Ordination von David Kieslich noch mit zum Empfang nach Streitberg zu fahren und den Sachstand zu beschreiben.

Ich bin ihm bis heute dankbar für seinen Impuls. Er zeigt, wie wach er bis zum Ende seines Lebens Menschen und Situation wahrnahm, das Gespräch suchte – und Frieden zu stiften suchte. Vor allem berührte mich, wie er mir zu Beginn dieses Telefongesprächs sagte, dass er eigentlich schon auf dem „Weg in den Himmel“ sei und sich auf den Himmel vorbereite. Seine Stimme klang dabei sachlich und erwartungsfroh zugleich. Mit dem Hinweis auf seine Vorbereitung auf den Himmel endete auch unser Gespräch. Solch eine Haltung zu erleben, tröstet auch eine Regionalbischöfin als Teil des Volkes Gottes.

Er war unterwegs auf dem Weg in den Himmel – insbesondere in den letzten Monaten. Nun hat Christus ihm die Tür aufgemacht, dorthin, wo er den Trost Gottes in seiner ganzen Fülle erfährt. Das Vertrauen, dass ihm dies nun geschenkt ist, möge Sie, liebe Frau Erstling, Sie liebe Familie und alle, die um ihn trauern, tief im Innern trösten.

Tröstet, tröstet mein Volk, war Manfred Erstlings Aufgabe und Gabe. Sie wirkt – in dankbarer Erinnerung an ihn – unter uns weiter. Amen.