Die Geschichte des Gößweinsteiner Pfarrhauses
Georg Schäffner: „Wir haben die Pflicht es zu erhalten und wieder mit Leben zu erfüllen“
Das in den Jahren 1747 bis 1748 erbaute katholische Pfarrhaus mitten am Marktplatz ist nach der danebenstehenden Basilka und der Burg das imposanteste und historischte Gebäude in Gößweinstein. Nun soll das Rathaus des Marktes in das Pfarrhaus einziehen. Auf diese Idee kam der pensionierte Regionalkantor Georg Schäffner, der auch ausgewiesener Kenner der Gößweinsteiner Kirchengeschichte ist. Eine Interessengemeinschaft mit Ferdinand Haselmeier an der Spitzer will diesem Plan jedoch mit einem Bürgerbegehren einen Strich durch die Rechnung machen. Wir berichteten mehrmals ausführlich.
Seit der Erbauung nach den Plänen von Johann Jakob Michael Küchel gab es bis heute keine wesentlichen Veränderungen des unter Denkmalschutz stehenden Prachtbaues. Gekostet hat der Pfarrhausbau damals rund 11 000 Gulden, was umgerechnet in heutiger Währung rund 110 000 Euro wären. Allerdings waren damals Material und Löhne wesentlich günstiger und zahlreiche Gößweinsteiner leisteten ehrenamtliche Hand- und Spanndienste, wie schon beim Bau der Basilika. Würde man heute diesen Pfarrhofbau neu erstellen, müsste man sicherlich mit mehreren Millionen Euro rechnen. Die Erbauungsjahre 1747 bis 1748 stehen im Zusammenhang mit dem Großbrand in Gößweinstein am 5. August 1746, der als „Schmalzkübelbrand“ in die Ortsgeschichte einging und auch das zuvor erbaute, erst 40 Jahre alte Pfarrhaus, in Schutt und Asche legte. Den Flammen zum Opfer fielen auch ein Großteil der Wohnhäuser, Scheunen, sowie das Schulhaus. Auch die sieben Jahre zuvor eingeweihte Wallfahrtskirche war stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Turmhelme, der Dachstuhl und die Glocken wurden ein Raub der Flammen. Glücklicherweise hielt das Kirchengewölbe, was die völlige Zerstörung des neuen Gotteshauses verhinderte.
Einer kurze Zeit nach dem Brand statt gefundenen Zusammenkunft mit dem damaligen Pfarrer Adam Peter Vogl, einem Vertreter des Fürstbistums Bamberg sowie mehrerer Handwerksmeistern ist in einem Bericht davon die Rede, dass bereits vor dem Großfeuer Balthasar Neumann einen Plan zu dem zerstörten Pfarrhaus erstellte. Der Plan selbst gilt als verschollen. Jedenfalls wurde für den Pfarrhausneubau der Mitarbeiter von Neumann am fürstbischöflichen Hof, Johann Jakob Michael Küchel, mit der Neufassung des Plans betraut. Historiker gehen davon aus, dass in dem Küchel`schen Konzept typische bauliche Elemente Neumanns integriert worden sind.
Neben Küchel – der Architekt von Kirchen, Adelssitzen wie Schloss Thurn bei Heroldsbach und kleinerer Residenzen – waren an der baulichen Verwirklichung Hofzimmerermeister Joseph Gruber aus Bamberg und Polier Arnold Weiß, der die Aufsicht über die Maurer inne hatte hauptverantwortlich. Beim Bau waren ungezählte Männer am Werk, die vielfältigste Tätigkeiten zu verrichten hatten. Beginnend mit dem Steinebrechen in den Brüchen bei Poppendorf im Ahorntal, der Baumfällung in den Wäldern bei Bronn, Trägweis, Allersdorf, dem Kalkbrennen in Tüchersfeld und Bärnfels. Das Hauptmaterial des Mauerwerks sind gebrannte Ziegel- und Backsteine, die vor allem aus den Ziegeleien Behringersmühle, Kugelau und Trockau stammen. Darüber hinaus sind zahlreiche aus Gößweinstein und der umliegenden Region tätigen Handwerksbetriebe in den Baurechnungsakten vermerkt. Eigens vermerkt findet sich auch der Eintrag, wonach das Holen des für den zu benötigenden Wassers die Frauen zuständig waren. Das Wappen des regierenden Fürstbischofs Johann Philipp Anton von Frankenstein, das über dem Eingangsportal angebracht ist, gestaltete der Bildhauer Matthias Schaffer von Trockau.
Über diesem Portal liegt das Fürstenzimmer mit Stuckdecke, vornehm ausgestattet mit Gemälden Bamberger Bischöfe und einer Uhr mit Kruzifix die mit 925 Edel- und Halbedelsteinen besitzt ist. 1956 wurde das Pfarrhaus unter dem damaligen Pfarrer Friedrich Nieser innen und außen letzmalig glücklich restauriert. 1827 wollten königliche Beamte in Pottenstein, die Gößweinstein um seinen Pfarrhof beneideten, dem Pfarrhaus habhaft werden, um das Pottensteiner Landgericht nach Gößweinstein zu verlegen. Der weitere Plan war, die Klosterkirche dann zum Pfarrhaus umzubauen. Der Gerichtsdiener sollte eine Wohnung im Franziskanerkloster bekommen.
Dem rastlosen Bemühen des damaligen Dechants Christoph Helldorfer in Pottenstein ist es jedoch gelungen, diese Pläne zu durchkreuzen indem er darauf hinwies, das Pfarrhaus und Klosterkirche nicht Staatseigentum, sondern Stiftungsbesitz sind. Die Gemeinde Gößweinstein sah sich in einen argen Zwiespalt gedrängt, denn man wollte das herrliche Pfarrhaus als Absteigequartier der Bischöfe und anderer hoher Persönlichkeiten und die altehrwürdige Klosterkirche nicht preisgeben, hätte aber andererseits durch die Verlegung des Landgerichts nach Gößweinstein bedeutend an Ansehen gewonnen. „Man weiß heute nicht mehr, wie nahe man damals einer teilweisen Säkularisierung des heiligen Bezirks war“, schreibt Ludwig Helldorfer in seiner Gößweinstein-Chronik, die 1974 erschienen ist. „Es sollte unserer jetzigen und künftigen Generationen eine Ehrenpflicht sein, dieses vor knapp dreihundert Jahren und unter größten Mühen erbautes Bauwerk zu erhalten und wieder mit Leben zu erfüllen“, sagt Schäffner.
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