Spendenerlös von 660.000 Euro aus dem Erzbistum Bamberg für Erdbebenopfer auf Haiti

Erzbischof Schick: „Haiti wird noch lange Hilfe brauchen, deshalb dürfen wir dieses Land nicht vergessen.“ –  Dankesbrief von Schwester Maria Pfadenhauer

(bbk) Bislang haben die Menschen aus dem Erzbistum Bamberg etwa 660.000 Euro sowohl an Soforthilfe für die Bereitstellung von Nahrung, Kleidung, Medizin, Decken und Zelte also auch für längerfristige Aufbaumaßnahmen für die Erdbebenopfer auf Haiti gespendet. Die Gesamtspendensumme setzt sich aus der Sonderkollekte für Haiti (vom 24. Januar für Caritas International) in Höhe von 310.000 Euro sowie aus zweckgebundenen und allgemeinen Spenden mit einer Summe von 350.000 Euro zusammen. Erzbischof Ludwig Schick bezeichnet die überaus große Hilfsbereitschaft im Erzbistum als „Tsunami der Hilfsbereitschaft“.

Die Erzdiözese Bamberg ist seit fast 50 Jahren mit dem kleinen und armen Karibikstaat besonders verbunden. „Das Erdbeben in Haiti mit katastrophalen Folgen hat bei Einzelpersonen, Schulen, Jugend- und Seniorengruppen, Pfarreien etc. unserer Erzdiözese eine Spenden- und Sammelwelle ausgelöst. Unsere christliche Verantwortung für Menschen in Not hat sich als stabil und effizient erwiesen“, sagte der Erzbischof voll Anerkennung und Dankbarkeit. Das gesammelte Geld wird entweder für bestimmte, von den Spendern angegebene Projekte – wie dem Aufbau von Schulen, Waisenhäusern, Sozialstationen, Krankenhäusern und anderen Projekten – oder für den allgemeinen Wiederaufbau verwendet, der durch die Hilfswerke Adveniat, Kindermissionswerk und Misereor oder weitere Projektpartner wie Malteser geleitet wird. „Der Wiederaufbau kann erst nach und nach erfolgen“, sagte der Erzbischof, der in ständigem Kontakt mit Verantwortlichen in Haiti steht. Auch in den Wiederaufbau des Priesterseminars in Port-au-Prince, das vollständig zerstört ist, werden Spenden fließen.

Allein für die Maßnahmen von Schwester Maria Pfadenhauer (69) gingen 67.000 Euro an Spenden ein. Die aus dem Landkreis Kronach stammende und seit mehr als 40 Jahren in der Erwachsenenbildung, Katechese und Gesundheitsarbeit auf Haiti wirkende Laienmissionarin hat das schwere Erdbeben im Januar dieses Jahres in dem Karibikstaat hautnah miterlebt und seitdem vor Ort humanitäre Hilfe geleistet. Zurzeit befindet sie sich auf Heimaturlaub. Dabei berichtet von ihren Erlebnissen beim Erdbeben, von der Katastrophenhilfe unmittelbar danach und den Wiederaufbaumaßnahmen.

„Haiti wird noch lange Hilfe brauchen. Wir dürfen dieses Land jetzt nicht vergessen und müssen weiterhin helfen“, mahnte Erzbischof Schick.

In einem Brief, den Schwester Maria jetzt an die Erzdiözese Bamberg geschrieben hat, dankt sie allen Unterstützern und Spendern. Der Brief im Wortlaut:

Meine lieben  Landsleute,
meine  lieben Spender für das Erdbebengebiet Haiti,

Als ich am 7. Januar 2010 Deutschland wieder verließ, ahnte ich nichts vom  Erdbeben, das am 12. Januar  in Haïti die Hauptstadt Port-au-Prince in Schutt und Asche legte und in weiten Gebieten des Landes  Schäden anrichtete. An jenem Tag befand ich mich im Haus, als um 16.40 eine Art „Windstoß“ alles erschütterte. Ich stellte mich unter einen Türrahmen und sprach den Namen JESUS, JESUS aus. Die Erde bebte 35 Sekunden lang, und alles um uns herum, sowie  die unter uns liegende Hauptstadt krachte wie ein Kartenhaus zusammen. Eine große Staubwolke kam uns entgegen. Wir waren erschüttert und ratlos und doch froh darüber, dass wir uns noch rechtzeitig ins Freie hatten begeben können. Mein erster Gedanke war: Wo kriege ich Material her, um den Verwundeten erste Hilfe zu leisten? Es herrschte Panik unter den Leuten, schreiend liefen sie herum, es gab keinerlei Möglichkeiten sich mitzuteilen über Telefon, Handy oder E-mail … Alles war zerstört, und um uns herum nur Trümmerberge zu sehen. Wir fühlten uns total abgeschnitten vom Rest der Welt.

