Bamberger „Erba-Erdhaufen“: Stadt beantwortet drängende Bürger-Fragen
Info-Termin stößt auf reges Interesse. Weiterer Austausch vereinbart.
Rund 80 Anwohner:innen sind am Dienstagabend der Einladung der Stadt Bamberg zur Bürgerinformation am und über den Erdhaufen auf der Erba-Insel gefolgt. Vertreter der Stadtverwaltung erklärten dabei den Sachstand und beantworteten die drängenden Fragen der Anwohner. Es herrschte Einigkeit zwischen den Bürger:innen und den Verantwortlichen der Stadt: „Der Dreck muss weg!“
„Dieser Zustand kann nicht mehr länger so bleiben“, betonte Oberbürgermeister Andreas Starke gleich zum Auftakt und erklärte mit Blick auf die Anwesenden: „Wir haben das gleiche Interesse: Wie gelingt es, unseren Vertragspartner zur Erfüllung seiner Pflichten zu bringen.“ Starke erinnerte auch an die Entwicklung der ehemaligen Industriebrache auf der Insel und bezeichnete das Projekt als „großen Gewinn für die Stadt Bamberg insgesamt“. Über den Austausch vor Ort freute sich Bürgermeister und Umweltreferent Jonas Glüsenkamp: „Es ist gut, dass wir den Info-Fluss hier jetzt eins zu eins herstellen.“ Die Bürger:innen sollten die Möglichkeit haben, alle „Fragen, die ihnen auf der Seele brennen, zu stellen“.
Und von diesem Angebot machten die Anwesenden reichlich Gebrauch, um zu erfahren, wie die Chancen stehen, dass der in Teilbereichen kontaminierte Erdhaufen mitten in ihrem neuen Wohnquartier zeitnah entfernt wird. Als kompetente Ansprechpartner standen neben Starke und Glüsenkamp weitere Vertreter der Verwaltung zur Verfügung, nämlich Rechtsreferent Christian Hinterstein, Baureferent Thomas Beese sowie der designierte Leiter des Umweltamtes, Tobias Schenk. Hier fassen wir die wichtigsten Fragen und Antworten zusammen.
Wie schwerwiegend ist die Kontamination des Haufwerks?
Die von Bauunternehmen auf einem Grundstück der ERBA Projektentwicklungs GmbH & Co. Vermögensverwaltung oHG abgelagerte Erde mit Bauschuttbestandteilen ist unterschiedlich stark belastet. Tobias Schenk spricht beim vorderen Teil des Haufens (Richtung Erba-Brücke) von einer „moderaten Belastung“. Hier sei überwiegend an Bauschuttresten ein schwarzer Bitumenanstrich gefunden worden. Im mittleren Teil wurden kaum relevante Belastungen festgestellt. Schwerwiegender sei die Analyse des hinteren Teils, wo in einer von vielen Proben deutlich erhöhte Mengen von Kupfer und Zink nachgewiesen wurden. Deshalb sei hier, aber auch nur hier, eine Abdeckung des Haufwerks durch eine reißfeste, uv-resistente Folie verlangt worden. Dem sei der Projektentwickler nachgekommen – allerdings habe er den kompletten Erdhaufen mit einer augenscheinlich ungeeigneten Folie abgedeckt, die inzwischen zerrissen sei und vom Wind weit über das Gelände verteilt wurde. Schenk betont, dass auch von dem hinteren, stärker belasteten Stück „keine akute Gefahr ausgeht, sonst hätten wir hier schon handeln können.“
Wie teuer dürfte eine Entsorgung des Erdreichs sein?
Einen konkreten Kostenvoranschlag gibt es nicht. Der designierte Leiter des Umweltamtes, der zuletzt auch für die Themen Bodenschutz und Altlasten zuständig war, schätzt die reinen Entsorgungskosten auf Grund seiner Erfahrung auf rund eine halbe Million Euro. Diese „Hausnummer“ wurde von weiteren Bauexperten vor Ort als realistisch bestätigt.
Was unternimmt die Stadt, damit der unansehnliche Erdhaufen baldmöglichst abgetragen wird?
Das Ziel wird parallel auf allen in Betracht kommenden Ebenen und Rechtsgebieten mit allen rechtlichen Mitteln verfolgt. Erstens hat die Stadt Bamberg als Umweltbehörde parallel drei umwelt- und verwaltungsrechtliche Verfahren teilweise mit Androhung von Zwangsgeld gegen den Projektentwickler laufen. Dabei geht es um die Entfernung des Haufwerks, um die Nachbesserung der Abdeckung des relevanten Teilhaufwerks und um das Einsammeln der Kunststoffschnipsel, die aus der ersten zerrissenen Abdeckung des gesamten Haufwerks entstanden sind. Zweitens geht die Stadt gegen ihren Vertragspartner vor und verlangt die Erfüllung der noch ausstehenden Erschließungsleistungen, die in einem städtebaulichen Vertrag aus dem Jahr 2006 und weiteren Nachträgen geregelt sind. „Wir haben uns hier auch die Unterstützung durch eine auf Vertrags- und Immobilienrecht spezialisierte Kanzlei geholt“, erklärt Rechtsreferent Hinterstein. Und drittens hat die Staatsanwaltschaft unabhängig davon strafrechtliche Ermittlungen wegen des möglichen Betreibens einer illegalen Deponie eingeleitet.
