Fortsetzungsroman: “Mamas rosa Schlüpfer” von Joachim Kortner, Teil 42
1 Morgen Land
Die russische Kommandantura teilte die herrenlosen Felder des Gutsherrn von Brandensteig je nach Kopfzahl der Flüchtlingsfamilien auf.
Auch Hedwig und ihren vier Jungen wurde ein ganzer Morgen Ackerland zur Selbstversorgung zugeteilt. Sie lief darauf mit Hans über die Gleise am Bahnhof vorbei in Richtung der Ziege-Mühle. Dort, gleich neben dem verlotterten Gleis einer Schmalspurbahn, fanden sie das Ackerstück. Eben erst war es mit Pflöcken abgesteckt und nummeriert worden. Schon der Garten am Hof, den ihnen der Lettau für Kartoffeln und Gemüse zur Verfügung gestellt hatte, war ihnen sehr groß erschienen.
„Das schaffm wir. Der Lettau leiht uns bestimmt seine Ochsn zum Pflügn. Ein kleiner Gartn und der Rest Kartoffln und Roggn.“
Hans beruhigte seine Mutter, die etwas bange und ratlos vor dieser Fläche stand. Nachdem beide den Acker umrundet hatten, war klar, dass der Gartenteil längs eines kleinen Baches angelegt werden musste. Mill und Jank konnten mit dem Feld zuerst nichts anfangen. Erst dann, als jeder ein eigenes Beet hatte, wuchsen Ehrgeiz und Verantwortungsgefühl.
Roland dagegen hatte sich von solcher Drecksarbeit schon abgeseilt. Mit Spaten, Harke, Gießkanne oder gar mit Pflug und Egge hätte man ihn jagen können. Er hatte Wichtigeres zu tun und zu besprechen. Man wusste nur nicht genau, was das war. Und ob das stimmte, wenn er mal wirklich etwas erzählte, darüber konnte Hedwig sich nie sicher sein.
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