Über die Medien habt Ihr Euch ein Bild des Schreckens machen können. Ihr habt vermutlich mehr gesehen als wir und  habt Euch zum spontanen finanziellen Helfen ansprechen und bewegen lassen. Ich bin sehr gerührt  über  die Spendenbereitschaft meiner Landsleute im Frankenwald, und in der Erzdiözese Bamberg, sei  es im Privatbereich,  Ministranten- und Jugendgruppen , Pfarrgemeinden, Schulen jeglicher Sparte, Clubs, Vereinen, Verbänden, Betriebsräten, Unternehmern. Besonders erwähnen möchte ich die Bamberger Symphoniker, die spontan ein Benefizkonzert anboten. Der Bürgermeister meiner Heimatgemeinde Pressig, Herr Hans Pietz, sowie das Erzbischöfliche Ordinariat Bamberg haben Spendenkonten eröffnet. Auf beiden haben sich hohe Beträge angesammelt.

Leider kann es mit dem Wiederaufbau nicht zügig vorangehen, es fehlt  an allem: zum Beispiel  Maschinen zur Schuttbeseitigung und  zur Schuttverwertung, es gibt nur mühsame Handarbeit mit der Schaufel, und das bei großer Hitze!

1,3 Millionen Menschen sind obdachlos geworden. Davon leben Tausende in Camps unter großen Zelten. Wer Glück hatte, konnte ein kleines Familienzelt erhalten und sich darin einrichten. Zwischenzeitlich sind die Abhänge von solchen kleinen Zelten übersät.

Man geht von gegen 300‘000 Toten aus, aber wahrscheinlich sind es noch mehr. Außerdem sind eine noch unbekannte Anzahl Menschen invalid und zum Teil amputiert. Das bedeutet eine jahrzehntelange Belastung für die Betroffenen, ihre Familien, ja für die ganze Gesellschaft.

Der gesamte Wiederaufbau wird sich noch Jahre hinziehen.  Bauexperten und Städteplaner beraten schon monatelang: Soll die Hauptstadt an der gleichen Stelle wieder aufgebaut werden?  Gefordert wird ein erdbebensicheres Bauen, was mehr Geld und Zeit erfordert als bei früheren Bauweisen.

Erwähnen möchte ich die große Solidarität der Menschen aus dem Nachbarstaat Santo Domingo. Schon nach vier Tagen brachten sie Medikamente, Trinkwasser, Nahrungsmittel und Kleidung. Eine junge Ärztin setzte sich großartig ein, um die schwerst Verwundeten zu pflegen. Dann kam aus Norwegen eine Gruppe, die die Schulkantine einrichtete, die bis heute noch besteht. So konnten tausend Schüler täglich ein warmes Essen erhalten. Von Israel kamen Gruppen, die sich gegenseitig ablösten und sich medizinisch und pädagogisch einsetzten. Es war ein Hand-in-Hand-Arbeiten und eine tiefe Erfahrung von Geschwisterlichkeit.

Im Gesundheitsposten unter einem kleinen Zelt haben wir bis Ostern täglich bis zu 250 Patienten behandelt. Zum Glück sind die meisten wieder gesund.  Für mich ist eine Priorität, dass das Gesundheitszentrum und die Augenklinik so rasch als möglich wieder aufgebaut werden.

Unsere Schule ist ebenfalls am Boden. Die Kinder werden unter Zelten oder Zeltplanen unterrichtet.

Dazu kommen die vielen Familien, die neben den Trümmern ihrer Häuschen oder an den Hängen ein kleines Zelt haben und hoffen, wieder ein solides Heim bauen zu können.

Ihr seht, Eure Spenden werden dringend gebraucht und können sinnvoll eingesetzt werden.

Ich selber werde einige Monate in der Schweiz und in Deutschland meinen Heimaturlaub verbringen und hoffe, dass ich Gelegenheit haben werde, die einen und andern von Euch zu treffen.

Mit einem dankbaren Herzen fühle ich mich mit Euch allen verbunden. Gott möge Eure Hilfsbereitschaft mit Seinem Segen vergelten.

Herzlichst grüßt Euch Eure

Sr. Maria Pfadenhauer“