Fortsetzungsroman: “Mamas rosa Schlüpfer” von Joachim Kortner, Teil 41

Die verfluchten Schweine

Mamas Rosa Schlüpfer

Mamas Rosa Schlüpfer

Hans nagelte aus alten Bretterresten, Zaunlatten und Maschendraht ein Gehäuse zusammen. Der kleine Bruder durfte ihm dabei die Nägel reichen, die Hans zuvor aus irgendwelchen Balken gezogen und geradegeklopft hatte.

Mit zwei Kaninchen fing er an. Nach einiger Zeit mümmelten fast dreißig in zwei Stockwerken an den Maschendrahtgittern. Jank und Mill mussten von jetzt an Löwenzahn rupfen, Gras mit einer Sichel schneiden, füttern und ausmisten.

„Der Karnickelmist ist das reinste Gold für unser Kartoffelbeet“, rühmte Hedwig den Dünger. Wenn Ackerpferde auf die Dorfstraße geäpfelt hatten, schickte sie ihre beiden Jüngsten los. Am Anfang schämten sie sich noch, wenn sie mit ihrem Handwagen, zwei darauf scheppernden Eimern, mit Besen und Schaufel gerüstet auf Pferdeäpfelsuche gehen mussten.

***

„Det Stück jleich hintan Zaun, det könnse kriejen, Vatta.“

Der alte Lettau hatte dazu geschwiegen und am Mundstück seiner kalten Tabakspfeife gekaut.

„Der hat nischt dajejen, ick kenne ihm“, bekräftigte Heidi, als Hedwig sie noch unsicher, fast ungläubig ansah.

An einem Morgen erschrak Hans. Alle großen Kaninchen waren verschwunden. Jemand hatte das Vorhängeschloss herausgerissen. Es lag verbogen im Dreck vor dem Stall. Verschiedene Sohlenprofile waren zu erkennen.

„Das könn bloß die Berliner Hamsterer gewesn sein, die verfluchtn Schweine!“

Zurückgelassen hatten sie nur die Nester, die sich die Muttertiere aus ihrer eigenen weichen Bauchwolle bauen. Mill hatte sie dabei immer durch den Draht beobachten können.

In Hans gärte allerdings noch ein anderer, giftigerVerdacht, den er aber nur seiner Mutter zuflüsterte. Regelmäßig unterhielt sich Roland mit bestimmten Berliner Hamsterern. Aber Hans gelang es nicht, sie zu überzeugen.

„So was würde der Roland nie machn.“

Am Klang ihrer Stimme meinte er aber zu spüren, dass auch sie einen Hauch von Misstrauen nicht verdrängen konnte.

Die Diebe hatten nur die nackten Jungen im Stall zurückgelassen. Hans schickte seinen kleinsten Bruder weg. Er wollte nicht, dass der dabei zusieht, was jetzt unweigerlich zu tun war. Er musste alle Nester in einen Wassereimer tauchen.

Und er war dabei erst dreizehn Jahre alt.

„Hau ab! Du bist für so was noch zu klein.“

Danach tat er so, als ob ihm eine Fliege ins Auge gekommen wäre.