Warum entfernt die Stadt den Erdhaufen nicht auf eigene Kosten?
Die Behörde darf Gerichtsentscheidungen im Rechtsschutz nicht vorgreifen und vollendete Tatsachen schaffen, sondern lediglich mit dem mildesten Mittel dringliche Gefahren bzw. ansonsten drohende Schäden abwenden. Die Gefahr wäre sonst sehr hoch, dass die Stadt auf den Kosten sitzen bleibt und sich dann die Verschwendung von öffentlichen Mitteln vorhalten lassen muss. „Wir können das jetzt nicht machen, vor allem da jetzt auch das strafrechtliche Verfahren läuft“, erklärt Jonas Glüsenkamp.
Wie steht es um die Pläne des Projektentwicklers, an dieser Stelle eine Tiefgarage zu errichten und dafür den Erdhaufen abzutragen?
Im städtebaulichen Vertrag ist eindeutig festgelegt, dass an dieser Stelle ein Pocket-Park und ein Kinderspielplatz angelegt wird – auf diese Umsetzung pocht die Stadt Bamberg. Der Projektentwickler hatte das Areal zu einem symbolischen Preis weiterverkaufen wollen, doch hier hat die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht. „Das heißt, wir sind in den vorgesehenen Kaufvertrag eingetreten. Darin ist eine lastenfreie Übergabe des Grundstücks vorgesehen. Weil dies bis zum heutigen Tag nicht erfolgt und das Haufwerk nach wie vor nicht weggeräumt ist, konnte der Kaufvertrag nicht vollzogen und die Stadt nicht als Grundstückseigentümerin im Grundbuch eingetragen werden“, erklärt Christian Hinterstein die Hintergründe. Für eine Tiefgarage, auch hier war Einigkeit zwischen der Stadt und den Anwohner:innen zu erkennen, besteht zudem kein Bedarf. „In der Tiefgarage nebenan sind aktuell noch rund 60 Miet-Parkplätze frei“, berichtet Glüsenkamp. Er stellt klar: „Wir werden mit Herrn Meyer zu keinem Zeitpunkt ein Gespräch über eine neue Tiefgarage führen, solange die rechtlichen Fragen nicht geklärt sind.“
Wie groß sind die bei der Stadt hinterlegten Bürgschaften und könnte mit ihnen die Entsorgung bezahlt werden?
Die hinterlegten Bürgschaften summieren sich auf 1,1 Millionen Euro und sind noch unangetastet. Es handelt sich um gegebene Sicherheiten zur Erfüllung des Vertrages. Dazu zählt auch die Errichtung des sogenannten Pocket-Parks und eines Kinderspielplatzes, was die Beseitigung der Haufwerke voraussetzt. Der Zugriff auf die Bürgschaften bedarf jedoch der Beachtung spezifischer Verfahrensfragen.
Wann ist mit einem Ende der juristischen Auseinandersetzungen zu rechnen?
„Darüber lässt sich seriös keine endgültige Aussage treffen“, erklärt Oberbürgermeister Starke. Das hänge auch ganz entscheidend von der Terminierung der Verfahren vor Gericht ab. Er verweist darauf, dass die Stadt bereits mehrfach versucht habe, zu außergerichtlichen Lösungen zu kommen und mit dem Projektentwickler abzuklären, wie eine Gesamtbereinigung der Vorgänge auf dem Erba-Gelände unter Berücksichtigung der gegebenen Sicherheiten erreicht werden könnte, „jedoch bislang ohne konkretes Ergebnis“, sagt OB Starke.
Wie geht es nun weiter?
Vereinbart wurde auf Vorschlag des Oberbürgermeisters, dass die Bewohner:innen der Erba-Insel einen Vertreter benennen, der sich künftig eng mit der Stadt austauschen und über Neuigkeiten zeitnah informiert werden soll, damit er diese entsprechend weitergeben kann. Außerdem versprach Starke, noch einmal vor den Sommerferien zu einer ähnlichen Informationsveranstaltung auf die Erba-Insel zu kommen. Gleichzeitig machten die Bürger:innen gegenüber eines Vertreters des Projektentwicklers klar, dass sie weiter deutlich ihren Unmut in der Öffentlichkeit äußern werden und forderten als Sofortmaßnahmen zumindest die Entfernung der zerrissenen Folie auf dem moderat belasteten Haufwerk im vorderen Teil und das Beseitigen des stärker belasteten Haufens im hinteren Teil. Harald Reinhard von der CSU Gaustadt übergab als Zeichen für den Unmut entsprechende Unterschriften der Anwohner:innen.
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