Israelitische Kultusgemeinde Bamberg feiert das fröhliche Purimfest (16./17. März 2022)
Jüdische Feste und Feiertage
Feiern Juden Fasching oder Karneval? Wenn sie Lust darauf haben oder eben nicht, wie jeder andere auch. Doch auf diesem Bild geht es nicht um „Helau“ und „Alaaf“, sondern um Purim.
Dieses Fest erinnert an die Rettung der Juden vor der drohenden Vernichtung durch den Judenhasser Haman vor über 2500 Jahren, wie es die Bibel im Buch Ester überliefert.
Jener selbstsüchtige Regierungsbeamte ließ Lose (hebr. Purim) entscheiden, dass der Genozid an allen Juden im persischen Großreich am 13. des Monats Adar Wirklichkeit werden sollte. Doch Haman machte diese Rechnung ohne die schöne Königin Ester und ihren Onkel und Vormund Mordechai, die in höchster Lebensgefahr vom König persönlich für alle Juden die Erlaubnis zur Selbstverteidigung gegen die Angreifer erhielten und so die Juden vor den Massakern retteten. An besagtem 13. Adar beteten und fasteten die Königin und ihre Unterstützer. Es gelang ihnen, Haman und die zahlenmäßig weit überlegenen Mordlustigen in einem Erlösungskampf zu besiegen. Am nächsten Tag, also dem 14. Adar, erholten sie sich und seitdem wird jedes Jahr an diesem Tag die Rettung der Juden gefeiert – ein Tag der Freude und des Festmahls. Auch am 15. Adar wurde noch gekämpft und über die Bedränger entschieden. Seit dem wird auch am 15. Adar – Schuschan Purim gefeiert.
Bis heute gibt es sieben zu erfüllende Pflichten zu diesem Fest: Jedes Mal, wenn bei der Lesung des Buches Ester der Name Hamans fällt, wird mit allen Mitteln gelärmt: mit Ratschen, Tuten, Rasseln, Gehämmer, Klopfen und Stampfen. An Verwandte und Freunde, besonders aber für die Armen werden in Form von Speisen und Geldspenden Geschenke gemacht. Die Megillat Esther (die Estherrolle), die die Geschichte von Esther und Mordechai sowie vom persischen König Achaschwerosch (der Name ist nicht ganz historisch bestimmbar, manche sagen, es habe sich um Xerxes gehandelt) und dem Bösewicht Haman, dem Agagiten, wird gelesen und beim Gebet und zu Tisch „Über die Wunder“ gesprochen.
Auf keinen Fall darf gefastet oder Trauerreden gehalten werden. Im Gegenteil: Es MUSS gegessen und vor allem getrunken werden: „Jeder muss so viel Wein trinken, bis er nicht mehr unterscheiden kann zwischen „Verflucht sei Haman“ und „Gelobt sei Mordechai“. (Aber: Don’t drink and drive sowie kein Alkohol für Minderjährige!).
Besonders viele süße Speisen, wie die dreieckigen Hamantaschen (Mürbeteigtaschen mit Mohn, Nüssen oder Schokolade gefüllt), aber auch traditionelle Bohnen- und Erbsengerichte sind neben ausgelassenem Unterhaltungsprogramm fester Bestandteil des Purimfestes. Die Kinder machen sich einen Spaß daraus, die Erwachsenen in der Synagoge zu foppen. Und natürlich wird schon mal das ein oder andere Gemeindemitglied bis hin zum Vorstand aufs Korn genommen – und so soll es schließlich sein, zumal in bedrückenden und ernsten Zeiten.
Von zentraler Bedeutung ist auch, dass alle, Kinder und Erwachsene, verkleidet, geschminkt und maskiert sind: so wie im Buch Ester der Ausdruck „G’tt“ nicht ein einziges Mal konkret fällt und sich trotzdem sein Eingreifen zur Rettung der Juden für alle ohne Zweifel gezeigt hat – ja, selbst er ist in jüdischer Tradition an Purim verkleidet.
So ist es bis heute nicht nur in Israel, sondern auch hier in Bamberg jedes Jahr der Fall gewesen, zumindest bis zur Pandemie. Das diesjährige Purim beginnt am Vorabend und endet am Abend des 17. März. In diesem Sinne: Chag Purim Sameach, l’Chaim ve-Shalom Aleichem! Ein fröhliches Purim, auf das Leben und Friede sei mit euch!
Martin Arieh Rudolph (1. Vorsitzender der IKG Bamberg K.d.ö.R.) &
Patrick H.-J. Nitzsche (Antisemitismusbeauftragter der Stadt Bamberg)
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